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RA Digital - 08/2018

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412 Zivilrecht

412 Zivilrecht RA 08/2018 Keine treuwidrige Verschiebung der Pflichten zu Lasten der Klägerin Das Interesse der Eltern, einen Kinderkrippenvertrag schnell und ohne zeitliche Einschränkungen kündigen zu können, tritt hinter das berechtigte Planungsinteresse der Kindertagesstätte zurück. [25] Das Gleichgewicht der Rechte und Pflichten der Vertragsparteien wird nicht dadurch in treuwidriger Weise zu Lasten der Klägerin verschoben, dass ihr eine Kündigung zum 30.06 und 31.07. verwehrt wird. [26] Wie das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat und von der Revision auch nicht angegriffen wird, lässt die Klausel in Nr. 6.3 des Vertrags die Möglichkeit zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund (Nr. 6.4 des Vertrags) unberührt und kann für ihre Kontrolle als gesetzliches Leitbild nicht auf § 621 BGB abgestellt werden, weil die Dauer des Betreuungsvertrags bestimmt ist und sich zudem auch aus dem Zweck der vereinbarten Dienste ergibt, so dass die §§ 621 bis 623 BGB nicht anwendbar sind (§ 620 I, II BGB). [27] Entgegen der Rüge der Revision hat das Berufungsgericht bei der erforderlichen Interessenabwägung die Belange der K nicht außer Acht gelassen. Es hat in den Blick genommen, dass Eltern ein berechtigtes Interesse daran haben, einen Kinderkrippenvertrag, der für sie mit erheblichen Kosten verbunden ist, in einem überschaubaren und für sie zumutbaren Zeitraum zu beenden. Dieses Interesse kann in den Sommermonaten besondere Bedeutung erlangen, wenn viele Familien die allgemeine Ferienzeit gemeinsam verbringen und eine Fremdbetreuung der Kinder deshalb weniger benötigt wird als sonst. Auf der anderen Seite sind die Kinderbetreuungseinrichtungen vor diesem Hintergrund dem Risiko ausgesetzt, dass es in dieser Zeit vermehrt zu Kündigungen der Eltern kommt, ohne dass die frei werdenden Krippenplätze zeitlich anschließend nachbesetzt werden können. Da sie auch in den Sommermonaten Sachmittel und Personal vorhalten müssen, um die ordnungsgemäße Betreuung der Kinder sicherstellen zu können, droht sich das Verhältnis zwischen Aufwand und Einnahmen in diesem Zeitraum gravierend zu verschlechtern. Dies ließe sich nur - soweit zulässig - durch eine entsprechende Erhöhung der Entgelte ausgleichen, was die Eltern (als Kunden) freilich finanziell zusätzlich belasten würde. Der Gesichtspunkt des Übergangs zur Schule spielt hingegen bei Kindern, die - bis zur Vollendung ihres vierten Lebensjahres - die Kinderkrippe besuchen, regelmäßig keine Rolle. [28] Im Einklang mit der Ansicht des Berufungsgerichts ist es sonach nicht zu beanstanden, wenn aus organisatorischen Gründen die Kündigungstermine 30.06. und 31.07. ausgenommen werden, um für die Betreuungseinrichtungen auch über die Sommermonate hinweg bis zum Ende des Betreuungsjahres (31.08.) zur Aufrechterhaltung des Betriebs und Ablaufs eine verlässliche Kalkulationsgrundlage zu gewährleisten. [29] Nach Nr. 6.2 und 6.3 des Vertrags ist die Kündigung der K erst zum 31.08.2016 wirksam geworden, als das Vertragsverhältnis gem. Nr. 2.2 ohnehin durch Zeitablauf endete.“ Jura Intensiv Somit hatte K für den Monat August 2016 noch die vereinbarte Betreuungsvergütung zu entrichten (§§ 611 I, 615 S. 1, 293, 296 BGB). Folglich geschah ihre Leistung an B nicht ohne rechtlichen Grund. B. Ergebnis K steht damit gegen B kein Anspruch auf Rückzahlung von 723,- € gem. § 812 I 1 Alt. 1 BGB zu. