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RA Digital - 08/2018

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416 Referendarteil:

416 Referendarteil: Zivilrecht RA 08/2018 Unaufklärlich widersprüchlicher Sachvortrag kann als unschlüssig gewertet werden. Möglich ist auch, nur das spätere Vorbringen zu werten und das frühere als überholt anzusehen. Das ist eine Frage des Einzelfalls. Voraussetzungen des Vorteilsausgleichs: Bestehen eines Sachzusammenhangs, s. dazu auch Palandt/ Grüneberg, BGB, Vorb. v. § 249, Rn 68 Prüfung eines eingewandten Zurückbehaltungsrechts aus § 273 I BGB Fälligkeitsregelung aus den einbezogenen AGB BGH, Urteil vom 06.12.1991, V ZR 229/90 Gem. § 344 ZPO trägt der Einspruchsführer die Kosten der Säumnis, wenn das Versäumnisurteil in gesetzlicher Weise ergangen ist. Dies ist angesichts der rechtzeitigen Ladung und des Fehlens eines Erlasshindernisses der Fall. Wegen der Fortsetzung der Vollstreckung aus dem VU gilt es § 709 S. 3 ZPO zu beachten. Nicht zu berücksichtigen ist ferner mangels schlüssigen Sachvortrags die Position in Höhe von 110,87 €, die der Beklagte bestritten hat. Während es sich dabei nach der Berechnung der Klägerin im Schreiben vom 15.10.2015 um Verzugszinsen handeln soll, hat die Klägerin im Schriftsatz vom 14.07.2016 (Seite 8, Bl. 53 d.A.) behauptet, es handelte sich dabei im Wesentlichen um Rücklastschriftgebühren und Mahnkosten, ohne dies näher darzulegen. Der Verwertungserlös für die Maschine, den die Klägerin bei ihrer Berechnung als Abzugsposten berücksichtigt hat, betrifft ein anderes Vertragsverhältnis. Ein Vorteilsausgleich kommt nur in Betracht, wenn zwischen dem schädigenden Ereignis und dem Vorteil ein adäquater Kausalzusammenhang besteht und die Anrechnung des Vorteils dem Zweck des Schadensersatzes entspricht. Daran fehlt es hier. Der Beklagte hat zudem auch kein Zurückbehaltungsrecht aus § 273 I BGB, auf das er sich in der Sitzung vom 17.05.2018 mit Erfolg hätte berufen können, da sich aus Ziffer 6.2 der AGB kein fälliger Gegenanspruch auf Rückabtretung des Anspruchs auf Rückzahlung der geleisteten Anzahlung auf den Kaufpreis ergibt. Denn es fehlt insofern am Entstehen bzw. der Fälligkeit der behaupteten Forderung. Nach Ziffer 6.1 der AGB wurden die Ansprüche des Kunden gegen die Z. GmbH auf „Rückzahlung einer geleisteten Barzahlung“ nach Rücktritt vom Kaufvertrag zur Sicherung etwaiger Ansprüche der Klägerin auf Nutzungsentschädigung an die Klägerin abgetreten. Ziffer 6.2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen lautet „CFS [Anm.: Klägerin] wird diese Ansprüche an den Kunden zurückabtreten, wenn und soweit CFS wegen aller Ansprüche gegen den Kunden anderweitig befriedigt ist.“ Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt für ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 I BGB, dass der eigene Anspruch des Schuldners mit Erfüllung der Forderung des Gläubigers entsteht und fällig wird. Daran fehlt es hier. Es ist nicht hinreichend dargetan, dass die Voraussetzungen für die Rückabtretung des Anspruchs auf Rückzahlung der Anzahlung gegeben sind. Hier kommen neben den streitgegenständlichen Schadensersatzansprüchen aus dem Finanzierungsvertrag noch Sekundäransprüche der Klägerin aus der abgetretenen Kaufpreisforderung in Betracht. Dass der Beklagte die Klägerin mit Zahlung des ausgeurteilten Betrages „wegen aller Ansprüche“ befriedigt, hat der Beklagte weder dargetan noch ist es sonst ersichtlich. Jura Intensiv Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf § 92 I 1, § 344, § 709 S. 1 ZPO hinsichtlich der Anwaltskosten des Beklagten sowie § 709 S. 3 ZPO hinsichtlich der weiteren Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil. FAZIT Das VU war teilweise aufrechtzuerhalten und teilweise aufzuheben. