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RA Digital - 08/2022

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434 Referendarteil:

434 Referendarteil: Öffentliches Recht RA 08/2022 ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE Prozessvorspann Urteilsstil: Ergebnis voranstellen Obersatz Rechtsgrundlage: § 16 II 1 LBesG i.V.m. §§ 818 ff. BGB Die Rechtsgrundlage ist in einer Klausur wörtlich wiederzugeben. Tatbestand Bezugnahme auf §§ 818 ff. BGB: Rechtsfolgenverweis Tatbestand unproblematisch (+) § 814 BGB nicht anwendbar Wegfall der Bereicherung (-) Argument 1: Keine Entreicherung „Die Klage, über welche die Kammer im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheidet, bleibt ohne Erfolg. Der Bescheid des Beklagten vom 19. November 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Juni 2021 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Rückforderung der Dienstbezüge in Höhe von 8.104,72 € findet ihre Rechtsgrundlage in § 16 Abs. 2 Satz 1 LBesG i.V.m. §§ 818 ff. BGB. Gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 LBesG regelt sich die Rückforderung zuviel gezahlter Bezüge nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Rückforderung bezeichnet § 16 Abs. 2 Satz 1 LBesG mit der Wendung „zu viel gezahlt“ eigenständig und abschließend. Dienstbezüge sind im Sinne dieser Vorschrift zuviel gezahlt, wenn sie dem Beamten nach den maßgeblichen Vorschriften nicht zustanden. Auf die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs wird nur insoweit verwiesen, als es um die Rechtsfolgen des Rückzahlungsanspruchs geht. Ausgehend hiervon begegnet die Rückforderung keinen rechtlichen Bedenken. Dem Kläger sind ohne rechtlichen Grund Bezüge für September 2020 gezahlt worden. Denn er hatte nach § 4 Abs. 4 LBesG keinen Anspruch auf eine weitere Besoldung durch den Beklagten, nachdem er mit Wirkung zum 1. September 2020 im Land E. zum Universitätsprofessor auf Lebenszeit ernannt worden und daher mit Ablauf des 31. August 2020 gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG kraft Gesetzes aus dem Dienst des Beklagten ausgeschieden war. Die überzahlten Dienstbezüge waren somit von dem Kläger gemäß § 818 Abs. 2 BGB in Höhe des Bruttobetrags zurück zu gewähren. Hiergegen kann der Kläger nicht mit Erfolg einwenden, der Beklagte habe die Bezüge in Kenntnis der Nichtschuld ausgezahlt, so dass eine Rückforderung nach § 814 BGB ausgeschlossen sei. […] Die Vorschrift des § 814 BGB ist im Rahmen der Rückforderung überzahlter Dienstbezüge […] nicht anwendbar, weil sie von der in § 16 Abs. 2 Satz 1 LBesG enthaltenen Rechtsfolgenverweisung auf die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung nicht umfasst wird. § 814 BGB regelt nämlich nicht den Umfang der Erstattung […], sondern schließt den Bereicherungsanspruch bereits dem Grunde nach aus. Jura Intensiv Auch mit seinem Einwand des Wegfalls der Bereicherung nach § 16 Abs. 2 Satz 1 LBesG i.V.m. § 818 Abs. 3 BGB vermag der Kläger in mehrfacher Hinsicht nicht durchzudringen. Zunächst ist schon nicht ersichtlich, dass der Kläger überhaupt im Sinne des § 818 Abs. 3 BGB entreichert wäre. […] Bei der Überzahlung kommt es […] darauf an, ob der Empfänger die Beträge restlos für seine laufenden Lebensbedürfnisse verbraucht hat. […] Zwar kann bei relativ geringen Beträgen monatlicher Überzahlungen über einen langen Zeitraum angenommen werden, dass die zuviel gezahlten Bezüge im Rahmen der Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 08/2022 Referendarteil: Öffentliches Recht 435 normalen Lebensführung verbraucht worden sind. Um einen solchen Fall handelt es sich hier aber nicht. Dem Kläger ist vielmehr lediglich einmalig ein mehr als nur geringfügiger