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RA Digital - 08/2020

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432 Referendarteil:

432 Referendarteil: Öffentliches Recht RA 08/2020 Speziell für Referendare Problem: Einschreiten nach einem Bissvorfall Einordnung: Polizeirecht VG Cottbus, Urteil vom 14.05.2020 3 K 1409/19 LEITSATZ (DER REDAKTION) Im Gegensatz zu den in § 8 Abs. 3 HundehV Brandenburg genannten Hunderassen, die auf Grund ihrer rassespezifischen Merkmale oder Zucht als widerleglich gefährlich gelten, wird die (konkrete) Gefährlichkeit eines als bissig geltenden Hundes nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 HundehV Brandenburg unwiderleglich vermutet. Ist im Rubrum unter „wegen“ eine Zusammenfassung des Streitgegenstandes erfolgt, ist ein Einleitungssatz nicht erforderlich. Geschichtserzählung: Indikativ Imperfekt Verwaltungsverfahren Es fehlt zum einen die Erwähnung der durchgeführten Anhörung (vgl. die Entscheidungsgründe). Zum anderen werden auch die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes und die Frist für die Erfüllung der jeweiligen Anordnung nicht mitgeteilt. Solche Ungenauigkeiten werden vermieden, wenn die einzelnen Anordnungen wortgenau wiedergegeben werden und auf eine Zusammenfassung verzichtet wird, was für eine Klausur dringend anzuraten ist. In Brandenburg normiert das Landesrecht – anders als in anderen Bundesländern – keine Ausnahmen von der Durchführung des Vorverfahrens. EINLEITUNG Der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Cottbus liegt die Klage eines Hundehalters zugrunde, der sich gegen die Einordnung seines Hundes als gefährlich sowie diverse ordnungsbehördliche Anordnungen wendet. Das Gericht hatte sich hierbei mit typischen Einwänden auseinanderzusetzen, die von betroffenen Hundehaltern regelmäßig gegen entsprechende Anordnungen erhoben werden. TATBESTAND „Der Kläger wendet sich gegen die Einstufung seines Schäferhundes „G...“ als gefährlich und gegen hierauf beruhende Anordnungen infolge eines Bissvorfalls. Am 13. März 2019 fuhr Herr F..., ein Nachbar, mit dem Fahrrad und angeleintem Hund am Grundstück des Klägers vorbei. Als der Hund „G...“ dies bemerkte, lief er durch das offene Grundstückstor hinterher, woraufhin Herr F... vom Fahrrad abstieg und zwischen beiden Hunden stand. Beim Versuch den Hund des Herrn F... anzugreifen, biss „G...“ Herrn F... in den linken Ringfinger, wodurch dieser verletzt wurde. Mit Ordnungsverfügung vom 27. Juni 2019 stellte der Beklagte die Gefährlichkeit des Hundes „G...“ nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 der Ordnungsbehördlichen Verordnung über das Halten und Führen von Hunden des Landes Brandenburg (Hundehalterverordnung – HundehV) fest (Ziffer 1). Unter Androhung von Zwangsgeldern forderte er den Kläger auf, eine Haftpflichtversicherung für den Hund abzuschließen (Ziffer 2), die Erlaubnis zur Haltung des Hundes zu beantragen (Ziffer 3), einen Sachkundenachweises vorzulegen (Ziffer 4), den Hund außerhalb des befriedeten Besitztums an einer höchstens zwei Meter langen und reißfesten Leine zu führen (Ziffer 5), dem Hund einen das Beißen verhindernden Maulkorb anzulegen (Ziffer 6) und alle Zugänge zum Grundstück durch Warnschilder „Vorsicht gefährlicher Hund“ oder „Vorsicht bissiger Hund“ kenntlich zu machen (Ziffer 7). Zur Begründung führte der Beklagte aus, durch den Bissvorfall sei der Hund „G...“ als gefährlich einzustufen. Die ihm auferlegten Pflichten folgten aus der Hundehalterverordnung. Sie seien geeignet und geboten, um weitere Zwischenfälle mit dem Hund zu vermeiden. Da sie sich verbindlich aus den geltenden Vorschriften der Hundehalterverordnung ergäben, kämen weniger belastende Maßnahmen nicht in Betracht. Jura Intensiv Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch. Er trägt vor, zwischen „G...“ und dem Hund des Herrn F... bestünde eine Rivalität. [...] Zu dem Bissvorfall sei es gekommen, weil Herr F... auch an diesem Tag seinen Hund direkt an der Hofeinfahrt (des Klägers) spazieren führte und ein Handwerker das sonst stets verschlossene Tor nicht verschlossen habe. