Aufrufe
vor 5 Jahren

RA Digital - 08/2018

  • Text
  • Jura
  • Intensiv
  • Inhaltsverzeichnis
  • Verlags
  • Anspruch
  • Recht
  • Beklagte
  • Urteil
  • Strafrecht
  • Zivilrecht
Die Ausbildungszeitschrift von Jura Intensiv.

408

408 Zivilrecht RA 08/2018 [16] Weder nach dem schriftlichen Hinweisbeschluss des Senats vom 04.12.2018 noch in der mündlichen Verhandlung am 16.04.2018 sind weitere ärztliche Berichte (wie z.B. ein etwaiger Bericht der behandelnden Hotelärztin vor Ort), zeitnah erstellte Fotos von den Stichen bzw. Bissen und der Infektionsentwicklung oder sonstige Dokumentationen nachgereicht worden. Wie die K in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage bestätigte, verfügt sie über keine weiteren Stellungnahmen, die ihre Annahmen stützen. B ist, wie ihre anwaltliche Vertreterin in der Sitzung mitgeteilt hat, auch nicht im Besitz weiterer Unterlagen. Insbesondere liegt ihr kein Arztbrief oder Vermerk der Hotelärztin vor, die der K am dritten Tag ihres Aufenthaltes eine Spritze gegeben hat. Es hätte im Übrigen der K freigestanden, mit der Ärztin Kontakt aufzunehmen und sich etwaige Unterlagen zu verschaffen. Ein Reisemangel i.S.d. § 651i II BGB liegt damit nicht vor. B. Ergebnis K hat gegen B keinen Anspruch auf vollständige Minderung des Reisepreises und Rückzahlung gem. §§ 651i III Nr. 6, 651m II 2, 346 I BGB. FAZIT In südlichen Ländern muss der Reisende mit einem gewissen Maß an Ungeziefer rechnen und dies entschädigungslos hinnehmen. Mückenstiche, Geckos im Hotelzimmer oder Ameisenstraßen auf der Terrasse sind als allgemeines Lebensrisiko in Kauf zu nehmen und werden von der Rspr. als zumutbar eingestuft. Bettwanzen hingegen können eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit des Menschen und damit auch einen Reisemangel i.S.d. § 651i II BGB darstellen. Die Klägerin traf diesbezüglich allerdings die volle Darlegungs- und Beweislast, der sie nicht zur Genüge nachgekommen ist. Das Auffinden und Sichern einer Bettwanze wäre sehr hilfreich gewesen und hätte ihre Chancen vor Gericht verbessert. Jura Intensiv Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 08/2018 Zivilrecht 409 Problem: Kündigungsausschluss eines Betreuungsvertrags Einordnung: AGB-Recht BGH, Urteil vom 07.06.2018 III ZR 351/17 EINLEITUNG Dauerstreitpunkt bei Kinderkrippenbetreuungsverträgen sind Kündigungen. Wie eine wirksame Kündigungsausschlussklausel aussehen kann, zeigt der vorliegende Fall des BGH. SACHVERHALT Im Oktober 2012 schließt die Klägerin (K) mit der Beklagten (B) einen Vertrag über die Betreuung ihres am 28.08.2012 geborenen Sohnes in der Kinderkrippe „Max und Moritz“. Unter Nr. 2 des Vertrags („Vertragsdauer“) wird vereinbart, dass das Kind am 07.01.2013 in die Betreuungseinrichtung aufgenommen wird und das Vertragsverhältnis zum 31.08. nach Vollendung des vierten Lebensjahres endet. Nr. 6 des Vertrags („Kündigung des Platzes“) lautet u.a. wie folgt: „Nr. 6.2 Nach Ablauf der Probezeit kann der Vertrag von beiden Seiten mit einer Frist von zwei Monaten zum Monatsende ohne Angabe von Gründen gekündigt werden. Nr. 6.3 Im laufenden Betreuungsjahr (September bis August) kann letztmalig zum 31.05. gekündigt werden (Vertragsende 31.05.). Nr. 6.4 Eine fristlose Kündigung ist nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes zulässig." Am 19.04.2016 kündigt die Klägerin (K) den Betreuungsvertrag zum 31.07.2016. Nach diesem Datum besucht ihr Sohn die Kinderkrippe der B nicht mehr. Gleichwohl zieht diese für August 2016 das vereinbarte monatliche Entgelt von 723,- € per SEPA-Lastschrift vom Konto der K ein. Diesen Betrag verlangt K von B zurück. Sie ist der Ansicht, dass die Regelung in Nr. 6.3 des Betreuungsvertrags gem. §§ 309 Nr. 9c, 307 I, II BGB unwirksam sei. Zu Recht? LÖSUNG Jura Intensiv LEITSATZ 1. Vom Klauselverbot des § 309 Nr. 9c BGB sind nur solche Kündigungsfristen erfasst, die eingehalten werden müssen, damit es nicht zu einer (stillschweigenden) Verlängerung des Vertrags kommt. 2. Eine formularvertragliche Regelung, welche die Möglichkeit, einen Kinderkrippenbetreuungsvertrag mit einer Frist von zwei Monaten zum Monatsende zu kündigen, für die Monate Juni und Juli (also: eine Kündigung zum 30.06. und 31.07.) ausschließt, hält einer Kontrolle nach § 307 BGB stand. A. K gegen B gem. § 812 I 1 Alt. 1 BGB K könnte gegen B einen Anspruch auf Rückzahlung von 723,- € gem. § 812 I 1 Alt. 1 BGB haben. I. Etwas erlangt Dazu müsste B etwas erlangt haben. Unter „etwas“ ist grds. jeder vermögenswerte Vorteil zu verstehen. Vorliegend hat B für August 2016 das vereinbarte monatliche Entgelt von 723,- € per SEPA-Lastschrift vom Konto der K eingezogen. Mithin hat sie die Gutschrift dieses Betrags auf ihrem Konto erlangt. II. Durch Leistung Dies müsste durch Leistung der K erfolgt sein. Leistung ist die bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens. Zweckgerichtet i.S.d. Grundsätze der Leistungskondiktion ist eine Vermögenszuwendung nur, wenn sie auf die Tilgung einer Verbindlichkeit gerichtet ist, wobei auf die Nach mittlerweile h.M. soll § 675t BGB zunächst einen Anspruch „auf Gutschrift“ gegen die kontoführende Bank gewähren, wenn der Zahlende den Zahlungsauftrag wirksam autorisiert hat. Ist diese Gutschrift auf dem Konto des Zahlungsempfängers erfolgt, besteht ein Anspruch „aus Gutschrift“ aus § 675t BGB des Empfängers gegen seine Bank. Dieser Anspruch gegen die Bank ist das erlangte Etwas. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

RA - Digital

Rspr. des Monats