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 08/2018 Referendarteil: Zivilrecht 413 Speziell für Referendare Problem: Schadenersatz aus dem Finanzierungsvertrag Einordnung: SchR AT, KreditsicherungsR, ZPO I OLG München, Urteil vom 28.06.2018 23 U 3561/17 EINLEITUNG Das Urteil nach zulässigem Einspruch gegen ein technisch erstes, echtes Versäumnisurteil gehört zu den Klassikern des Assessorexamens. In der nachfolgenden Entscheidung fordert die einen Kaufvertrag finanzierende Klägerin einerseits aus abgetretenem Recht Zahlung aus dem Kaufvertrag, von dem sie aus abgetretenem Recht zuvor zurückgetreten war, und verklagt zugleich den säumigen Kreditnehmer auf Schadenersatz aus dem von ihr ebenfalls gekündigten Darlehensvertrag. TATBESTAND Die Klägerin macht Schadenersatzansprüche aus einem durch außerordentliche Kündigung beendeten Finanzierungsvertrag geltend. Der Beklagte kaufte am 24.07.2014 von der Z. GmbH eine Baumaschine CAT Radlader 983 K zum Preis von 211.820 €. Hierauf zahlte er insgesamt 60.170 € an. Am 21.10.2014 schlossen die Parteien einen Finanzierungsvertrag über den Restkaufpreis in Höhe von 151.650 €, für den die als Anlage K 10 vorgelegten Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) gelten. Zuzüglich der Finanzierungskosten für 60 Monate in Höhe von 12.616,80 € betrug die Gesamtfinanzierungssumme 164.266,80 €, die vom Beklagten in monatlichen Raten in Höhe von 2.737,78 € zurückgezahlt werden sollte. Die Raten für März, April und Mai 2015 bezahlte der Beklagte nicht. Mit Schreiben vom 28.05.2015 kündigte die Klägerin den Finanzierungsvertrag außerordentlich und trat gegenüber der Z GmbH vom Kaufvertrag unter Bezugnahme auf die Regelung im Finanzierungsvertrag zurück, wonach ihr aus dem „dazugehörenden Kaufvertrag“ zwischen dem Beklagten und der Z. Baumaschinen GmbH das Rücktrittsrecht sowie alle Ansprüche auf Nutzungsentschädigung abgetreten worden seien. Sie verlangte von dem Beklagten ferner die Rückgabe der Baumaschine, die sie schließlich für 118.000 € verwertete. Mit Schreiben vom 15.10.2015 berechnete sie ihre Schadensersatzforderung ausgehend von den rückständigen sowie den planmäßigen Finanzierungsraten nach Kündigung und unter Berücksichtigung des Verwertungserlöses und forderte den Beklagten auf, 29.421,74 € bis spätestens zum 13.11.2015 zu zahlen. Jura Intensiv Die Klägerin hat ursprünglich beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 29.471,74 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.11.2015 zu zahlen. In der mündlichen Verhandlung vom 07.03.2016 ist der Beklagte trotz an ihn gerichteter Ladung zum Termin, die ihm am 05.01.2016 zuging, nicht erschienen. Das antragsgemäß ergangene Versäumnisurteil ist dem Beklagten am 14.03.2016 zugestellt worden. LEITSATZ DER REDAKTION 1. Aus einem gekündigten Finanzierungs-Darlehensvertrag kann der Kreditgeber vom Kreditnehmer nur Ersatz von Zinsen und anderen Kosten verlangen, nicht aber Kaufpreisraten für die finanzierte Ware. 2. Es genügt für ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 I BGB, dass der eigene Anspruch des Schuldners mit Erfüllung der Forderung des Gläubigers entsteht und fällig wird. Hieran fehlt es, wenn die vollständige Erfüllung nicht dargetan ist. Wichtig: Oftmals ist die Zeit zu knapp, um AGB, die Bestandteil des Vertrages wurden und deren Auslegung und Würdigung in den Entscheidungsgründen eine Rolle spielt, wörtlich zu zitieren oder inhaltlich wiederzugeben. Wie in der Praxis üblich darf man unter Angabe der Anlagennummer und, sofern möglich, der Seitenzahl, konkret auf die Akte verweisen. Außerordentliche Kündigung des Finanzierungsvertrags Wurde Einspruch gem. § 338 ZPO gegen ein VU eingelegt, müssen in der Prozessgeschichte I der ursprüngliche Antrag und kurz die Säumnis dargestellt werden. Wegen der Kostenentscheidung aus § 344 ZPO sollten die Umstände, die zur Zulässigkeit des VU gehören, insbesondere die rechtzeitige Ladung, nicht fehlen. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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