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RA Digital - 09/2018

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484 Öffentliches Recht

484 Öffentliches Recht RA 09/2018 Abgrenzung der Risikosphären Verkürzte Vorlauffrist nicht für effektives behördliches Handeln notwendig, da strikt zwischen Zulässigkeit von Gefahrenabwehrmaßnahmen (Primärebene) und Kostentragungspflicht (Sekundärebene) zu unterscheiden ist. Fazit: Mindestvorlauf von 3 vollen Tagen Keine längere oder kürzere Frist bei Sonn-, Feier- oder Ferientagen Keine stundengenaue Berechnung, da unpraktisch Entgegen der im Berufungsurteil vertretenen Auffassung ist ein kurzfristig angeordnetes Haltverbot nicht regelmäßig der Risikosphäre des Fahrzeugverantwortlichen zuzuordnen. […] Dies gilt erst recht bei einer für eine private Sondernutzung angeordneten Haltverbotszone, wie etwa zur Durchführung eines Straßenfestes oder - wie hier - zur Erleichterung von Umzügen. Es ist auch nicht erkennbar, dass die Verkürzung der Vorlauffrist auf 48 Stunden zur Gewährleistung einer hinreichend flexiblen Handlungsmöglichkeit der Straßenverkehrsbehörden erforderlich sein könnte. Zum Einen ist die Möglichkeit, erforderliche Gefahrenabwehrmaßnahmen (auf der Primärebene) tatsächlich durchführen zu können, nicht von der Frage abhängig, von wem (auf der Sekundärebene) die Kosten hierfür getragen werden müssen. Zum Anderen ist nicht ersichtlich, dass die seit vielen Jahren in den meisten Bundesländern praktizierte Vorlauffrist von drei vollen Tagen zu Funktionsdefiziten geführt hätte. Die Erforderlichkeit von Haltverbotsregelungen - etwa aus Anlass von Bauarbeiten, Straßenfesten oder Umzügen - ist regelmäßig auch im großstädtischen Raum deutlich vorher bekannt. […] Ausreichende Gründe, den Fahrzeugverantwortlichen mit einer Obliegenheit zu belasten, alle 48 Stunden nach dem abgestellten Fahrzeug zu sehen und ggf. Vorsorge durch die Beauftragung anderer Personen zu treffen, bestehen damit nicht. Angemessen ist vielmehr ein Mindestvorlauf von drei vollen Tagen. Nur ein solcher Vorlauf deckt auch eine typische Wochenendabwesenheit ab. Bei der Berechnung der Vorlaufzeit hat im Interesse der Rechtsklarheit und einer praktikablen Handhabung, eine Differenzierung nach Wochentagen oder Ferienzeiten grundsätzlich zu unterbleiben. Auch an Sonn-, Feier- oder Ferientagen kommt der Straßenverkehr nicht zum Erliegen; […]. Jura Intensiv Aus denselben Gründen findet auch eine stundenscharfe Berechnung mit den hieraus folgenden Protokollierungserfordernissen nicht statt. Ein derart kleinteiliger Maßstab erscheint für die Bewältigung solcher Vorgänge des täglichen Lebens nicht angemessen.“ Da die Mindestvorlaufzeit von drei vollen Tagen hier nicht eingehalten wurde, muss K die entstandenen Kosten nicht tragen. FAZIT Examensrelevant sind folgende Feststellungen des BVerwG: • Die Mindestvorlaufzeit bei nachträglich aufgestellten Haltverbotsschildern ist nur relevant für die Kostentragung (Sekundärebene), nicht aber für die Rechtmäßigkeit der Vollstreckungsmaßnahme (Primärebene). • Die Mindestvorlaufzeit beträgt 3 volle Tage, unabhängig davon, ob es sich um Werktage, Sonntage, Feiertage oder Ferientage handelt. Eine stundengenaue Berechnung ist nicht praktikabel und scheidet daher aus. Für Examenskandidaten in NRW ist das Urteil des BVerwG besonders bedeutsam, wird damit doch die ständige Rechtsprechung des OVG Münster korrigiert. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 09/2018 Referendarteil: Öffentliches Recht 485 Speziell für Referendare Problem: Verbot einer Werbeanlage mit politischem Inhalt im Nahbereich einer Bundesfernstraße im Außenbereich Einordnung: Baurecht VG Neustadt (Weinstraße), Urteil vom 25.01.2018, 4 K 721/17.NW OVG Koblenz, Beschluss vom 20.7.2018, 8 A 10199/18 EINLEITUNG Das Verwaltungsgericht Neustadt (Weinstraße) hatte über eine Anfechtungsklage zu entscheiden, mit der sich der Kläger gegen eine Beseitigungs- und Unterlassungsverfügung für an einer Bundesfernstraße im Außenbereich aufgestellte Schilder wehrt, mit der er seine Kritik gegen die neu geplante Straßenführung der Bundesfernstraße zum Ausdruck bringt. Er sah sich durch die Verfügung insbesondere in seiner Meinungsfreiheit verletzt, was die Gerichte jedoch nicht bestätigten. TATBESTAND „Der Kläger begehrt die Aufhebung einer Beseitigungsverfügung betreffend zwei Schilder mit der Aufschrift „Die neue Weinstraße Erlebniswelt??? B 271 West neu?“, die er im Außenbereich der Gemeinde A... aufgestellt hatte. Er ist ein eingetragener Verein mit über 300 Mitgliedern, der sich seit über 20 Jahren für eine naturschonendere und kostengünstigere Straßenführung der B 271 einsetzt. Als im Jahr 2015 die Detailplanung für den zweiten Abschnitt der „B 271 West“ abgeschlossen wurde, stellte er die beiden genannten Schilder auf den Außenbereichsgrundstücken Flurstücknummern ..., ... und ... entlang der Bundesstraße B 271 auf. Das eine Schild stand direkt hinter der Leitplanke, das andere etwas weiter von der Straße entfernt, jedenfalls aber nicht weiter als 20 Meter. Bei einer Ortskontrolle des Landesbetriebes für Mobilität am 27. Januar 2016 fielen die beiden Schilder auf und der Landesbetrieb meldete sie dem Beklagten. Jura Intensiv Der Beklagte erließ nach erfolgter Anhörung des Klägers am 16. März 2016 einen Bescheid, in dem er den Kläger aufforderte, bis zum 24. März 2016 die beiden Schilder ersatzlos zu beseitigen. Weiterhin wurde es ihm untersagt, zukünftig Schilder an anderer Stelle im Landkreis Bad Dürkheim ohne Vorlage einer bauaufsichtlichen Genehmigung zu errichten. Für den Fall der nicht fristgerechten Beseitigung bzw. einer Aufstellung einer Werbeanlage an anderer Stelle im Landkreis Bad Dürkheim ohne bauaufsichtliche Genehmigung drohte der Beklagte die Ersatzvornahme an und ordnete die sofortige Vollziehbarkeit des Bescheides an. Hiergegen legte der Kläger am 23. März 2016 Widerspruch ein mit dem Antrag, den Bescheid vom 16. März 2016 aufzuheben und festzustellen, dass ihm ein Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung zustehe. Zudem entfernte er die Schilder. Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Mai 2017, der am 22. Mai 2017 beim Klägervertreter einging, stellte der Kreisrechtsausschuss des Beklagten fest, dass ein Anspruch auf die Baugenehmigung für den Zeitraum bestehe, in dem die öffentliche Auslegung und die Einwendungsfrist im LEITSÄTZE [...] 7. Das Verbot, Werbeanlagen mit politischem Inhalt im Nahbereich einer Bundesfernstraße im Außenbereich aufzustellen, stellt keinen ungerechtfertigten Eingriff in den Schutzbereich der Meinungsfreiheit dar. 8. Die Bauaufsichtsbehörde kann ohne konkreten Verstoß gegen baurechtliche Vorgaben nicht mit vorbeugenden Verwaltungsakten vorsorgliche Unterlassungsgebote zu deren Einhaltung bestimmen, die im Falle der Zuwiderhandlung mit den Mitteln der Verwaltungsvollstreckung durchgesetzt werden können. Ein Einleitungssatz ist nicht erforderlich, wenn im Rubrum unter „wegen“ eine Zusammenfassung des Streitstandes erfolgt. Zustände und Beschreibungen, die die Gegenwart betreffen, werden in der Geschichtserzählung im Indikativ Präsens wiedergegeben. Übrige unstreitige Geschichtserzählung: Indikativ Imperfekt Rechtsbegriffe, zu denen auch der Begriff der „Anhörung“ zählt, sollten im Tatbestand vermieden werden. Alternative Formulierungen: „Nachdem der Beklagte dem Kläger die Möglichkeit eingeräumt hatte, zu einer beabsichtigten .... Stellung zu nehmen, erließ er einen Bescheid, mit dem er ... .“ Wichtig: Alle Verfügungspunkte des Bescheides genau wiedergeben. Widerspruchsverfahren als Teil des Verwaltungsverfahrens: Indikativ Imperfekt Das Zugangsdatum war hier zur Verdeutlichung der Einhaltung der Klagefrist zu nennen. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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