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RA Digital - 08/2022

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394 Zivilrecht

394 Zivilrecht RA 08/2022 [7] (…) Auf den in dem Vertrag enthaltenen Haftungsausschluss können sich die Beklagten nach der ebenfalls von Rechts wegen nicht zu beanstandenden tatrichterlichen Würdigung des Berufungsgerichts nicht berufen, weil sie im Zusammenhang mit dem von ihnen durchgeführten selbständigen Beweisverfahren Kenntnis von dem Mangel erlangt und deshalb arglistig (§ 444 BGB) gehandelt haben. (…) Problematisch könnte ferner sein, dass die K den B keine nach § 281 I 1 2. Fall BGB geforderte Frist zur Nacherfüllung gesetzt haben. Dies wäre jedoch kein die Entstehung des Anspruchs hindernder Grund, wenn die Fristsetzung gem. § 281 II BGB entbehrlich wäre. In Betracht käme aufgrund der Arglist als besonderer Umstand die Ausnahme des § 281 II 2. Fall BGB. BGH, Beschluss vom 08.12.2006, V ZR 249/05 Definition Schadensersatz statt der Leistung gem. §§ 437 Nr. 3, 280 I, III, 281 I 1 2. Fall BGB Fiktives Abrechnen BGH RA 05/2022, 221 [7] (…) Da die Beklagten den Mangel des Grundstücks arglistig verschwiegen haben, war eine Nachfristsetzung durch die Kläger nicht erforderlich (§ 281 Abs. 2 Alt. 2 BGB). Indem die B den Mangel bei Gefahrübergang arglistig verschwiegen haben, haben sie die Pflichtverletzung auch zu vertreten. II. Anspruchsausfüllende Voraussetzungen 1. Verlangen gem. § 281 IV BGB Die K müssen gem. § 281 IV BGB Schadensersatz statt der Leistung verlangt haben. Dies ist im September 2013 ausdrücklich geschehen. 2. Ersatzfähiger, kausaler Schaden Die verlangten 23.400,30 € müssen als kleiner Schadensersatz statt der Leistung ersatzfähig sein und kausal auf der o.g. Pflichtverletzung beruhen. Ein Schaden i. S. d. §§ 437 Nr. 3, 280 I, III, 281 I 1 2. Fall BGB ist jede unfreiwillige Vermögenseinbuße, die zum positiven Interesse gehört, adäquat kausal auf der Schlechtleistung beruht und deren Entstehung durch eine gedachte Erfüllung im Zeitpunkt des Ersatzverlangens noch verhindert worden wäre. Jura Intensiv a) Geltendmachung eines fiktiven Schadensersatzes Die geforderten 23.400,30 € entsprechen den Kosten einer Ersatzvornahme, welche das fachgerechte Abdichten des Kellers zum Ergebnis hätte. Diese Kosten würden nicht anfallen, wenn die Verkäufer keine Immobilie mit einer mangelhaften Abdichtung verkauft hätten. Problematisch ist aber, dass die Arbeiten noch nicht ausgeführt wurden, die veranschlagten Kosten Fraglich ist aber, ob diese Kosten auf Gutachtenbasis, also „fiktiv“, ohne Umsatzsteuer, geltend gemacht werden dürfen. [8] Das Berufungsgericht stellt zu Recht nicht in Frage, dass die Kläger im Ausgangspunkt die Höhe des Schadens anhand der Kosten der Herstellung einer mangelfreien Kellerwandabdichtung berechnen können, auch wenn die hierfür erforderlichen Arbeiten noch nicht ausgeführt wurden. Denn der kaufvertragliche Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung (kleiner Schadensersatz) gemäß § 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1 und 3, § 281 BGB kann anhand der voraussichtlich erforderlichen, aber (noch) nicht aufgewendeten („fiktiven“) Mängelbeseitigungskosten geltend gemacht werden (…). Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts betragen die aufzuwendenden Mängelbeseitigungskosten hier 23.400,30 € ohne Mehrwertsteuer. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 08/2022 Zivilrecht 395 b) Vorteilsausgleichung nach den Grundsätzen „neu für alt“ Fraglich ist, ob die geforderte Schadenssumme ganz oder teilweise nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung zu kürzen ist. Vorliegend haben die K eine aus dem Jahr 1979 stammende Bestandsimmobilie erworben und würden bei Durchführung der Maßnahmen eine neuwertige Kellerabdichtung erwerben. [10] (…) Der Schadensersatzanspruch strebt zwei nicht immer restlos zu vereinbarende Ziele an. Er soll dem Geschädigten einerseits vollen Ausgleich verschaffen, ihn andererseits aber nicht bereichern. Dieses zweite Ziel gebietet einen Abzug „neu für alt”, wenn damit nicht in unzumutbarer Weise in das erste eingegriffen wird. Vor diesem Hintergrund hat der Senat bei dem nach § 463 Satz 2 BGB aF geschuldeten Schadensersatz des Verkäufers einen entsprechenden Ausgleich für erwägenswert gehalten (…). [11] Diese Grundsätze können aber auf einen kaufrechtlichen Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung nach dem seit dem 1. Januar 2002 geltenden Recht nicht ohne weiteres übertragen werden. Anderes als nach dem bisherigen Recht gehört nämlich nunmehr die Mangelfreiheit der Kaufsache zur Leistungspflicht des Verkäufers § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB). Dass der Verkäufer, der die Pflicht zur mangelfreien Übereignung nicht erfüllt, zunächst einem Nacherfüllungsanspruch ausgesetzt ist, muss auch bei der Frage, ob ein Abzug „neu für alt“ gerechtfertigt ist, berücksichtigt werden. (…) Der primär auf die Lieferung einer mangelfreien Sache gerichtete Erfüllungsanspruch setzt sich in modifizierter Form in dem Nacherfüllungsanspruch fort. An die Stelle des (Nach-)Erfüllungsanspruchs tritt der Schadensersatzanspruch nach § 437 Nr. 3, §§ 280, 281 BGB. Dieser richtet sich also danach, was der Käufer erhalten hätte, wenn der Verkäufer seiner Pflicht zur Nacherfüllung ordnungsgemäß nachgekommen wäre, da dies der maßgebliche Anknüpfungspunkt für die Bestimmung des auszugleichenden positiven Interesses ist. [12] Weil der Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung an die Stelle des (Nach-)Erfüllungsanspruchs tritt, kann der Umfang jenes Anspruches nicht ohne Blick auf die (ggf. wechselseitigen) Pflichten der Parteien bei der Nacherfüllung bestimmt werden. Muss sich der Käufer unter Berücksichtigung der Grundzüge des Abzugs „neu für alt“ bei der kaufrechtlichen Nacherfüllung an den Kosten der Nacherfüllung beteiligen, kann für den Schadensersatzanspruch nach § 437 Nr. 3, §§ 280, 281 BGB nichts Anderes gelten. Ist das nicht der Fall, hat das Auswirkungen auf den Schadensersatz schon deshalb, weil kein Anreiz für den Verkäufer bestehen soll, die Nachbesserung nicht durchzuführen, um bei dem folgenden Schadensersatzanspruch in den Genuss eines Abzuges „neu für alt“ zu kommen (…). Ob und in welchem Umfang Vorteile zu berücksichtigen sind, die der Käufer durch die Nacherfüllung erlangt, wird allerdings unterschiedlich beurteilt. [13] Zum Teil wird vertreten, eine durch die Nachbesserung eingetretene Wertverbesserung im Sinne einer längeren Lebensdauer sei ebenso wie andere Wertverbesserungen der Kaufsache wegen der Erneuerung nicht unmittelbar durch den Mangel betroffener Teile der Kaufsache durch den Käufer auszugleichen Denn der Käufer dürfe durch die Nachbesserung nicht besser stehen, als er stünde, wenn der Verkäufer von Anfang an ordnungsgemäß erfüllt hätte. Jura Intensiv Urteile zu § 463 S. 2 BGB in der Fassung vom 01.01.1900 bis 31.12.2001, auf die das Berufungsgericht seine Argumente gestützt hatte: BGH, Urteil vom 07.05.2004, V ZR 77/03; Urteil vom 06.12.1995, VIII ZR 270/94 Die zur alten Rechtslage gefassten Grundsätze sind aber nicht übertragbar auf die seit dem 01.01.2002 geltenden Kaufrecht. Grund hierfür ist die Einführung des § 433 I 2 BGB. Sehr erhellend zur Auslegung des Nacherfüllungsanspruchs sowie zu Beteiligung des Käufers an den Kosten zur Nacherfüllung im Wege des Vorteilsausgleichs: BGH RA 09/2021, 453 und RA 03/2022, 113 e.A.: BeckOGK/Höpfner, BGB, § 439 Rn. 125; PWW/Wagner, BGB, 16. Aufl., § 439 Rn. 34; Brambring in Festschrift Wolfsteiner, 2008, 1, 6; außerhalb des Verbrauchsgüterkaufs Gsell, NJW 2003, 1969, (1972). © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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