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RA Digital - 09/2018

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496 Redaktioneller

496 Redaktioneller Beitrag – Strafrecht RA 09/2018 Anknüpfung an Tathandlung oder Taterfolg des Grunddelikts Die normspezifische Auslegung des § 251 StGB ergibt, dass die Todesfolge die spezifische Folge des qualifizierten Nötigungsmittels sein muss. Eine Anknüpfung an die Wegnahme scheidet aus (Eisele, BT II, Rn 380; Rengier, BT I, § 9 Rn 4; Wessels/Hillenkamp, BT 2, Rn 388). Dies ergibt sich schon daraus, dass es ansonsten einen „Diebstahl mit Todesfolge“ geben müsste (a.A. Hinderer/ Kneba, JuS 2010, 590, 593; Lackner/Kühl, § 251 Rn 1; Herzberg, JZ 2007, 615, 616). Nunmehr folgt der Problemaufriss. Am Beispiel des obigen Falles 1 könnten Sie schreiben: Formulierungsvorschlag im Rahmen des Unmittelbarkeitszusammenhangs Im Examenskurs von Jura Intensiv wird dieses Thema im Fall „Undercover-Handy“ im Kursteil BT 1 besprochen; im Assessorkurs im Fall „Der Zuhälter“. „Der Unmittelbarkeitszusammenhang ist vorliegend deshalb problematisch, da hier der Raub in dem Zeitpunkt, in dem T die Handlung vornahm, welche die schwere Folge herbeiführte (also den Schuss), bereits vollendet war. Damit liegt der „Normalfall“, dass nämlich die Todesfolge aufgrund derjenigen Gewaltanwendung eintritt, welche die Wegnahme ermöglichen soll, nicht vor. Mithin stellt sich die Frage, ob die Todesfolge auch dann „durch den Raub“ verursacht wurde, wenn die zum Tod führende Handlung des Täters erst in der Beutesicherungsphase vorgenommen wurde. Diese Frage ist identisch mit der sich auch bei „normalen“ Qualifikationen stellenden Frage, ob diese noch in der Phase zwischen Vollendung und Beendigung des Grunddelikts verwirklicht werden können, sog. sukzessive Qualifikation.“ Nunmehr folgt die Darstellung der unterschiedlichen Meinungen und die Stellungnahme. FAZIT Die Regelung in § 252 StGB, dass nur der „Diebstahl“ eine taugliche Vortat darstellt, ist in hohem Maße fragwürdig. Jenseits der hier aufgezeigten Probleme drohen vergleichbare Wertungswidersprüche im Rahmen der Abgrenzung von Diebstahl und Betrug: Wenn der Täter im Supermarkt einen Gegenstand in einem Verpackungskarton oder im Einkaufswagen verbirgt und diesen plangemäß an der Kasse nicht bezahlt, ist streitig, ob § 242 StGB oder § 263 StGB vorliegt. Verbreitet werden hierzu differenzierende Lösungen vertreten. Wendet der Täter dann nach dem Passieren des Kassenbereichs Gewalt zur Sicherung der Beute an, kommt aber § 252 StGB nur in Betracht, wenn der Täter zuvor einen Diebstahl begangen hat. Diese Differenzierung erscheint ebenfalls als willkürlich und spricht dafür, bei einem an der Kasse verborgenen Gegenstand grundsätzlich von einem fehlenden Verfügungsbewusstsein der Kassiererin und mithin von Diebstahl auszugehen. Jura Intensiv Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 09/2018 STRAFRECHT Strafrecht 497 Problem: Unmittelbares Ansetzen zum Versuch Einordnung: Strafrecht AT I/Versuch BGH, Beschluss vom 29.05.2018 1 StR 28/18 EINLEITUNG Der BGH befasst sich im vorliegenden Fall mit den Voraussetzungen des unmittelbaren Ansetzens zu einem versuchten Totschlag, §§ 212 I, 22 StGB. Er kommt dabei zu dem Ergebnis, dass die allgemeine Definition des unmittelbaren Ansetzens (s. Leitsätze) immer noch an den Umständen des Einzelfalles gemessen werden muss. Deshalb läge im vorliegenden Fall, obwohl der Täter