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RA Digital - 09/2018

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486 Referendarteil:

486 Referendarteil: Öffentliches Recht RA 09/2018 Begründung des Widerspruchsbescheids: Konjunktiv Präsens Klageerhebung: Indikativ Perfekt Klagebegründung: Konjunktiv Präsens Anträge: Indikativ Präsens Der - in der Praxis übliche - Verweis auf die Begründung des Bescheids und Widerspruchsbescheids vermeidet Wiederholungen. Planfeststellungsverfahren für den Neubau der B 271 auf der Gemarkung A... läuft, und wies den Widerspruch im Übrigen zurück. Die Schilder seien genehmigungsbedürftige Hinweisschilder, die mit den in § 52 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 Landesbauordnung – LBauO – genannten baulichen Anlagen vergleichbar seien. Es handele sich nicht um Werbeanlagen, weil sie keinen gewerblichen Zweck verfolgten. Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz – GG – gebiete, dass der Kläger im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens seine Meinung äußern dürfe. Die Meinungsfreiheit des Klägers überwiege zurzeit aber nicht das Interesse der Allgemeinheit, den Außenbereich grundsätzlich von baulichen Anlagen freizuhalten, denn zum Überwiegen der Meinungsfreiheit müsse es einen konkreten Anlass geben, warum der Kläger genau an einer bestimmten Stelle seine Meinung kundtun wolle. Dies sei nur der Fall, wenn der Plan öffentlich bekannt gemacht worden sei und die Einwendungsfrist zu laufen begonnen habe. Der Kläger hat am 22. Juni 2017 Klage erhoben. Er meint, die Verfügung verletze ihn in seinem Recht auf Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG, indem sie ihm jegliche gesellschaftliche und politische Äußerung durch das Aufstellen von Schildern ohne vorherige Einholung einer Baugenehmigung verbiete. Das Recht auf Meinungsfreiheit schütze auch die Form der Verbreitung einer Meinung. § 52 LBauO erfülle nicht die Anforderungen des Gesetzesvorbehalts des Art. 5 Abs. 2 GG. Er sei nicht meinungsneutral und mithin kein allgemeines Gesetz. § 52 Abs. 3 und Abs. 6 LBauO enthielten Privilegierungen für bestimmte Arten der Meinungsäußerung. Es sei nicht einzusehen, warum die in § 52 Abs. 3 und Abs. 6 LBauO privilegierten Personen und Körperschaften keine Genehmigung für das Aufstellen von Schildern im Außenbereich benötigten, der Bürger hierfür aber ein kostenpflichtiges Genehmigungsverfahren durchlaufen müsse. Der Beklagte gehe lediglich gegen seine Schilder vor; er dulde in großem Umfang das Aufstellen von Werbeanlagen im Außenbereich. Zudem hätten die Befürworter der Westumfahrung gleich große Schilder im Außenbereich aufgestellt, ohne dass der Landesbetrieb Mobilität dem Beklagten einen Hinweis darauf gegeben habe oder der Beklagte eingeschritten sei. Auch der Landesbetrieb Mobilität stelle Werbeanlagen mit dem Motto „Wir bauen für Sie“ im Außenbereich ohne Baugenehmigung auf. Die Beseitigungsund Unterlassungsverfügung diene allein dem Zweck, eine Meinungsäußerung des Klägers zur geplanten Straßenführung zu verhindern. [...] Jura Intensiv Der Kläger beantragt, die Verfügung vom 16. März 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Mai 2017 aufzuheben. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Er verweist zur Begründung auf die Verfügung vom 16. März 2016 und den Widerspruchsbescheid und führt weiter aus: Die in Bezug genommenen anderen Werbeanlagen seien zum größten Teil entfernt worden bzw. würden in naher Zukunft entfernt. Über etwaige im Landkreis Bad Dürkheim aufgestellte Schilder bzgl. der Befürwortung einer Weststraße der B 271 liege ihm keine Information vor. Die Aufstellung von Hinweisschildern des Landesbetriebs Mobilität sowie von Wahlwerbeschildern für die Dauer des Wahlkampfes sei gem. § 52 Abs. 3 Nr. 4, Abs. 6 Nr. 4 LBauO zulässig. [...]“ Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 09/2018 Referendarteil: Öffentliches Recht 487 ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE „Die zulässige Klage hat nur teilweise Erfolg. Der Bescheid vom 16. März 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Mai 2017 ist zum Teil rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO –). Die auf der Grundlage von § 81 Abs. 1 der LBauO erlassene Beseitigungsverfügung (Ziffer 1 des Bescheides) ist rechts- und ermessensfehlerfrei ergangen. Nach dieser Vorschrift kann die Baubehörde, wenn bauliche Anlagen gegen baurechtliche oder sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften über die Errichtung, Änderung, die Instandhaltung oder die Nutzungsänderung dieser Anlagen verstoßen, deren teilweise oder vollständige Beseitigung anordnen, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Die Schilder verstoßen gegen baurechtliche Vorschriften. Sie sind formell und materiell baurechtswidrig. Sie sind formell baurechtswidrig, weil es sich dabei um gemäß § 61 LBauO genehmigungspflichtige Bauvorhaben handelt und keine Baugenehmigung dafür existiert. Sie sind auch materiell baurechtswidrig, weil sie nicht mit dem Bauordnungsrecht, dem Bauplanungsrecht und dem im Genehmigungsverfahren zu beachtenden Straßenrecht vereinbar sind. Die Schilder stehen nicht im Einklang mit der bauordnungsrechtlichen Vorschrift des § 52 Abs. 3 Satz 1 LBauO. Danach sind außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile Werbeanlagen unzulässig. Bei den Schildern handelt es sich um Werbeanlagen i.S.d. § 52 Abs. 1 Satz 1 LBauO, d.h. um ortsfeste Einrichtungen, die der Ankündigung oder Anpreisung oder als Hinweis auf Gewerbe oder Beruf dienen und vom öffentlichen Verkehrsraum aus sichtbar sind. „Schilder“ sind in der Aufzählung in § 52 Abs. 1 Satz 2 LBauO explizit genannt. Entscheidend für den Charakter als Werbeanlage ist der Ankündigungs- oder Hinweischarakter dieser Einrichtung. Die vom Kläger aufgestellten Schilder enthalten zwar keinen Hinweis auf ein Gewerbe oder einen Beruf, sondern Kritik an der geplanten neuen Straßenführung der B 271. Aus der allgemein gehaltenen Fassung der Vorschrift und der Bezugnahme auch auf kirchliche, kulturelle, politische, sportliche und ähnliche Veranstaltungen in Abs. 4 folgt aber, dass von ihr nicht nur die Wirtschaftswerbung erfasst werden soll, sondern auch die ideelle Werbung. Das ergibt sich auch insbesondere daraus, dass in Abs. 6 die Wahlwerbung ausdrücklich ausgenommen ist. Eine solche Ausnahme ist nur nötig, wenn Werbung zu politischen Zwecken grundsätzlich unter die Vorschrift fällt. Jura Intensiv Die Schilder sind unzulässig, weil sie weder unter einen Ausnahmetatbestand im § 52 Abs. 3 LBauO fallen, noch gemäß § 52 Abs. 6 Nr. 4 LBauO vom Anwendungsbereich des § 52 LBauO ausgenommen sind. Die Schilder unterfallen insbesondere nicht § 52 Abs. 6 Nr. 4 LBauO, wonach die Bestimmungen dieses Gesetz nicht anzuwenden sind auf Wahlwerbung für die Dauer eines Wahlkampfes. Zusammenfassenden Ergebnissatz voranstellen. In einer Klausur muss klargestellt werden, welcher Teil bzw. welche Ziffern der Verfügung rechtmäßig bzw. rechtswidrig sind. Prüfung der Beseitigungsverfügung Eine Rechtsgrundlage für eine Beseitigungsverfügung findet sich in allen BauO der Länder. Formelle Baurechtswidrigkeit/Illegalität Materielle Baurechtswidrigkeit/Illegalität Hier: 1. Verstoß gegen Bauordnungsrecht, konkret: § 52 III 1 LBauO Legaldefinition des Begriffs „Werbeanlagen“ OVG Koblenz, Urteil vom 22.1.2003, 8 A 11217/02, juris Rn 16 Auch ideelle Werbung wird erfasst. Kein Ausnahmetatbestand einschlägig; keine Ausnahme vom Anwendungsbereich © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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