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RA Digital - 08/2020

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434 Referendarteil:

434 Referendarteil: Öffentliches Recht RA 08/2020 ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE Sog. Prozessvorspann Die Darstellung ist hier sehr knapp. Im Examen sollten zumindest die Erledigung, die Voraussetzungen für eine FFK und das Feststellungsinteresse näher erläutert werden. Es ist zu empfehlen, die Rubrumsberichtigung direkt im Anschluss an den Prozessvorspann (Übertragung auf den Einzelrichter und Verzicht auf mündliche Verhandlung) und vor der Zulässigkeit darzustellen. BVerwG, Urteil vom 18.11.1982, 1 C 62.81, juris Rn 9; BVerwG, Beschluss vom 20.01.1993, 7 B 158/92, juris Rn 4; VGH München, Beschluss vom 1.10.2018, 4 ZB 18.512, juris Rn 11 Ob ein Vorverfahren durch eine rügelose Einlassung der zuständigen Behörde entbehrlich bzw. ersetzt wird, ist durchaus fraglich, vgl. hierzu Kopp/Schenke, VwGO, Vorb § 68 Rn 11 m.w.N. Begründetheit Prüfung der Einstufung des Hundes als gefährlich Inhalt der maßgeblichen Norm „Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben, § 101 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung kann durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin ergehen, weil die Kammer ihr den Rechtsstreit mit Beschluss gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 VwGO übertragen hat. Die Klage hat keinen Erfolg. Soweit sich die Klage gegen die in Ziffer 4 angeordnete Pflicht zur Vorlage – des schon im Verwaltungsverfahren eingereichten – Sachkundenachweises richtet, ist die als Fortsetzungsfeststellungklage (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO) statthafte Klage unzulässig, weil ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des erledigten Verwaltungsakts nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich ist. Im Übrigen ist die Klage als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die in der Klageschrift vom 25. Oktober 2019 enthaltene Angabe des Beklagten („Landkreis D...“) beruhte auf einer Falschbezeichnung, die im Wege der Rubrumsberichtigung korrigiert werden konnte. Der Klageschrift war eine Kopie der angefochtenen Bescheide beigefügt. Dies legt die Annahme nahe, dass sich die Klage – entgegen der ausdrücklichen Beteiligtenbezeichnung – im Zweifel nicht gegen den falschen, sondern gegen den nach dem Inhalt der Klage richtigen Beklagten, also den Amtsdirektor des Amtes U... (§ 78 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 8 Abs. 2 VwGGBbg), richtete. Die Gerichte haben insoweit mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG einen großzügigen Maßstab anzulegen. [...] Es kann dahinstehen, ob gegen den Teilrücknahmebescheid vom 4. September 2019 ein (separates) Vorverfahren gemäß §§ 68 ff. VwGO durchzuführen war. Entgegen der im Widerspruchsbescheid irrtümlich geäußerten Auffassung dürfte der Teilrücknahmebescheid nicht als Abhilfe des vom Kläger erhobenen Widerspruchs anzusehen sein, sondern vielmehr einen selbständigen Verwaltungsakt darstellen. Der Beklagte hatte dem Kläger zuvor mit Schreiben vom 8. August 2019 mitgeteilt, dem Widerspruch nicht abzuhelfen; dies bewirkte den Devolutiveffekt (vgl. § 73 Abs. 1 VwGO). Der Beklagte hat sich insoweit aber rügelos auf die Klage eingelassen. Jura Intensiv Die Klage ist unbegründet. Die angegriffenen Verwaltungsakte sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Es bestehen keine Zweifel an der Einstufung des Hundes „G...“ als gefährlich. Nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 HundehV gelten Hunde als gefährlich, die als bissig gelten, weil sie einen Menschen oder ein Tier durch Biss geschädigt haben, ohne selbst angegriffen oder dazu durch Schläge oder in ähnlicher Weise provoziert worden zu sein. Die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Nr. 2 HundehV sind erfüllt. Der Hund „G...“ hat einen Menschen durch einen Biss geschädigt, ohne selbst angegriffen worden zu sein. Unstreitig hat „G...“ Herrn F... in den linken Ringfinger gebissen. Wie aus dem ärztlichen Befund des Klinikums D... vom 13. März 2019 hervorgeht, erlitt der Betroffene eine Verletzung, wegen der er sich in medizinische Behandlung begeben musste. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 08/2020 Referendarteil: Öffentliches Recht 435 Ohne Erfolg wendet der Prozessbevollmächtigte des Klägers ein, es sei nicht auszuschließen, dass der Hund „G...“ zum Biss provoziert worden sei, indem sich Herr F... „in irgendeine Form einer Abwehrhaltung“ begeben oder sich dessen Hund „beispielsweise durch Bellen oder Ähnliches aggressiv gegenüber dem Hund G...“ verhalten habe. Das Gericht ist davon überzeugt, dass sich der Vorfall so zugetragen hat, wie von den Beteiligten im Verwaltungsverfahren angenommen. Der Kläger hat den von Herrn F... beschriebenen Hergang mit Schreiben vom 3. April 2019 einschränkungslos bestätigt, weshalb der erst im Klageverfahren vorgebrachte Einwand als Schutzbehauptung anzusehen ist. Es ist nicht ersichtlich, wieso der Kläger diese ihn entlastenden Umstände im Anhörungsverfahren, als er also wusste, was ihm drohte, nicht vortragen sollte. Im Übrigen gelten gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 2 HundehV Hunde als bissig (…) ohne selbst angegriffen oder dazu durch Schläge oder in ähnlicher Weise provoziert worden zu sein. Aus dem Wortlaut der Vorschrift („in ähnlicher Weise“) wird deutlich, dass andere Formen einer Provokation dem Merkmal der Schläge in ihrer Gewichtigkeit und Qualität zwar nicht gleichstehen, aber zumindest nahekommen müssen. „Irgendeine Form der Abwehrhaltung“ gegenüber dem beißenden Hund kann weder als Angriff noch als Provokation gewertet werden, sondern dient gerade der Verteidigung hiergegen. Herr F... durfte einen Angriff des Hundes „G...“ von sich und/oder seinem Hund abwenden. Jedenfalls vermag es nicht die Qualität einer Provokation „in ähnlicher Weise“ gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 2 HundehV erreichen. [...] Der Gefährlichkeit des Hundes „G...“ steht auch nicht die Bescheinigung über den durchgeführten Wesenstest des Sachverständigen T... vom 16. August 2019 entgegen. Die Frage, ob von einem Hund tatsächlich Gefahren ausgehen, stellt sich nicht, wenn der Hund bereits einen Menschen oder ein Tier gebissen und damit seine Gefährlichkeit unter Beweis gestellt hat. Denn im Gegensatz zu den in § 8 Abs. 3 HundehV genannten Hunderassen, die auf Grund ihrer rassespezifischen Merkmale oder Zucht als widerleglich gefährlich gelten, wird die (konkrete) Gefährlichkeit eines als bissig geltenden Hundes nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 HundehV unwiderleglich vermutet. Dem trägt auch § 8 Abs. 3 Satz 6 HundehV Rechnung, wonach das Negativzeugnis nach Feststellung der Gefährlichkeit des Hundes seine Gültigkeit verliert. Jura Intensiv Auch die in den Ziffern 2 und 5 bis 7 getroffenen Regelungen sind rechtmäßig. Rechtsgrundlage für die gegenüber dem Kläger getroffenen Anordnungen, eine Haftpflichtversicherung für den Hund „G...“ zu unterhalten (Ziffer 2), diesen außerhalb des Grundstücks ständig an einer höchstens zwei Meter langen und reißfesten Leine zu führen (Ziffer 5) sowie einen das Beißen verhindernden Maulkorb anzulegen (Ziffer 6) und alle Zugänge zum Grundstück durch Warnschilder „Vorsicht gefährlicher Hund“ oder „Vorsicht bissiger Hund“ kenntlich zu machen (Ziffer 7), ist § 13 Abs. 1 des Gesetzes über die Aufgaben und Befugnisse der Ordnungsbehörden (Ordnungsbehördengesetz (OBG)). Dieser Einwand wird von den betroffenen Hundehaltern typischerweise erhoben. Daher war die erfolgte Anhörung auch in den Tatbestand aufzunehmen (Tatbestand als Spiegelbild der Entscheidungsgründe; siehe oben). Schönes Wortlautargument Auch das ist ein typischer Vortrag der Betroffenen. OVG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 2.8.2016, OVG 5 S 34.15, juris Rn 4, vom 17.11.2017, OVG 5 S 51.17, juris Rn 11, und vom 4.12.2018, OVG 5 S 19.18, juris Rn 5 Prüfung der weiteren Anordnungen Um Fehler zu vermeiden, sollten im Examen die Maßnahmen getrennt geprüft werden. Bei den nachfolgenden Prüfungen kann dann auf vorherige Ausführungen verwiesen werden. Generalklausel © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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