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RA Digital - 08/2020

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414 Referendarteil:

414 Referendarteil: Zivilrecht RA 08/2020 Lassen Sie sich nicht dadurch verunsichern, dass hier keine Anträge gestellt werden. Ursache hierfür ist § 569 II ZPO. Ausreichend für eine Beschwerde ist, dass die angegriffene Entscheidung erkennbar ist. Ein konkreter Antrag der Parteien ist nicht erforderlich, Thomas/Putzo/ Reichold, ZPO, § 569 Rn 10. Anders in der Berufungsschrift gemäß § 519 IV, 253 II Nr. 2 ZPO. Klassische Prüfung einer sofortigen Beschwerde. Die Beschwerde muss zulässig und begründet sein. Sie ist begründet, wenn die erstinstanzliche – angegriffene – Entscheidung wiederum zulässig und begründet war. Urteilsstil ((…), denn (…)) Lesen Sie § 727 ZPO! Erstes Problem: Prüfung, ob die Umwandlung der Gläubigerin dazu führt, dass eine qualifizierte Vollstreckungsklausel gemäß § 727 ZPO erteilt werden muss. BGH, Beschluss vom 14.01.2016, V ZB 148/14 Zweites Problem: Prüfung, wie sich die Abtretung nach Titulierung mit anschließender Rückabtretung an die Gläubigerin auswirkt. Grundsätzlich ist der Zessionar gemäß § 398 S. 2 BGB Rechtsnachfolger des Zedenten. Zu prüfen ist, ob dies unerheblich ist, wenn hiernach eine zweite Abtretung – wieder zurück – an die ursprüngliche Gläubigerin erfolgt. LG Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 17.10.2011, 19 T 6603/11 LG Dresden, Beschluss vom 19.10.2011, 2 T 747/11; LG Hannover, Beschluss vom 09.05.2019, 92 T 40/19 die Forderung wiederum an G rückabgetreten. G behauptet zudem, die Insolvenzfreiheit der Forderung habe der Insolvenzverwalter in einer notariellen Urkunde des Notars H. in Essen (UR-Nr. …) in Verbindung mit einer Bezugsurkunde des Notars H. vom (…) (UR-Nr. …) bestätigt. G vertritt die Rechtsauffassung, wegen der Rückabtretung der Forderung an die G sei keine Klauselumschreibung erforderlich. II. Die zulässige sofortige Beschwerde der G ist unbegründet. Sie ist gemäß §§ 793, 567 I 1 ZPO statthaft. Insbesondere wurde sie form- und fristgerecht gemäß § 569 ZPO eingelegt. Der Beschluss des Amtsgerichts gemäß §§ 766 II, 764 III ZPO ist eine Entscheidung, die ohne mündliche Verhandlung erging. Die sofortige Beschwerde ist aber unbegründet. Die Erinnerung der G war zulässig, aber unbegründet. Insbesondere war die Erinnerung gemäß §§ 766 I 1, II ZPO statthaft. G erhebt Einwendungen gegen die Ablehnung der Durchführung der Zwangsvollstreckung aufgrund der fehlenden Vollstreckungsklausel gemäß § 727 I ZPO. Ebenfalls besteht das erforderliche Rechtsschutzinteresse der G. Dieses besteht von Beginn bis zur vollständigen Beendigung der Zwangsvollstreckung. Das Amtsgericht hat die Erinnerung der Gläubigerin gemäß § 766 II ZPO rechtsfehlerfrei zurückgewiesen. Der zuständige Gerichtsvollzieher hat die Zwangsvollstreckung zutreffend abgelehnt, weil die als allgemeine Voraussetzung der Zwangsvollstreckung erforderliche Gläubigeridentität gemäß § 750 I ZPO nicht gewahrt ist. [11] Zwar ist mit dem Amtsgericht davon auszugehen, dass die formwechselnde Umwandlung der Q. AG in die Q. GmbH gemäß §§ 226 ff. UmwG die Identität der Gläubigerin unberührt gelassen hat und eine Rechtsnachfolgeklausel aufgrund der Umwandlung deshalb nicht erforderlich gewesen ist (vgl. BGH, (…); Zöller-Seibel, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 727 Rn. 5). [12] Allerdings ergibt sich die Notwendigkeit einer Rechtsnachfolgeklausel aus den von der Gläubigerin selbst vorgetragenen Abtretungen ihrer Forderung. Nach eigenen Ausführungen hat sie die Forderung nach ihrer Titulierung abgetreten und damit zwischenzeitlich verloren. Nach einer weiteren zwischenzeitlichen Abtretung habe sie diese durch Rückabtretung allerdings wiedererlangt. Jura Intensiv [13] Damit stimmt sie zwar streng formal nach wie vor mit der im Vollstreckungstitel ausgewiesenen Gläubigerin überein. Aus diesem Grunde hält ein Teil der landgerichtlichen Rechtsprechung in einem