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 08/2020 Referendarteil: Öffentliches Recht 433 Mit Schreiben vom 8. August 2019 teilte der Beklagte dem Kläger zunächst mit, dass er dem Widerspruch nicht abhelfe. Mit Schreiben vom 23. August 2019 informierte der Kläger darüber, die geforderten Warnschilder angebracht zu haben und die Leinen- und Maulkorbpflicht zu befolgen. [...] Ferner legte der Kläger eine positive Bescheinigung über die Durchführung eines Wesenstests vor. Daraufhin hob der Beklagte mit Rücknahmebescheid vom 4. September 2019 „nach nochmaliger Prüfung des Sachverhalts“ den Bescheid vom 27. Juni 2019 hinsichtlich der in Ziffer 3 angeordneten Haltererlaubnis und des Zwangsgeldes, das für den Fall der Nichtbefolgung der in den Ziffern 2, 3 und 7 auferlegten Pflichten angedroht wurde, auf. Mit Widerspruchsbescheid vom 18. September 2019 hob der Landrat des Landkreises Dahme-Spreewald die Ordnungsverfügung hinsichtlich des in Bezug auf die „Ziffern 5 und/oder 6“ angedrohten Zwangsgeldes auf und wies den Widerspruch im Übrigen zurück. Zur Begründung führte er ergänzend aus, von „G...“ ginge eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit aus. Aufgrund der zwischen den Hunden bestehenden Rivalität hätte der Kläger besonders darauf achten müssen, dass das Tor geschlossen ist, wenn sich „G...“ auf dem Grundstück frei bewege. [...] Das eingeholte Wesensgutachten könne den Kläger nicht entlasten, weil ein solches nur die Gefährlichkeit von Hunden zu widerlegen vermöge, die aufgrund rassespezifischer Merkmale als gefährlich anzusehen seien. [...] Die in der Ordnungsverfügung auferlegten Pflichten seien für einen gefährlichen Hund zwingend vorgeschrieben, sodass insoweit kein Ermessen bestünde. Das für den Verstoß der Leinen- und/oder Maulkorbpflicht angedrohte Zwangsgeld sei wegen mangelnder Bestimmtheit aufzuheben, weil für den Kläger nicht ersichtlich sei, für welche Handlung ihm ein Zwangsgeld in welcher Höhe drohe. Am 25. Oktober 2019 hat der Kläger „gegen den Landkreis D...“ Klage erhoben. Er trägt ergänzend vor, die Einzelheiten des Bissvorfalls seien nicht geklärt; insbesondere sei unklar, ob einer der beiden Hunde aggressives oder feindseliges Verhalten zeigte. Allenfalls gesichert sei, dass sich Herr F... in dieser Situation zwischen die Hunde begab. Es sei eher fernliegend, dass sich der auf den Hund des Klägers zubewegende Hund „G...“ spontan von diesem abwende und Herrn F... beiße. Wahrscheinlicher sei, dass sich letzterer in „irgendeine Form einer Abwehrhaltung“ gegenüber „G...“ begeben und dieser die „unbedachte Handlungsweise als Aggressivität „missgedeutet“ habe. Der Bissvorfall sei gleichfalls nur eine Momentaufnahme. Jura Intensiv Der Kläger beantragt sinngemäß, die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 27. Juni 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. September 2019 und den Teilrücknahmebescheid vom 4. September 2019 aufzuheben. Der Beklagte hat keinen Antrag gestellt. Er ist der Auffassung, die Klage sei verfristet. Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt. Die Kammer hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 6. April 2020 der Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen. [...]“ Teilaufhebung Hier ist besondere Obacht gefordert, da nur die aufrechterhaltenen Maßnahmen Prüfungsgegenstand der Entscheidungsgründe sind. In der Klausur bietet es sich in Konstellationen, in denen – wie hier – mehrere Regelungen erlassen und im Verwaltungsverfahren (teilweise) aufgehoben werden, an, die (teilweise) aufgehobenen Anordnungen entweder im Aktenstück oder in einer eigens angefertigten Übersicht zu streichen. Das ist ein häufiger Fehler der Behörden bei der Zwangsgeldandrohung. Klageerhebung: Indikativ Perfekt Klagebegründung: Konjunktiv Präsens Klageantrag: Indikativ Präsens Hat das Gericht im Fall von kleineren Ungenauigkeiten den Klageantrag stillschweigend korrigiert, wird dies mit dem Einschub „sinngemäß“ kenntlich gemacht. Eine Auslegung des Klageantrags am Beginn der Entscheidungsgründe bedarf es dann nicht mehr. Der Beklagte muss keinen ausdrücklichen Antrag stellen. Ausreichend ist, dass sein Begehren aufgrund seines Vortrags deutlich wird. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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