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RA Digital - 09/2018

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488 Referendarteil:

488 Referendarteil: Öffentliches Recht RA 09/2018 Typische Formulierung, um Einwände der Beteiligten abzuarbeiten BVerfG, Urteil vom 15.1.1958, 1 BvR 400/51, juris Rn 33 Unterschiede der konkreten Sachverhalte herausarbeiten VG München, Beschluss vom 11.9.2013, M 23 S 13.3868, juris Rn 16 Unzulässiger Gutachtenstil – in einer Klausur unbedingt vermeiden 2. Verstoß gegen Bauplanungsrecht Kein privilegiertes Vorhaben im Außenbereich Beeinträchtigung öffentlicher Belange, hier: der natürlichen Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert § 52 Abs. 6 Nr. 4 LBauO ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht mit Blick auf die vom Bundesverfassungsgericht entwickelte sog. „Wechselwirkungslehre“, nach der aufgrund der fundamentalen Bedeutung der Meinungsfreiheit für die demokratische Grundordnung ein die Meinungsfreiheit beschränkendes Gesetz seinerseits im Lichte des Grundrechts der Meinungsfreiheit ausgelegt und in seiner das Grundrecht begrenzenden Wirkung selbst wieder eingeschränkt werden muss, verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass er auf den diesem Rechtsstreit zugrunde liegenden Sachverhalt analog anzuwenden ist. Das Aufstellen von Schildern im Zuge einer politischen Auseinandersetzung mit der Änderung der Straßenführung einer Bundesfernstraße ist nicht zu vergleichen mit Wahlen. Bei Wahlen ist einerseits die in Art. 21 GG niedergelegte herausragende Stellung der Parteien in unserer Demokratie zu beachten, die der Kläger als eingetragener Verein nicht innehat. Zudem haben Wahlen ein ganz anderes Gewicht, weil es sich hierbei um das Kernelement der Ausübung von Staatsgewalt durch das Volk in einer repräsentativen Demokratie handelt, [...]. Geht es „nur“ um politische Einzelfragen wie hier, sind daher allenfalls bei Volksentscheiden und Bürgerentscheiden den politischen Parteien und Wählergruppen angemessene Werbemöglichkeiten einzuräumen. Bei Volksbegehren und Volksentscheiden stellt sich der Anspruch auf angemessene Wahlwerbung als Ausfluss ihres verfassungsrechtlich garantierten Initiativ- und Mitwirkungsrechts im Rahmen der Volksgesetzgebung gemäß Art. 107 ff. der Verfassung von Rheinland-Pfalz dar. Aber selbst dort gelten diese Rechte nicht unbeschränkt. Allerdings dürfen auch im Zuge eines Volksbegehrens die Belange der Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs nicht missachtet werden, weil die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs die überragend wichtigen Rechtsgüter Leben und körperliche Unversehrtheit schützt. Hier geht es aber nicht um ein Volksbegehren, sondern um ein Planfeststellungsverfahren, in dem eine Bürgerbeteiligung im Entscheidungsprozess durch die besonderen Verfahrensregelungen des § 73 Verwaltungsverfahrensgesetz – VwVfG – vorgesehen ist, so dass darüber hinaus eine baurechtliche Privilegierung der politischen Werbung zu Einzelfragen exekutiven Handelns aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht geboten erscheint. Eine analoge Anwendung des § 52 Abs. 6 Nr. 4 LBauO scheidet daher aus. Jura Intensiv Die vom Kläger aufgestellten Schilder sind auch planungsrechtlich unzulässig. Gemäß § 35 Abs. 2 Baugesetzbuch – BauGB – können Vorhaben im Außenbereich, die nicht i.S.d. § 35 Abs. 1 BauGB privilegiert sind, im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist. Bei den Schildern, die sich unzweifelhaft im Außenbereich befinden und bodenrechtliche Relevanz im Sinne von § 29 Abs. 1 BauGB besitzen [...], handelt es sich nicht um ein nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegiertes Vorhaben. Daher kommt eine Zulässigkeit nur in Betracht, wenn öffentliche Belange im Sinne der Abs. 2, 3 nicht beeinträchtigt sind. Dies ist hier jedoch der Fall, denn das Vorhaben des Klägers beeinträchtigt als sonstiges Vorhaben