solchen Fall eine Rechtsnachfolgeklausel auch für entbehrlich (vgl. LG Nürnberg-Fürth (…) LG Dresden, (…); LG Hannover (…)). Im formalisierten Vollstreckungsverfahren habe das Vollstreckungsorgan nicht zu prüfen, ob die im Titel bezeichnete Gläubigerin immer noch Inhaberin der titulierten Forderung sei. Entsprechende Zweifel seien mit einer Vollstreckungsabwehrklage oder Drittwiderspruchsklage geltend zu machen. [14] Dem steht aber entgegen, dass die Gläubigerin selbst vorträgt und damit feststeht, dass sie ihre Forderung zwischenzeitlich verloren hatte. Sie macht die Forderung deshalb nicht mehr als Inhaberin des Titels, sondern als Rechtsnachfolgerin nach den zwischenzeitlichen Forderungsinhaberinnen geltend. Rechtsnachfolgerin ist nämlich auch die Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 08/2020 Referendarteil: Zivilrecht 415 ursprüngliche, im Titel genannte Gläubigerin, die die Forderung abgetreten, aber durch Rückabtretung wiedererlangt hat (vgl. OLG Brandenburg, Beschluss vom 29.11.2005 - 10 WF 279/05, zit. nach juris Rn. 2; OLG Schleswig, Beschluss vom 27.11.2009 - 12 UF 47/09, BeckRS 2009, 24070; Zöller-Stöber, a.a.O., § 727 Rn. 6). Dies gilt unabhängig davon, ob zwischenzeitlich für eine andere Person eine Rechtsnachfolgeklausel erteilt worden ist oder nicht. Auch ohne eine den zwischenzeitlichen Rechtsverlust deutlich machende Rechtsnachfolgeklausel bleibt es nämlich dabei, dass die im Titel genannte Gläubigerin nach einer Abtretung und Rückabtretung die Forderung nicht mehr als Titelinhaberin, sondern als Rechtsnachfolgerin geltend macht. Die Rechtsnachfolgerin stimmt in diesem Fall nur zufällig mit der ursprünglichen Titelinhaberin überein. Wie bei jeder anderen Rechtsnachfolge auch bedarf es in einem solchen Fall aber einer Überprüfung des Rückerwerbs der Forderung durch das Erfordernis einer Rechtsnachfolgeklausel (vgl. LG Mühlhausen, Beschluss vom 18.10.2011 - 2 T 182/11, DGVZ 2012, 13, 14; LG Verden, Beschluss vom 26.03.2018 - 6 T 85/17, BeckRS 2018, 15709 Rn. 2). [15] Die Frage der Auswirkungen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf die Geltendmachung der Forderung durch die Gläubigerin bedarf vor diesem Hintergrund keiner Entscheidung. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 I ZPO. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, die Voraussetzungen des § 574 II, III ZPO liegen nicht vor. FAZIT Der Tenor der Entscheidung lautet wie folgt: Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin vom (…) gegen den Beschluss des Amtsgerichts (…) vom (…) wird zurückgewiesen. Jura Intensiv Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Gläubigerin. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 525,- € festgesetzt. Besonderheit: Die Gläubigerin trägt die Rechtsnachfolge selbst vor. Damit hat das Gericht bzw. das Vollstreckungsorgan Kenntnis von der Rechtsnachfolge. Dies führt wiederum zum Erfordernis der Erteilung einer qualifizierten Vollstreckungsklausel. Die Parteibezeichnung muss einheitlich verwendet werden. Sie können die Parteien in den Gründen als Gläubiger und Schuldner bezeichnen. Im Rubrum sollten Sie die Parteirollen „Gläubiger und Beschwerdeführer“ und „Schuldner und Beschwerdegegner“ wählen. Hintergrund ist, dass sich § 793 ZPO in der Regel gegen eine Entscheidung richtet, die bereits ein Verfahren beendet hat. Dies ähnelt dem Rubrum einer Berufungsschrift. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Die Streitwertfestsetzung ergeht grundsätzlich in Beschlussform. Da die gerichtliche Entscheidung hier aufgrund der fehlenden mündlichen Verhandlung ebenfalls als Beschluss erging, kann die Streitwertfestsetzung mit zum Haupttenor gezogen werden. Die Beschwerde kann – im Gegensatz zur Berufung – streitwertunabhängig eingelegt werden. Verfassungsrechtlich bedenklich wird argumentiert, dass dies bei Cent-Beträgen ausgeschlossen sein soll. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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