Betrag in Höhe von 5.195,28 €, d.h. in Höhe eines vollständigen Nettogehalts nebst Berufungs- und Bleibeleistungsbezug, ausgezahlt worden. In Anbetracht dessen hätte es dem Kläger oblegen darzulegen und zu beweisen, dass er den ihm überwiesenen Betrag bereits restlos verbraucht hat, dieser insbesondere auch nicht mehr in Form anderer Werte – etwa ersparter Aufwendungen, Anschaffungen oder Schuldtilgungen – in seinem Vermögen vorhanden ist. Darüber hinaus ist dem Kläger eine Berufung auf den Entreicherungseinwand verwehrt, da er gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 und 2 LBesG i.V.m. § 819 Abs. 1 BGB und § 818 Abs. 4 BGB der verschärften Haftung unterliegt. Denn der Mangel des rechtlichen Grundes war so offensichtlich, dass der Kläger ihn hätte erkennen müssen. Hiervon ist auszugehen, wenn der Empfänger die Überzahlung nur deshalb nicht bemerkt hat, weil er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße außer Acht gelassen hat […]. So liegen die Dinge hier. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es aufgrund der beamtenrechtlichen Treuepflicht zu den Sorgfaltspflichten des Klägers gehört, bei besoldungsrelevanten Änderungen im dienstlichen oder persönlichen Bereich auf Überzahlungen zu achten. Dies gilt erst Recht im Falle eines Dienstherrenwechsels. Danach war der Kläger verpflichtet, nach dem Ausscheiden aus dem Dienst des Beklagten seinen Kontostand auf Überzahlungen zu prüfen. Diese Prüfpflicht traf den Kläger, anders als er meint, auch unabhängig davon, ob ihm für den jeweiligen Monat eine gesonderte Bezügemitteilung übersandt worden war, zumal ihm mit der Bezügemitteilung des Beklagten vom 17. Juni 2020 bereits eine nach wie vor aktuelle Bezügemitteilung vorgelegen hatte. Ungeachtet seiner Prüfpflicht hätte es sich dem Kläger zudem jedenfalls nachdem er durch den Beklagten mit Schreiben vom 7. September 2020 ausdrücklich auf die Überzahlung hingewiesen worden war und er daraufhin in seinem Kontoauszug einen Zahlungseingang der Landesoberkasse vom 31. August 2020 in Höhe vom 5.195,28 € bemerkte, ohne weiteres aufdrängen müssen, dass es sich hierbei um Besoldungsleistungen des Beklagten für den Zahlmonat September 2020 handelte, auf die er infolge der Beendigung seines Dienstverhältnisses keinen Anspruch mehr hatte. […] Jura Intensiv Letztlich greift der Entreicherungseinwand auch deshalb nicht, weil der Kläger zusätzlich nach § 16 Abs. 2 Satz 1 LBesG i.V.m. § 820 Abs. 1 Satz 2 BGB und § 818 Abs. 4 BGB verschärft haftet. Denn die in § 8 Abs. 1 Satz 1 LBesG vorgesehene Vorauszahlung von Dienstbezügen erfolgt unter dem gesetzesimmanenten Vorbehalt des Fortbestands des Beamtenverhältnisses, so dass der Kläger mit einer Rückzahlungsverpflichtung nach der Beendigung des Beamtenverhältnisses zu rechnen hatte. Schließlich ist die von dem Beklagten getroffene Billigkeitsentscheidung, dem Kläger keinen (Teil-)Erlass zu gewähren, ebenfalls nicht zu beanstanden. Gemäß § 16 Abs. 2 Satz 3 LBesG kann von der Rückforderung aus Billigkeitsgründen mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle ganz oder teilweise abgesehen werden. Diese Billigkeitsentscheidung bezweckt eine allen Umständen des Argument 2: Verschärfte Haftung gem. § 819 I i.V.m. § 818 IV BGB Vgl. BVerwG, Urteil vom 26.04.2012, 2 C 15.10, juris Rn 16 Ganz wichtiger Punkt im Beamtenrecht: Treuepflicht führt zu besonderen Sorgfaltspflichten des Beamten. Argument 3: Verschärfte Haftung gem. § 820 I 2 i.V.m. § 818 IV BGB Vgl. BVerwG, Urteil vom 21.10.1999, 2 C 27.98, juris Rn 37 Erlass aus Billigkeit ebenfalls (-) Darstellung der rechtlichen Maßstäbe © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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