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RA Digital - 09/2018

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470 Referendarteil:

470 Referendarteil: Zivilrecht RA 09/2018 Auch hier ist, da es sich um einen Beschluss handelt, nicht das Zitat der Anträge erforderlich. Die sofortige Beschwerde gem. § 793 ZPO gegen eine die Erinnerung zurückweisende Entscheidung ist eine typische Prüfungsaufgabe des Assessorexamens. Ist, wie hier, die Zulässigkeit unproblematisch, sollten Sie nur ganz kurz die für die Statthaftigkeit maßgeblichen Normen zitieren. Ausführungen zur Zuständigkeit (entfallen hier aus Platzgründen) und zum Rechtsschutzbedürfnis sind üblich. Eingegangen werden darf auch auf die Frist gem. § 569 I ZPO, insbesondere, wenn der Sachverhalt die Prüfung als problematisch herausfordert. Hier liegt der Grund der höchstrichterlichen Entscheidung. Ein nicht rechtskräftiges Feststellungsurteil genügt nicht zum Nachweis gem. § 765 ZPO. Die Vollstreckungsvoraussetzung der Erbringung der Gegenleistung oder des Annahmeverzugs mit der Gegenleistung muss gem. § 765 ZPO durch eine öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde nachgewiesen sein Ist bewiesen, dass die Schuldnerin hinsichtlich der Übergabe und Übertragung des Eigentums an 2.500.000 Stück Aktien (so die juristisch korrekte Bezeichnung, nicht allein „2.500.000 Aktien“) befriedigt ist? § 417 ZPO: Beweiswert öffentlicher Urkunden Das Urteil ist eine öffentliche Urkunde, die beweist, dass es ergangen ist. Es erbringt nicht den Beweis der inhaltlichen Richtigkeit, BGH, Urteil vom 15.03.2012, IX ZR 239/09. Die vom Schuldner gegen den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gem. § 766 ZPO eingelegte Vollstreckungserinnerung, mit der der Schuldner die Aufhebung des Beschlusses erstrebt hat, hat das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Schuldners, der die Aufhebung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 22.3.2016 und die Zurückweisung des Antrags der Gläubigerin erreichen will. II. Die gemäß §§ 793 ZPO gegen die Erinnerungsentscheidung des Vollstreckungsgerichts als Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Sie ist gem. §§ 793, 128 IV, 766 I, 764 III ZPO statthaft, weil sie sich gegen eine Entscheidung des Vollstreckungsgerichts richtet, die ohne mündliche Verhandlung ergehen konnte. Denn sie erging gem. § 764 III ZPO durch Beschluss, der gem. § 128 IV ZPO keine mündliche Verhandlung erforderte. Es besteht Rechtsschutzbedürfnis, weil die Zwangsvollstreckung begonnen wurde und noch nicht beendet ist. Entgegen den Ausführungen des Vollstreckungsgerichts hat die Gläubigerin den erforderlichen Beweis, dass der Schuldner im Verzug der Annahme sei, nicht bereits durch das Urteil des Landgerichts M. vom 22.02.2016 ausreichend im Sinne des § 765 ZPO geführt. Denn anders als das Vollstreckungsgericht ausführt, steht dem die bislang fehlende Rechtskraft dieses Urteils entgegen. „[9] Hängt die Vollstreckung von einer Zug um Zug zu bewirkenden Leistung des Gläubigers an den Schuldner ab, so darf das Vollstreckungsgericht nach § 765 Nr. 1 1. Halbsatz ZPO eine Vollstreckungsmaßregel nur anordnen, wenn der Beweis, dass der Schuldner befriedigt oder im Verzug der Annahme ist, durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde geführt wird und eine Abschrift dieser Urkunde bereits zugestellt ist. Für die Beweisführung durch eine öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde kommt es auf deren Beweiskraft an, die nach den §§ 415 ff. ZPO zu beurteilen ist. Jura Intensiv [10] Im Streitfall geht es um die Frage, ob der Beweis, dass der Schuldner hinsichtlich der Zug um Zug zu bewirkenden Leistung der Gläubigerin (Übergabe und Übertragung des Eigentums an 2.500.000 Stück Aktien der C. AG) befriedigt ist (§ 765 Nr. 1 Halbsatz 1 Fall 1 ZPO), durch das nicht rechtskräftige Feststellungsurteil des Landgerichts M. vom 22.2.2016 geführt wird. Das ist nicht der Fall. [11] Nach § 417 ZPO begründen die von einer Behörde ausgestellten, eine amtliche Anordnung, Verfügung oder Entscheidung enthaltenden öffentlichen Urkunden vollen Beweis ihres Inhalts. Dies bedeutet, dass die Urkunde über den Erlass eines Urteils nach § 417 ZPO den Beweis dafür erbringt, dass die darin beurkundete Entscheidung ergangen ist, nicht jedoch den Beweis für ihre inhaltliche Richtigkeit. [12] Hat der Gläubiger, der aus einem Zug-um-Zug-Titel vollstrecken will, im Hinblick auf §§ 765, 756 ZPO eine Feststellungsklage erhoben mit dem Ziel, festzustellen, dass der Schuldner hinsichtlich der vom Gläubiger