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 08/2018 Referendarteil: Zivilrecht 417 Problem: Hinreichend bestimmter Klageantrag Einordnung: ZPO I LG Flensburg, Urteil vom 01.06.2018 3 O 93/17 EINLEITUNG Bei der hier vorliegenden Entscheidung zum Diesel-Abgasskandal des LG Flensburg geht es nicht um die Frage der Mangelhaftigkeit des PKW wegen der bekannten Manipulations-Software, sondern um rein prozessrechtliche Fragen. Problematisch war die hinreichend bestimmte Fassung des Klageantrags im Sinne des § 253 II Nr. 2 ZPO. TATBESTAND Der Kläger begehrt im Rahmen des sog. „Abgasskandals“ von der beklagten VW-Vertragshändlerin die Nacherfüllung eines Kaufvertrags über einen VW Touran durch Lieferung eines mangelfreien typengleichen Fahrzeugs aus der aktuellen Serienproduktion. Der Kläger schloss mit der Beklagten einen Kaufvertrag über einen Pkw VW Touran 1.6 TDI zu einem Kaufpreis von 22.340 €. Der Kaufpreis wurde gezahlt, das Fahrzeug am 20.5.2015 erstzugelassen und dem Kläger am 21.05.2015 übergeben. In dem Fahrzeug ist ein Dieselmotor des Typs EA 189 EU5 eingebaut, der von dem sogenannten „VW-Dieselskandal“ betroffen ist und auf dem Prüfstand aufgrund einer spezifischen Funktion des Motorsteuergeräts andere Stickstoff-Emissionswerte produziert als im Normalbetrieb. Zwischenzeitlich verpflichtete das Kraftfahrt-Bundesamt die Volkswagen AG, bei allen mit dem als „Schummelsoftware“ bezeichneten Motorsteuerprogramm versehenen Fahrzeugen die unzulässige Abschalteinrichtung zu entfernen. Dies betrifft auch das streitgegenständliche Fahrzeug. Jura Intensiv Das streitgegenständliche Fahrzeug gehört zur ersten Modellgeneration des Typs VW Touran mit der VW-internen Bezeichnung „Typ GP2“. Diese Modellgeneration wird seit 2015 nicht mehr hergestellt. Die aktuelle zweite Modellgeneration des Typs VW Touran trägt die VW-interne Bezeichnung „Typ 5T“; in den Dieselfahrzeugen dieser Modellgeneration sind Motoren des Typs EA288 EU6 verbaut. Einzelheiten der Unterschiede zwischen den Modellgenerationen des VW Touran sind zwischen den Parteien streitig. Mit Schreiben vom 30.12.2016 wurde der Kläger informiert, dass die Software-Lösung für sein Fahrzeug zur Verfügung stehe. Mit Schreiben vom 20.03.2017 forderte der Kläger von der Beklagten die Nachlieferung eines fabrikneuen typengleichen Ersatzfahrzeugs. Mit Schreiben vom 21.03.2017 lehnte die Beklagte dies unter Hinweis auf die Möglichkeit der Nachbesserung ab. Am 18.05.2017 informierte die Beklagte den Kläger über die Möglichkeit einer Umrüstung und forderte ihn auf, hierzu einen Werkstatttermin zu vereinbaren. Dies tat der Kläger bislang nicht. LEITSATZ DER REDAKTION Die Klage auf Nachlieferung eines „fabrikneuen typengleichen Ersatzfahrzeugs aus der aktuellen Serienproduktion mit gleichartiger und gleichwertiger technischer Ausstattung“ ist mangels hinreichender Bestimmtheit des Antrags i.S.d. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO unzulässig. Fragen Sie Ihre Ausbilder, ob Einleitungssätze in Ihrem Bundesland üblich und erwünscht sind. Unstreitiges im Indikativ Imperfekt Im Ausgangsurteil sind die Ausführungen zu den Details des Motors, des Abschaltprogramms und der Reaktion des Kraftfahrt-Bundesamts und der Volkswagen AG noch sehr viel detaillierter ausgeführt, obwohl es hierauf für die Entscheidung überhaupt nicht ankam. Der Tatbestand macht knapp 2/3 des Urteils aus. Dies wäre im Examen ein von Ausbildern benutztes Schau-Beispiel für eine fehlende Schwerpunktsetzung und einen Tatbestand, der nicht die Entscheidungsgründe spiegelt. Machen Sie es besser und folgen Sie § 313 II ZPO: Nehmen Sie in den Tatbestand nur auf, was für die Entscheidungsgründe erheblich und nötig ist, um den Fall nachzuvollziehen. Praktiker wissen Bescheid: Genau hierum wird seit zwei Jahren in den meisten Abgasskandal-Prozessen gestritten: Genügt das angebotene Software-Update? Eine klärende Entscheidung des BGH fehlt noch. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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