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RA Digital - 09/2016

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454 Zivilrecht

454 Zivilrecht RA 09/2016 Problem: Anwendbarkeit des allgemeinen Leistungsstörungsrechts auf § 985 BGB Einordnung: Schuldrecht, EBV BGH, Urteil vom 18.03.2016 V ZR 89/15 LEITSATZ Der Eigentümer einer Sache kann, wenn der bösgläubige oder verklagte Besitzer seine Herausgabepflicht nach § 985 BGB nicht erfüllt, unter den Voraussetzungen der § 280 I, III, 281 I, II BGB Schadensersatz der Leistung verlangen. EINLEITUNG Mit dieser Entscheidung knüpft der BGH an die zuvor dargestellte an. In Mittelpunkt steht die Frage der Anwendbarkeit des Leistungsstörungsrechts auf den Herausgabeanspruch gem. § 985 BGB. SACHVERHALT Die Beklagte (B) betreibt Getränkemärkte und beteiligt sich an dem Einkaufsring der deutschen Getränkemärkte (nachfolgend: EKR). Dieser schließt mit der C-GmbH einen Kooperationsvertrag. Danach erhält die C-GmbH die exklusiven Vermarktungsrechte für digitale TV-Werbung und darf in den Getränkemärkten der Mitglieder des EKR Videogerätesysteme aufstellen, die in ihrem Eigentum verbleiben sollen. Ausweislich der Präambel des Kooperationsvertrags werden die teilnehmenden Mitglieder des EKR aus dem Vertrag berechtigt und verpflichtet. Dafür sollen sie Provisionen für die Werbeeinnahmen erhalten. Auf Grundlage dieses Vertrags stellt die C-GmbH 15 Videogerätesysteme in den Getränkemärkten der B auf. Am 30.08.2011 wird der Kooperationsvertrag gekündigt. Die C-GmbH veräußert die Videogeräte daraufhin an die Klägerin (K), die diese von B herausfordert. Da B sich weigert, verlangt K nun von ihr Schadensersatz i.H.v. 7.500 €. Denn sie hätte die Videogerätesysteme im Jahr 2013 für jeweils 500,- € veräußern können. Zu Recht? PRÜFUNGSSCHEMA Jura Intensiv A. Anspruch K gegen B gem. §§ 989, 990 I BGB I. Vindikationslage gem. § 985 BGB 1. Anspruchssteller ist Eigentümer 2. Anspruchsgegner ist Besitzer 3. Kein Recht zum Besitz II. Voraussetzungen der §§ 989, 990 I BGB 1. Bösgläubigkeit des B 2. Verschlechterung der Sache i.S.d. § 989 BGB III. Ergebnis B. Anspruch K gegen B gem. §§ 280 I, III, 281 BGB i.V.m. § 985 BGB I. Anwendbarkeit der §§ 280 I, III, 281 BGB II. Voraussetzungen 1. Erfolglose Fristsetzung 2. Vertreten müssen gem. § 276 I BGB 3. Schaden i.S.d. §§ 249 ff. BGB III. Ergebnis C. Anspruch K gegen B gem. §§ 990 II, 280 I, II, 286 BGB Inhaltsverzeichnis

RA 09/2016 Zivilrecht 455 LÖSUNG A. Anspruch K gegen B gem. §§ 989, 990 I BGB K könnte gegen B einen Anspruch auf Zahlung von 7.500 € aus §§ 989, 990 I BGB haben. I. Vindikationslage Der Anspruch aus §§ 989, 990 BGB setzt zunächst eine Vindikationslage i.S.d. §§ 985, 986 BGB im Zeitpunkt der schädigenden Handlung zwischen den Beteiligten voraus. Prüfung der Vindikationslage 1. Anspruchsteller ist Eigentümer K müsste Eigentümerin der 15 Videogerätesysteme sein. Ursprünglich war die C-GmbH Eigentümerin. Diese könnte es gem. §§ 929 S. 1, 931 BGB an K übertragen haben. K und die durch ihren Geschäftsführer gem. § 164 I BGB i.V.m. § 35 I 1 GmbHG vertretene C-GmbH haben sich auf den Eigentumsübergang geeinigt. Die Einigung wurde gem. § 931 BGB durch die Abtretung des aufgrund der Kündigung entstandenen Herausgabeanspruchs der C-GmbH gegen B gem. § 398 BGB ersetzt. K und die C-GmbH waren sich zu diesem Zeitpunkt auch weiter über den Eigentumsübergang einig. Schließlich war die C-GmbH zur Übertragung des Eigentums berechtigt. Damit ist K Eigentümerin der 15 Videogerätesysteme geworden. 2. Anspruchsgegner ist Besitzer Zudem ist B ihr unmittelbarer Besitzer gem. § 854 I BGB. 3. Kein Recht zum Besitz Weiterhin steht ihm seit der Kündigung und damit einhergehenden Beendigung des Kooperationsvertrags am 30.08.2011 kein Recht zum Besitz i.S.d. § 986 BGB mehr zu. II. Voraussetzungen der §§ 989, 990 I BGB Darüber hinaus müssen auch die Voraussetzungen der §§ 989, 990 I BGB vorliegen. Jura Intensiv 1. Bösgläubigkeit des B Zunächst müsste B bei Besitzerwerb bösgläubig i.S.d. § 990 I BGB gewesen sein. Gem. § 990 I S 1 i.V.m. § 932 II BGB analog ist bei Besitzerlangung bösgläubig, wer den Mangel des Besitzrechts kennt oder durch grobe Fahrlässigkeit nicht kennt. „[8] Sie ist als erlangt anzusehen, wenn ihm entweder die Rechte des Eigentümers durch liquide Beweise dargetan werden oder wenn er über den Mangel seines Besitzrechts in einer Weise aufgeklärt wird, dass sich ein redlicher und vom Gedanken an den eigenen Vorteil nicht beeinflusst Denkender der Überzeugung hiervon nicht verschließen würde.“ Übergabe wurde durch die Abtretung des Herausgabeanspruchs gem. § 931 BGB ersetzt Definition der Bösgläubigkeit i.S.d. § 990 I 1 BGB Diese Definition des grob fahrlässigen Verkennens sollte man sich gut merken. Vorliegend wusste B im Zeitpunkt der behaupteten Schadensentstehung von der Kündigung des Kooperationsvertrags, aus dem sie ihr Besitzrecht ableitete. Da an der Wirksamkeit der Kündigung keine Zweifel bestehen, hatte sie damit von ihrer fehlenden Besitzberechtigung Kenntnis und ist mithin bösgläubig. Inhaltsverzeichnis

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