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RA Digital - 09/2017

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472 Referendarteil:

472 Referendarteil: Zivilrecht RA 09/2017 Im Ausgangsfall handelte es sich um eine Entscheidung des zuständigen BGH-Senats vom 21.04.2016, IX ZR 72/14 Zur Frage der vorläufigen Vollstreckbarkeit nahm der BGH keine Stellung. Diese kann aber bei der Kündigung des Zwangsverwalters nicht anders erfolgen als bei der eines Vermieters. Der Vortrag der Beklagten war auch in diesem Sinne widersprüchlich. Sie haben erst nach Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht - mithin zu einem Zeitpunkt, als den Parteien aufgrund der Entscheidung des Berufungsgerichts bekannt war, dass es für die Entscheidung des Falles maßgeblich darauf ankommen werde, ob die Beklagten das zwangsverwaltete Grundstück bei der Beschlagnahme zu Wohnzwecken kraft Eigentums und unmittelbaren Eigenbesitzes genutzt hätten - einerseits vorgetragen, nach Abschluss des Mietvertrages habe die Beklagte zu 1) den Beklagten das vermietete Anwesen als Teil des Sachbezugs für die Leistungen des Beklagten zu 2) als Geschäftsführer belassen. Dies setzt notwendig voraus, dass der Beklagten zu 1) aufgrund des Mietvertrages der Besitz an dem Anwesen übertragen worden war. Andererseits haben sie vorgetragen, die Beklagten zu 2) und 3) hätten den Besitz an dem vermieteten Anwesen nicht auf die Beklagte zu 1) übertragen. Des Weiteren ist der Vortrag, der Mietvertrag mit der Beklagten zu 1) sei nicht vollzogen worden, weder mit dem Verhalten der Beklagten im Zwangsverwaltungsverfahren noch mit ihrem erstinstanzlichen Vortrag in Übereinstimmung zu bringen. Weitere Rechte auf Besitz gegenüber dem Kläger machen die Beklagten nicht geltend. Sie haben nach Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht ausdrücklich in Abrede gestellt, mit der Beklagten zu 1) einen Untermietvertrag geschlossen zu haben. Auf den Mieterschutz des § 565 BGB haben sie sich nicht berufen. Auch haben sie mit Recht gegenüber dem Kläger keine etwaigen Rechte des Beklagten zu 2) aus dem Anstellungsvertrag mit der Beklagten zu 1) geltend gemacht. Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 91 I 1, 100 IV ZPO sowie § 708 Nr. 7 ZPO analog. Dieser war dem Wortlaut nach zwar nicht gegeben, da der Kläger nicht Vermieter, sondern Zwangsverwalter war. Allerdings ist das von ihm ausgeübte Kündigungsrecht das eines Vermieters, das lediglich im Rahmen der Zwangsverwaltung auf ihn übergegangen war, weshalb bei vorliegender Regelungslücke eine Vergleichbarkeit der Sachverhalte vorliegt. Jura Intensiv FAZIT Mit Abschluss des Mietvertrags, auf den sich die Beklagten hier maßgeblich berufen haben und der einen Ausschluss des Kündigungsrechts des Vermieters beinhaltete, haben die Beklagten offenbar versucht, ihre Gläubiger auszutricksen. Dies ist gründlich in die Hose gegangen. Dafür boten sie dem BGH gleich zweimal Gelegenheit zur Klarstellung von Rechtsfragen. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 09/2017 NEBENGEBIETE Nebengebiete 473 Arbeitsrecht AGB-Kontrolle und „blue-pencil-Test“ Einordnung: Abgrenzung zur geltungserhaltenden Reduktion LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.03.2017 8 Sa 289/16 EINLEITUNG Im Rahmen einer gerichtlichen Klausel-Kontrolle werden einzelne Klauseln häufig nicht Vertragsbestandteil. In solchen Fällen bleibt der Vertrag als solcher wirksam (§ 306 I BGB), und an die Stelle der unwirksamen Klausel tritt das Gesetz (§ 306 II BGB). Das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion kann man an § 306 II BGB festmachen, denn eine teilweise Aufrechterhaltung unwirksamer Klauseln (= geltungserhaltende Reduktion) würde entgegen § 306 II BGB nicht zur Anwendung des Gesetzes führen, sondern zu einer (teilweisen) Weitergeltung der unwirksamen Klausel. Hier stellt sich nun häufig das Problem, zu klären, wo eine einzelne Regelung bzw. Vertragsklausel anfängt und wo sie aufhört, denn das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion gilt immer nur für eine einzelne Regelung. Diese Frage beantworten die Gerichte in der Weise, dass sie die rechtlich unzulässigen Teile einer vertraglichen Vorschrift gedanklich mit einem „blauen Stift“ wegstreichen. Wenn dieser „blue-pencil-Test“ dazu führt, dass von einer Regelung noch ein sprachlich und inhaltlich sinnvoller Teil übrig bleibt, bleibt dieser Teil der Regelung von der Unwirksamkeit verschont. SACHVERHALT Im Streitfall hatte ein Einzelhändler eine stellvertretende Filialleiterin befristet für ein Jahr eingestellt. Das Arbeitsverhältnis sollte vom 01.04.2015 bis zum 31.03.2016 bestehen. Unter der Überschrift „§ 2 Kündigungsfristen + Probezeit“ enthielt der Vertrag folgende Regelung: Jura Intensiv „1. Dieser Vertrag bedarf keiner Kündigungsfrist. Er endet automatisch mit Ablauf des unter § 1 bestimmten Beendigungstermins. 2. Die ersten 3 Monate des Anstellungsverhältnisses werden als Probezeit vereinbart. Innerhalb dieser Zeit kann das Anstellungsverhältnis von beiden Seiten mit einer Frist von 2 Wochen gekündigt werden. LEITSÄTZE 1. Ist in einem befristeten Formulararbeitsvertrag geregelt, dass der Vertrag nach Ablauf der Probezeit beiderseits mit einer Frist von zwei Wochen zur Monatsmitte oder zum Monatsende kündbar ist, so folgt aus der Unwirksamkeit der zu kurzen Kündigungsfrist nach § 134 BGB nicht zugleich auch die Unwirksamkeit der Möglichkeit zur ordentlichen Kündigung. 2. § 306 IBGB stellt eine § 139 BGB insoweit vorgehende Spezialregelung dar. Danach bleibt bei ganz oder teilweiser Unwirksamkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung der Vertrag im Übrigen wirksam. Maßgeblich für die Teilbarkeit der Klausel ist, ob sie mehrere sachliche Regelungen enthält und der unzulässige Teil sprachlich eindeutig bei Anwendung des blue-pencil-Tests abtrennbar ist. Generell zur AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht: Schweinberger, JI-Skript Arbeitsrecht, Rn 169 ff. 3. Nach der Probezeit ist der Vertrag beiderseits mit einer Frist von zwei Wochen zur Monatsmitte oder zum Monatsende kündbar.“ Kurz vor Ablauf der sechsmonatigen Wartezeit, nach welcher der Arbeitgeber ab einer Betriebsgröße von 10,25 Arbeitnehmern den Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) beachten muss, kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis mit korrekt berechneter vierwöchiger Frist zum Ende Oktober 2015. Die Arbeitnehmerin war der Meinung, dass eine ordentliche Kündigung gemäß § 15 III TzBfG ausgeschlossen war, denn sie hielt die Regelung in § 2 III des Arbeitsvertrages für nicht teilbar und daher für insgesamt unwirksam. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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