Zug um Zug zu erbringenden Gegenleistung befriedigt ist, hängt die materielle Beweiskraft eines daraufhin ergangenen Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 09/2018 Referendarteil: Zivilrecht 471 Feststellungsurteils von seiner Rechtskraft ab. Der gerichtliche Feststellungsausspruch erlangt für die Parteien Bindungswirkung erst mit der Rechtskraft des Feststellungsurteils. Nach Eintritt der Rechtskraft richtet sich das Rechtsverhältnis der Parteien nach dem Inhalt der getroffenen Feststellung, ohne dass eine der Parteien geltend machen könnte, die Feststellung sei inhaltlich unrichtig getroffen worden. [13] Anders als die Rechtsbeschwerdeerwiderung meint, ergibt sich daraus, dass nicht der Rechtskraft fähige öffentliche Urkunden zum Nachweis dafür, dass der Schuldner hinsichtlich einer Zug um Zug zu bewirkenden Gegenleistung befriedigt ist, herangezogen werden können, nicht, dass im Zusammenhang mit der nach §§ 765, 756 ZPO geforderten Beweisführung durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde in keinem Fall auf den Eintritt der Rechtskraft eines Urteils abgestellt werden darf. Welche Beweiswirkung sich aus einer öffentlichen Urkunde ergibt, bestimmt sich jeweils unter Heranziehung der §§ 415 ff. ZPO. Die formelle Beweiskraft eines nicht rechtskräftigen Feststellungsurteils, mit dem festgestellt wird, dass der Schuldner hinsichtlich der Gegenleistung befriedigt ist, ermöglicht daher gerade nicht die Beweisführung dafür, dass dies tatsächlich der Fall ist. Die dem Feststellungsurteil zugrunde liegende rechtliche Bewertung des Gerichts wird zwischen den Parteien des Verfahrens erst verbindlich, wenn das Urteil rechtskräftig ist. [14] Eine andere Betrachtung ist nicht geboten, weil in der Rechtsprechung die Möglichkeit anerkannt ist, im Erkenntnisverfahren einen Zug um Zug gegen Erbringung einer Gegenleistung gestellten Zahlungsantrag mit dem Antrag zu verbinden, festzustellen, der Beklagte befinde sich in Bezug auf die Gegenleistung im Verzug der Annahme. In diesem Fall rechtfertigt das aus prozessökonomischen Gründen anzuerkennende rechtliche Interesse des Gläubigers gemäß § 256 I ZPO, seinen Zug um Zug gestellten Zahlungsantrag mit einem Feststellungsantrag zum Vorliegen des Annahmeverzugs zu verbinden. Die durch diese Feststellung bezweckte Beweisführung im Sinne des § 765 Nr. 1 Halbsatz 1 Fall 2 ZPO ist schon dann anzuerkennen, wenn die Voraussetzungen für die Vollstreckung des Leistungsurteils, mit dem der Feststellungsausspruch lediglich als Annex verbunden ist, gegeben sind. Die von der Gläubigerin nachträglich erhobene Feststellungsklage betrifft indes die Feststellung, dass der Schuldner durch den Verkauf der 2.500.000 Stück Aktien der C. AG hinsichtlich der ihm aus dem Urteil des Landgerichts M. Vom 6.2.2012 Zug um Zug gebührenden Übergabe und Übertragung dieser Aktien befriedigt ist (§ 765 Nr. 1 Halbsatz 1 Fall 1 ZPO). Jura Intensiv [15 ] An einer solchen rechtskräftigen Feststellung, dass der Schuldner hinsichtlich der Zug um Zug zu erbringenden Gegenleistung, der Übergabe und Übertragung des Eigentums an 2.500.000 Aktien der C. AG, befriedigt ist, fehlt es hier. Das Urteil des Landgerichts M. Vom 22.2.2016, in dem festgestellt wird, dass der Schuldner hinsichtlich der ihm aus dem Urteil des Landgerichts M. Vom 6.2.2012 gebührenden Zug-um-Zug-Leistung befriedigt ist, ist nicht rechtskräftig.“ Die Beweiskraft des Feststellungsurteils für seinen Inhalt besteht erst ab Rechtskraft. Rechtskraftwirkungen Der Gläubiger hatte hier argumentiert, es gebe ja auch andere Urkunden, die den Beweis erbringen können und die nicht der Rechtskraft bedürfen. Dem folgte der BGH nicht. Beweiswirkung ergibt sich aus den §§ 415ff ZPO Berücksichtigung der besonderen Wirkungen der Rechtskraft Die Möglichkeit, einen Feststellungsantrag bereits im Erkenntnisverfahren zu stellen, ist die aus prozessökonomischen Gründen gewährte Ausnahme der Grundregel, dass es der Rechtskraft bedarf, BGH, Urteil vom 28.10.1987, VIII ZR 206/86. Beim Feststellungs-Annexantrag genügt es für den Beweiswert der öff. Urkunde, dass die übrigen Vollstreckungsvoraussetzungen hinsichtlich des Leistungsurteils gegeben sind. Hier liegt kein solcher privilegierter Annex-Antrag vor, so dass die fehlende Rechtskraft entgegensteht. Weil der Annex-Antrag nicht gestellt wurde, erhob der Gläubiger die Feststellungsklage, die aber erst bei Rechtskraft den Nachweis gem. § 765 ZPO erbringt. Daran fehlt es hier. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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