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RA Digital - 08/2020

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394 Zivilrecht

394 Zivilrecht RA 08/2020 LÖSUNG Hinweis für Referendare: Es gehört zum Standardwissen, im Prozess im Hauptantrag die Grundbuchberichtigung und im Hilfsantrag die Rückübereignung geltend zu machen. Im Originalfall hatte K überraschend nur die Rückübereignung des Grundstücksanteils begehrt. Bereits das Berufungsgericht (OLG Naumburg, Urteil vom 02.11.2017, 3 U 30/17) hatte darauf hin den Antrag im Hinblick auf das Rechtsschutzziel der K zumindest auch als Grundbuchberichtigungsantrag ausgelegt. Dies beanstandete B in der Revisionsinstanz nicht. Ständige Rechtsprechung des BGH: Formnichtigkeit des Übertragungsvertrages erfasst gem. § 139 BGB auch die Auflassungsvollmacht Ausnahme: unwiderruflich erteilte Auflassungsvollmacht Der Wortlaut des Vertrages bezeichnete nur das Vertragsangebot als unwiderruflich, nicht aber die erteilte Auflassungsvollmacht. A. Anspruch der K gegen B auf Berichtigung des Grundbuchs gem. § 894 BGB K könnte einen Anspruch gegen B auf Berichtigung des Grundbuchs gem. § 894 BGB haben. Dann muss das Grundbuch zu Lasten der K unrichtig sein. Dies ist der Fall, wenn die formelle Rechtslage von der materiellen Rechtslage zu ihren Ungunsten abweicht. I. Formelle Rechtslage Seit dem 05.01.2016 steht B als Miteigentümer im Grundbuch eingetragen. II. Materielle Rechtslage Fraglich ist, ob B mit seiner Eintragung am 05.01.2016 den Miteigentumsanteil von K wirksam erworben hat. Gem. §§ 873, 925 BGB ist hierzu neben der Eintragung die dingliche Einigung zwischen Veräußerer und Erwerber in Form der Auflassung nötig. Hier hat B die Auflassung am 07.10.2015 sowohl im eigenen Namen als auch als Vertreter der K erklärt. Fraglich ist, ob die Erklärung des B gem. § 164 I BGB für und gegen K wirkt. 1. Eigene Willenserklärung des B im Namen der K B hat bei der Auflassung eine eigene Willenserklärung im Namen der K abgegeben. Fraglich ist aber, ob B innerhalb seiner Vertretungsmacht gehandelt hat. 2. Vertretungsmacht des B K hat dem B in der notariellen Urkunde vom 05.11.2012, in welchem sie B das Angebot zum Erwerb des Miteigentumsanteils unterbreitet hatte, eine Auflassungsvollmacht erteilt. Problematisch ist, dass aufgrund der unterlassenen Beurkundung der weiteren beurkundungsbedürftigen Nebenabreden, der Übertragungsvertrag gem. §§ 125 S. 1, 311b I 1 BGB formunwirksam war. Fraglich ist, ob dies zur Unwirksamkeit der Auflassungsvollmacht geführt hat. Jura Intensiv [18] Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat die Formnichtigkeit eines Grundstückskaufvertrags gemäß § 139 BGB im Zweifel auch die Unwirksamkeit der in diesem Vertrag dem Käufer vom Verkäufer erteilten Auflassungsvollmacht zur Folge (…) [19] Anders liegt es hingegen, wenn eine Partei die andere unwiderruflich zur Auflassung bevollmächtigt hat, um so die Vollziehung des Vertrags - und damit die Heilung der Formnichtigkeit des gesamten Vertrags - zu sichern. In einem solchen Fall ist die Auflassungsvollmacht als selbständig gewollt anzusehen (…). [20] Das Berufungsgericht hat die Auflassungsvollmacht als von der unterstellten Formunwirksamkeit des Übertragungsvertrags erfasst angesehen, so dass sie entsprechend der genannten Zweifelsregel nach § 139 BGB nichtig war. Damit ist es zudem davon ausgegangen, dass die Klägerin dem Beklagten die Auflassungsvollmacht auch nicht abweichend von der oben genannten Regel unwiderruflich erteilt hat, um so die Vollziehung des gesamten Vertrags und damit die Heilung des - unterstellten - Formmangels zu sichern. Anders