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RA Digital - 09/2017

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468 Referendarteil:

468 Referendarteil: Zivilrecht RA 09/2017 Anhaltspunkte sprechen gegen eine Sittenwidrigkeit gem. § 138 BGB Für eine Mietminderung genügen unerhebliche Mängel nicht. Mängel müssen auch eine Gebrauchsbeeinträchtigung bewirken. Zulässigkeit ist unproblematisch und kann daher ganz kurz bejaht werden. Keine Anhaltspunkte für vom Urkundsinhalt abweichenden Willen Pflicht zur Mietzahlung besteht unabhängig davon, ob Wohnraummiete oder nicht – deshalb ist diese Frage für die der Vertragspartnerschaft der Klägerin zu 2 unerheblich Grobe Faustregel für die Vollstreckung von Kosten nach § 708 Nr. 11 ZPO: bei Streitwerten von unter 10.000 € liegen die reinen Verfahrenskosten (ohne Beweisaufnahme) in der Regel bei unter 1.250 €. II.1.c) Anhaltspunkte dafür, dass die Unterwerfungserklärung gegen § 138 I oder II BGB verstoßen und aus diesem Grund unwirksam sein könnte, hat bereits das Amtsgericht zutreffend verneint und sind auch nicht ersichtlich. Im Gegenteil sprechen die festgestellten Umstände (Geschäftserfahrenheit der Kläger, fehlende Schufa-Auskunft mangels Meldeanschrift im Inland) gegen einen Sittenverstoß oder die Ausnutzung einer Zwangslage.“ Den Klägern stehen auch keine anderen materiellen Einwendungen gegen den Vollstreckungstitel zu. Dass sie nicht zur Mietminderung berechtigt waren, da die von ihnen geltend gemachten Mängel, soweit sie überhaupt als solche einzuordnen wären, eine allenfalls unerhebliche Gebrauchsbeeinträchtigung zur Folge hatten, ist auf Hinweis des Gerichts im Verfahren unstreitig gestellt worden. Auch die zulässige Klage der Klägerin zu 2 auf Zahlung ist unbegründet. Ihr steht kein Anspruch aus § 812 I 1 1. Alt BGB auf Rückzahlung des von ihr beigetriebenen Betrags zu. Die Klägerin zu 2 schuldete einen monatlichen Betrag von 2.500 € gemäß § 535 II BGB als rückständige Miete. Entgegen ihrer Auffassung ist die Klägerin zu 2 auch Mieterin. Sie ist in der von ihrem gesetzlichen Vertreter, dem Kläger zu 1, unterschriebenen Mietvertragsurkunde ausdrücklich als Mieterin benannt. Anhaltspunkte für einen von der verschriftlichten Erklärung abweichenden Willen der Vertragsparteien sind nicht ersichtlich und nicht vorgetragen. Die gegenteilige Rechtsauffassung der Klägerseite vermengt hingegen die Frage, wer Partei des Mietverhältnisses geworden ist, mit der davon zu trennenden Frage, ob dieses als Wohnraummiete oder als gewerbliche Miete einzuordnen ist. Hierauf kommt es indes für die vorliegende Frage nicht an, da die Verpflichtung des Mieters zur Zahlung der Miete unabhängig von der Einordnung des Vertragsverhältnisses als Wohnraummiete oder gewerbliche Miete besteht. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I 1, 100 I ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO, da Kosten von weniger als 1.250 € angefallen sind. Denn der Streitwert liegt bei nur 7.781,63 €. Gem. § 5 ZPO sind die 2.781,63 € für den Antrag der Klägerin zu 2 und die 5.000 € für den der Klägerin zu 1 zu addieren. Jura Intensiv FAZIT Die Unterwerfungserklärung i.S.d. § 794 I Nr. 1 ZPO ist keine Mietsicherheit im Sinne des § 551 BGB. