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RA Digital - 08/2018

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438 Referendarteil:

438 Referendarteil: Öffentliches Recht RA 08/2018 OVG Münster, Urteil vom 16.6.2014, 11 A 1097/12 Subsumtion des konkreten Sachverhalts. Im Ergebnis kein Anspruch aus Straßenanliegergebrauch, weil die Schaffung neuer Stellplätze für die angemessene Grundstücksnutzung nicht erforderlich ist. 3. Anspruch auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis Eine § 18 Abs. 1 Satz 2 StrWG NRW entsprechende Vorschrift gibt es auch in den anderen Landesgesetzes. Die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis ist eine Ermessensentscheidung. Diese hat sich an Gründen zu orientieren, die einen sachlichen Bezug zur Straße haben. „Standarderwägungen“ im Zusammenhang mit der Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis, die jeder Examenskandidat kennen sollte. OVG Münster, Urteil vom 16.6.2014, 11 A 1097/12 Subsumtion des konkreten Sachverhalts. Keine Ermessensreduktion auf Null und zudem fehlerfreie Ausübung des Ermessens. Die Ermessensausübung ist hier nicht zu beanstanden, da sie einen konkreten straßenrechtlichen Bezug aufweist. OVG Münster, Beschluss vom 20.11.2017, 11 A 2758/15 Die Frage, wann die Anlegung einer (weiteren) Zufahrt "erforderlich" im Sinne dieser Bestimmung ist, lässt sich nur auf Grund der konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls unter Betrachtung der Situation, in die das Anliegergrundstück eingebunden ist, beantworten, Das Grundstück der Klägerin verfügt bereits über zwei Garagenzufahrten und damit über eine für seine bestimmungsgemäße Grundstücksnutzung erforderliche und ausreichende Zufahrt, um dem Anliegergebrauch nach § 14a StrWG NRW Genüge zu tun. Weitere Stellplätze vor dem Haus mit der dafür vorgesehenen Schaffung einer Zufahrt mögen aus Sicht der Klägerin zwar sinnvoll sein, für die angemessene Grundstücksnutzung ist die Klägerin aber nicht darauf angewiesen. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Erteilung einer entsprechenden Sondernutzungserlaubnis durch die Beklagte gemäß § 18 Abs. 1 Satz 2 StrWG NRW. Die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis steht grundsätzlich im Ermessen der Behörde. Diese hat ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Der gesetzliche Erlaubnisvorbehalt für eine straßenrechtliche Sondernutzung soll eine Nutzung der betroffenen Straßen und Wege sicherstellen, die den Widmungszweck, insbesondere den Gemeingebrauch, nicht wesentlich beeinträchtigt. Die behördliche Ermessensausübung hat sich an Gründen zu orientieren, die einen sachlichen Bezug zur Straße haben. Zu diesen Gründen können insbesondere zählen: ein einwandfreier Straßenzustand (Schutz des Straßengrundes und des Zubehörs), die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, der Ausgleich zeitlich und örtlich gegenläufiger Interessen verschiedener Straßenbenutzer und Straßenanlieger (etwa Schutz vor Abgasen, Lärm oder sonstigen Störungen) oder Belange des Straßen- und Stadtbildes, d. h. baugestalterische oder städtebauliche Vorstellungen mit Bezug zur Straße und auf Grund eines konkreten Gestaltungskonzeptes (Vermeidung einer "Übermöblierung" des öffentlichen Straßenraumes, Schutz eines bestimmten Straßen- oder Platzbildes und Ähnliches). Auch die Erwägung, dass der ohnehin knappe Parkraum nicht noch weiter eingeschränkt werden soll, kann einen sachgerechten straßenbezogenen Ablehnungsgrund darstellen. Jura Intensiv Danach liegt eine Ermessensreduktion auf Null, die für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch erforderlich ist, nicht vor. Die konkrete Ablehnung des klägerischen Antrags seitens der Beklagten ist nicht zu beanstanden. Die Begründung der Beklagten in dem angegriffenen Bescheid, keine (weitere) Grundstücksüberfahrt zu genehmigen, weil hierdurch zusätzlich zu den bereits bestehenden Gehwegüberfahrten eine fortschreitende Einschränkung der öffentlichen Stellplätze entstehe, was eine erhebliche Verschlechterung der öffentlichen Parkraumsituation darstelle, ist nicht zu beanstanden. Diese Erwägungen lassen keinen Ermessensfehlgebrauch erkennen. Denn sie haben einen konkreten Bezug zu den Aspekten der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, zu dem auch der ruhende Verkehr - das heißt das Parken - gehört, sowie zur Abwägung der widerstreitenden Interessen der Anlieger und sonstigen Benutzer der Straße. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 08/2018 Referendarteil: Öffentliches Recht 439 Es ist zwar richtig, dass bei Schaffung zweier Stellplatzflächen Mietern der Klägerin eine private Parkplatzmöglichkeit gegeben wird und diese mit großer Wahrscheinlichkeit keine öffentlichen Parkflächen mehr für sich beanspruchen werden. Allerdings kann durch die Gehwegüberfahrt ein öffentlicher Parkplatz nicht mehr genutzt werden, so dass die Einrichtung der Zufahrt zu Lasten der Allgemeinheit geht. Nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten besteht im fraglichen Bereich ein Mangel an öffentlichem Parkraum. Dies ist angesichts des vorliegenden Lichtbildmaterials auch nachzuvollziehen, weil die nähere Umgebung durch eine dichte Bebauung geprägt ist. Zudem bestehen entlang der I.-straße etliche Grundstückszufahrten, so auch die beiden Zufahrten zu den Garagen, die sich jeweils seitlich des Hauses der Klägerin befinden. Da vor Grundstücksein- und -ausfahrten sowie vor Bordsteinabsenkungen gemäß § 12 Abs. 3 Nrn. 3 und 5 StVO nicht geparkt werden darf, würde bei einer Realisierung des klägerischen Vorhabens im öffentlichen Verkehrsraum mindestens ein weiterer Parkplatz verloren gehen. Dies würde Parkprobleme für Straßenbenutzer, die nicht Anlieger sind und nicht über private Stellplätze im umliegenden Bereich verfügen, vergrößern und zusätzlichen Verkehr bei der Parkplatzsuche verursachen. Ein Ermessensfehler ist auch nicht deshalb zu erkennen, weil die Beklagte § 51 Abs. 1 BauO NRW nicht in ihre Erwägungen mit eingestellt hat. § 51 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW schreibt vor, dass bei der Errichtung von baulichen Anlagen und anderen Anlagen, bei denen ein Zu- und Abgangsverkehr zu erwarten ist, Stellplätze oder Garagen hergestellt werden müssen, wenn und soweit unter Berücksichtigung der örtlichen Verkehrsverhältnisse und des öffentlichen Personenverkehrs zu erwarten ist, dass der Zu- und Abgangsverkehr mittels Kraftfahrzeug erfolgt (notwendige Stellplätze und Garagen). Diese Vorschrift knüpft an den Vorgang des Errichtens an und damit an die erstmalige Herstellung einer baulichen Anlage. Die Entscheidung darüber, ob und wie viele notwendige Stellplätze und Garagen hergestellt werden müssen, ist folglich bei der Errichtung von baulichen Anlagen und anderen Anlagen zu treffen. Nur im Falle einer wesentlichen Änderung einer Anlagen oder einer wesentlichen Änderung ihrer Benutzung, die vorliegend nicht gegeben sind, kann die Stellplatzpflicht neu zu betrachten sein, § 51 Abs. 2 BauO NRW. In diesem Fall ist der Stellplatzfehlbestand auszugleichen, der etwa durch zwischenzeitlich geänderte Vorschriften über die Anzahl der notwendigen Stellplätze entstanden ist. Jura Intensiv Auch insoweit als die Beklagte ferner darauf verweist, dass der Vorgarten derzeit gärtnerisch gestaltet sei, und damit maßgeblich auf die optisch beeinträchtigende Wirkung parkender Fahrzeuge in den Vorgartenbereichen abstellt, ist kein Ermessensfehler festzustellen. Die Beklagte führt aus, die I.-straße lebe in straßenbildlicher Hinsicht von diesen Vorgärten. Der Schutz eines bestimmten Straßen- oder Platzbildes stellt einen Gesichtspunkt dar, den die Beklagte in ihre Ermessenserwägungen einstellen durfte. Es besteht auch kein Anspruch auf Gleichbehandlung im Rahmen des Art. 3 Abs. 1 GG. Denn dies setzt voraus, dass eine entsprechende Genehmigungspraxis besteht, von der lediglich im Fall der Klägerin ohne sachlichen Grund abgewichen wurde. Zentrales Argument der Klägerin, auf das unbedingt eingegangen werden muss Gericht schließt sich der Argumentation der Beklagten an, was auch in einer Klausur der Regelfall sein dürfte Die baurechtliche Verpflichtung zur Schaffung notwendiger Stellplätze ist hier nicht von Bedeutung, da diese nur bei dem erstmaligen Herstellen oder einer wesentlichen Nutzungsänderung einer baulichen Anlage besteht. Boeddinghaus/Hahn/Schulte, BauO NRW, § 51 Rn 24 und 29 Belange des Straßen- und Stadtbildes 4. Anspruch aus Art. 3 I GG © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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