Tötungsvorsatz hatte und auch einen Schuss abgegeben und das Opfer getroffen hatte, dennoch kein strafbarer Versuch vor. SACHVERHALT Zwischen dem Angeklagten A und seinem Arbeitgeber, dem Geschädigten U, kam es in der von A bewohnten Wohnung zu einem Zerwürfnis. Der ebenfalls in der Wohnung anwesende H forderte U zum Gehen auf, woraufhin U in Richtung Wohnungstüre ging. Der in Wut geratene A fasste nunmehr den Entschluss, an U Vergeltung zu üben. Er holte eine unter seiner Matratze verborgene Schreckschusswaffe hervor, deren Lauf so manipuliert war, dass Stahlrundkugeln, Kaliber 4 mm, verschossen werden konnten. Die Waffe war mit sechs dieser Geschosse geladen. In seinem Zorn war A nun entschlossen, U zu erschießen. U war jedoch von H, der die Bewaffnung des A wahrgenommen hatte, gewarnt und zur Flucht aufgefordert worden. Dem kam U nach und lief den vor der Wohnung gelegenen Treppenabsatz bis zu dem vor der Haustür gelegenen zweiten Treppenabsatz hinunter. H verließ ebenfalls die Wohnung, zog die Wohnungstüre hinter sich zu und hielt die Türklinke mit beiden Händen fest, um zu verhindern, dass A nachfolgte. U blieb stehen und beobachtete die Bemühungen des H. A stellte fest, dass die Tür von außen zugehalten wurde; er wusste auch, dass dies durch H erfolgte. Er sah sich daher zunächst an seinem Vorhaben, auf U zu schießen, gehindert. Er beschloss, die Blockade an der Tür zu überwinden. Deswegen schoss er aus einer Entfernung von höchstens einem Meter schräg von oben nach unten durch die Wohnungstüre. Die Stahlrundkugel durchschlug das hölzerne Türblatt unterhalb des Türgriffes, verfehlte H, dessen Verletzung A billigend in Kauf genommen hatte. Die Kugel schlug auf dem Treppenabsatz vor der Wohnungstüre auf dem Boden des Hausflurs auf, prallte von dort wieder ab und flog als Querschläger über die Treppenstufen hinweg in Richtung des unteren Treppenabsatzes und traf U dort am linken Oberkörper. Das Durchdringen des Türblattes hatte allerdings zu einer Drosselung der Geschwindigkeit geführt, so dass das Geschoss nicht mehr in den Körper von U eindrang, sondern lediglich eine Prellmarke verursachte. U floh aus dem Gebäude und brachte sich in einem in der Nähe befindlichen Kaufhaus in Sicherheit. A verließ einige Sekunden nach dem Schuss die Wohnung und begab sich in das Treppenhaus. Er ging dabei davon aus, U noch vor dem Haus anzutreffen und dort sofort ungehindert auf ihn schießen zu können. Er traf dort jedoch allein noch H an. Jura Intensiv LEITSÄTZE (DER REDAKTION) 1. Ein unmittelbares Ansetzen i.S.v. § 22 StGB setzt nicht zwingend voraus, dass der Täter bereits eine der Beschreibung des gesetzlichen Tatbestandes entsprechende Handlung vornimmt bzw. ein Tatbestandsmerkmal verwirklicht; auch eine frühere, vorgelagerte Handlung kann bereits die Strafbarkeit wegen Versuchs begründen, wenn sie nach der Vorstellung des Täters bei ungestörtem Fortgang ohne Zwischenakte zur Tatbestandsverwirklichung führt oder im unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang in sie einmündet. 2. Diese abstrakten Maßstäbe bedürfen jedoch stets der wertenden Konkretisierung unter Beachtung der Umstände des Einzelfalles, bei der etwa die Dichte des Tatplans oder der Grad der Rechtsgutsgefährdung, der aus Sicht des Täters durch die zu beurteilende Handlung bewirkt wird, Bedeutung gewinnen. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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