als die Revisionserwiderung meint, lässt sich aus dem Wortlaut des Vertrags nichts Gegenteiliges folgern. Als unwiderruflich ist darin allein das Vertragsangebot bezeichnet, nicht aber die Auflassungsvollmacht. Dass die Parteien sich etwa einer Formnichtigkeit Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 08/2020 Zivilrecht 395 bewusst gewesen seien, was im Einzelfall dafür sprechen kann, dass die Auflassungsvollmacht als selbständig gewollt anzusehen ist, ist auch vom Beklagten nicht geltend gemacht worden. Demnach sind die diesbezüglichen Feststellungen des Berufungsgerichts in der Revisionsinstanz zugrunde zu legen. Damit steht fest, dass die Auflassungsvollmacht nichtig war. 3. Heilung gem. § 311b I 2 BGB Fraglich ist, ob der Formmangel gem. § 311b I 2 BGB geheilt wurde, nachdem B am 05.01.2016 in das Grundbuch eingetragen worden ist. Dies allerdings setzt voraus, dass die Heilungswirkung des § 311b I 2 BGB auch die Auflassungsvollmacht erfasst hat. [21] Zur Gültigkeit des Übertragungsangebots ist das Berufungsgericht erst dadurch gelangt, dass es die Heilungswirkung nach§ 311b Absatz 1 Satz 2 BGB auch auf die Auflassungsvollmacht erstreckt hat. Das ist indessen bereits deshalb in sich widersprüchlich, weil die Heilung eine wirksame Auflassung voraussetzt. Eine Heilung kann folglich nicht eintreten, wenn schon die Auflassungsvollmacht nicht wirksam erteilt war, weil dies zur Unwirksamkeit der vom Bevollmächtigten erklärten Auflassung führt. [22] Auf Grundlage der getroffenen Feststellungen ist mithin davon auszugehen, dass die Auflassungsvollmacht nach § 139 BGB ebenso wie das - unterstellt formnichtige - Übertragungsangebot unwirksam war. Die vom Beklagten in diesem Fall ohne Vertretungsmacht erklärte Auflassung war mangels Genehmigung gemäß § 177 BGB und Gestattung nach § 181 BGB unwirksam und konnte folglich nicht zum Wechsel des hälftigen Miteigentumsanteils auf den Beklagten führen. Daraus folgt, dass das Grundbuch unrichtig ist. III. Ergebnis Folglich steht K gegen B ein Anspruch auf Grundbuchberichtigung gem. § 894 BGB zu. Jura Intensiv B. Anspruch K gegen B auf Herausgabe der Grundbuchposition aus § 812 I 1 Alt. 1 BGB K könnte gegen B einen Anspruch auf Herausgabe der Grundbuchposition gem. § 812 I 1 Alt. 1 BGB haben. B hat mit der Grundbuchposition einen vermögenswerten Vorteil, mithin etwas, erlangt. Indem diese aufgrund einer Eintragungsbewilligung der K gem. § 19 GBO erlangt wurde, welche in Erfüllung des vermeintlich wirksamen Übertragungsvertrages gewährt wurde, hat B die Position durch eine Leistung der K erlangt. B muss die Grundbuchposition allerdings ohne rechtlichen Grund erlangt haben. Rechtlicher Grund für das Behaltendürfen einer Grundbuchposition ist das Eigentum. Mangels Übertragung des Eigentums auf B ist nach wie vor K Eigentümerin. Folglich hat B die Grundbuchposition ohne Rechtsgrund erlangt und K gegen B einen Anspruch aus § 812 I 1 Alt. 1 BGB. ERGEBNIS K kann von B sowohl aus § 894 BGB als auch aus § 812 I 1 Alt. 1 die Grundbuchberichtigung verlangen. Heilung des Formmangels Diesen Widerspruch hatte das Berufungsgericht übersehen: Eine Heilung erfordert gem. § 311b I 2 BGB die Eintragung und die Auflassung. Die Auflassung bleibt aber mangels unwirksamer Auflassungsvollmacht unwirksam. Hinweis für Referendare: Aus Platzgründen mussten wir einen weiteren interessanten Aspekt des Falles unberücksichtigt lassen: B hatte die Teilungsversteigerung beantragt, wogegen sich K erfolgreich mit § 771 ZPO analog wehren konnte. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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