zumindest die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert und damit öffentliche Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 09/2018 Referendarteil: Öffentliches Recht 489 Die natürliche Eigenart der Landschaft im Außenbereich wird durch die naturgegebene (land- und forstwirtschaftliche) Bodennutzung sowie ihre Erholungseignung für die Bevölkerung geprägt. Wesensfremde und der Erholungseignung abträgliche Nutzungen beeinträchtigen daher grundsätzlich die natürliche Eigenart der Landschaft und sind unzulässig. Anderes gilt nur dann, wenn die Landschaft am umstrittenen Standort wegen ihrer natürlichen Beschaffenheit weder der naturgegebenen Bodennutzung noch der Erholung dient oder wegen Vorbelastung durch zahlreiche wesensfremde Eingriffe nicht mehr schutzwürdig ist. [...] Für die Beurteilung, ob eine Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft und ihres Erholungswertes vorliegt, ist vorrangig auf eine funktionale Betrachtungsweise abzustellen. Unerheblich ist, ob gleichzeitig eine optische Beeinträchtigung des Landschaftsbildes gegeben ist oder sich das Bauvorhaben möglicherweise als seiner Umgebung angepasst unauffällig darstellt. Danach beeinträchtigen die Schilder die natürliche Eigenart der Landschaft in der näheren Umgebung. Diese ist geprägt durch landwirtschaftliche Nutzung [...]. Sie ist von baulichen Anlagen bisher völlig frei. Diese Zweckbestimmung der Umgebung des Vorhabenstandortes würde erheblich beeinträchtigt, ließe man dort eine zweckfremde Nutzung durch die Schilder zu. Auf die weitergehende Frage, ob die Werbeanlage zusätzlich das Landschaftsbild verunstaltet, kommt es deshalb nicht mehr an. Letztlich verstößt die Aufstellung der Schilder auch gegen Straßenrecht. Gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 6 Satz 1 Bundesfernstraßengesetz – BFernStrG – dürfen Anlagen der Außenwerbung bei Bundesstraßen außerhalb der zur Erschließung der anliegenden Grundstücke bestimmten Teile der Ortsdurchfahrten in einer Entfernung bis zu 20 Meter, jeweils gemessen vom äußeren Rand der befestigten Fahrbahn, nicht errichtet werden. Das Anbauverbot ist im Baugenehmigungsverfahren zu berücksichtigen, weil eine ohne Dispens erteilte Baugenehmigung wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtig ist. Bei der B 271 handelt es sich um eine Bundesstraße und auf den Bildern in der Verwaltungsakte, die die Aufstellungsorte der Schilder zeigen, ist klar erkennbar, dass die Schilder sich innerhalb des 20 m - Bereiches befinden. Jura Intensiv Die Beseitigungsverfügung ist ermessensfehlerfrei ergangen. Nach § 59 Abs. 1 LBauO haben die Bauaufsichtsbehörden darüber zu wachen, dass die baurechtlichen und sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften eingehalten werden. Damit ist den Bauaufsichtsbehörden die Aufgabe übertragen worden, auch – worauf es hier ankommt – den planungsund ordnungsrechtlichen Vorschriften des Baurechts Geltung zu verschaffen. Sie sind daher gehalten, gegen baurechtswidrige Vorhaben einzuschreiten, so dass die Erfüllung dieses gesetzlichen Auftrages im Allgemeinen ermessensgerecht ist. Demgemäß hat der Beklagte in dem Bescheid vom 16. März 2016 zu Recht ausgeführt, es entspreche pflichtgemäßem Ermessen, die Beseitigung der Werbeanlage zu verlangen, da dies ein geeignetes und erforderliches Mittel sei, den fortdauernden Baurechtsverstoß zu beenden. Darlegung der allgemeinen Grundsätze OVG Koblenz, Urteil vom 22.7.2009, 8 A 10852/09.OVG BVerwGE 96, 95 OVG Koblenz, Beschluss vom 29.1.20131 8 A 11093/12.OVG BVerwG, NJW 1970, 346 Subsumtion des konkreten Sachverhalts. Andere Formulierungsvorschläge zur Einleitung der Subsumtion: „Unter Anwendung dieser Maßstäbe ...“; „Dies zugrunde gelegt ...“ 3. Verstoß gegen Straßenrecht FStrG Kommentar, § 9 Rn. 19; Kodal, Straßenrecht, Kap. 29 Rn 62 f. Ermessen © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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