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 09/2017 Referendarteil: Zivilrecht 469 Problem: Würdigung widersprüchlichen Parteivortrags Einordnung: ZPO I (Beweisrecht), ZPO II BGH, Urteil vom 06.07.2017 IX ZR 271/16 EINLEITUNG Die nachstehende Entscheidung betrifft scheinbar Probleme des Zwangsverwaltungsrechts. Gegenstand ist schließlich die Frage, ob der Zwangsverwalter den vormaligen Eigentümern des Grundstücks kündigen durfte, wenn diese es nunmehr als Mieter einer ihnen gehörenden GmbH nutzen. Bei näherem Hinsehen nimmt der BGH allerdings sehr detailliert Stellung zu Fragen der richterlichen Beweiswürdigung. Die Ausführungen im Urteil sind für das Assessorexamen relevant, weil sie aufklären, wie man widersprüchlichen Parteivortrag würdigt. TATBESTAND Der Kläger begehrt als Zwangsverwalter des streitgegenständlichen Grundstücks die Räumung desselben von den Beklagten. Die Beklagten zu 2 und 3 sind jeweils zur Hälfte Eigentümer eines in L belegenen und von ihnen zusammen mit dem Beklagten zu 4 bewohnten Hauses. Aufgrund einer vollstreckbaren notariellen Urkunde aus dem Jahr 1993 ergibt sich ein dinglicher Anspruch der S gegen die Beklagten zu 2 und 3 aus einer im Grundbuch eingetragenen Grundschuld in Höhe des Grundschuldkapitalbetrags von über 500.000 € nebst Zinsen und Kosten. Am 20.12.2006 vermieteten sie der Beklagten zu 1 - einer GmbH, deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2 ist - das Hausgrundstück mit Ausnahme einer anderweitig vermieteten Einliegerwohnung. Durch Beschluss vom 17.04.2007 ordnete das zuständige Vollstreckungsgericht auf Antrag der S. die Zwangsverwaltung des Hausgrundstücks an und bestellte den Kläger zum Zwangsverwalter. Weiter ermächtigte es ihn, sich selbst den Besitz des Grundstücks zu verschaffen. Dieser nahm das Grundstück am 04.06.2007 in Besitz und kündigte den Mietvertrag mit der Beklagten zu 1) zum 30.09.2012 ordentlich. Jura Intensiv Weil die Beklagten nicht auszogen, hat der Kläger gegen die Beklagten zu 1) bis 4) vor dem Amtsgericht Räumungsklage erhoben. Das Amtsgericht hat der Klage hinsichtlich der Beklagten zu 1 stattgegeben und die Klage gegen die Beklagten zu 2) bis 4) abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das LG das Urteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, § 149 I ZVG setze die Wohnnutzung des zwangsverwalteten Grundstücks bei Beschlagnahme kraft Eigentums und unmittelbaren Eigenbesitzes durch den Verfahrensschuldner und seine mitwohnenden Familienangehörigen voraus. Der Wohnungsschutz für den Verfahrensschuldner und mitwohnende Angehörige entfalle, wenn das Grundstück vor der Beschlagnahme vollständig an einen Dritten zur alleinigen Nutzung vermietet und übergeben worden sei. Das gelte auch, wenn der LEITSATZ DER REDAKTION Sofern dabei keine Beweisanträge zulasten dieser Partei übergangen werden, darf das Gericht im Rahmen der freien Beweiswürdigung nach § 286 I ZPO auf widersprüchlichen Parteivortrag zulasten dieser Partei würdigen; insbesondere wenn dieser nach Ergehen eines zurückverweisenden Urteils an die Ausführungen des Urteils angepasst wird und im Widerspruch zum weiter aufrechterhaltenen bisherigen Vortrag steht. Bei diesen Passagen, die eine Berufung gegen ein erstes Urteil betreffen, handelt es sich um Prozessgeschichte, die daher im Perfekt Indikativ steht. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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