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RA Digital - 09/2018

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454 Zivilrecht

454 Zivilrecht RA 09/2018 I. Wirksamer Trainingsvertrag Dies setzt voraus, dass zwischen K und B ein wirksamer Trainingsvertrag geschlossen wurde. Der Rennstall gehört der G-GmbH, B ist nur Geschäftsführer. Voraussetzungen des sog. unternehmensbezogenen Geschäfts Orte des Vertragsschlusses: Ladenlokale, offene Warenlager Zusätze: Briefköpfe, Stempel, Amtsoder Rangbezeichnungen Im Zweifel: Eigengeschäft des Handelnden Sinn und Zweck des Offenkundigkeitsprinzips gem. § 164 BGB Auslegung gem. § 164 II BGB: B führte ein Eigengeschäft. Weil auf die Umstände des Einzelfalls abgestellt wird, liegen die Probleme eher im Praktischen, d.h. bei der Beweislast, als im Rechtlichen. Der Geschäftsführer konnte hier nicht die Kenntnis des Kunden vom Vertragsschluss mit der GmbH beweisen. Im eigenen Interesse hätte er auf die Unterzeichnung und Aushändigung des Vertrages bestehen müssen, um der Eigenhaftung zu entgehen. Das LG Saarbrücken hat die Revision nicht zugelassen. Das LG Saarbrücken sieht in § 164 I, II BGB eine Auslegungsregel. Für den Kunden müsse die Unternehmensbezogenheit des Rechtsgeschäfts eindeutig erkennbar sein. Zweifel gehen zu Lasten des Handelnden. „[23] Zwar ist Inhaber des Rennstalls nicht B, sondern die G-GmbH, deren Geschäftsführer B ist, so dass bei einem unternehmensbezogenen Geschäft der Wille der Beteiligten im Zweifel dahin geht, dass der Betriebsinhaber Vertragspartner werden soll. [24] Das gilt aber nur, wenn der Handelnde sein Auftreten für ein Unternehmen hinreichend deutlich macht. Der Inhalt des Rechtsgeschäfts muss – ggf. i.V.m. dessen Umständen – die eindeutige Auslegung zulassen, dass ein bestimmtes Unternehmen berechtigt oder verpflichtet sein soll. Dies ist bisher nur angenommen worden, wenn entweder der Ort des Vertragsschlusses oder hinreichende Zusätze in Zusammenhang mit der Unterschrift auf das betreffende Unternehmen hinwiesen. Bleiben dagegen ernsthafte, nicht auszuräumende Zweifel an der Unternehmensbezogenheit eines Geschäfts, so greift aus Gründen der Verkehrssicherheit der gesetzliche Auslegungsgrundsatz des Handelns im eigenen Namen ein. Dann geht es nicht nur um die Frage, wer Inhaber des übereinstimmend gewollten Vertragspartners ist, sondern um die Vorfrage, wer überhaupt Vertragspartner sein soll; dafür gilt § 164 II BGB. Anderenfalls würde der Geschäftspartner Gefahr laufen, mit Klagen sowohl gegen den bevollmächtigten Vertreter als auch gegen den möglichen Vertretenen erfolglos zu bleiben, obwohl mit Sicherheit einer von ihnen verpflichtet sein muss. Gerade dieses Aufklärungsrisiko soll § 164 I und II BGB demjenigen, der mit einem möglichen Vertreter verhandelt, abnehmen. [25] Unter Anwendung dieser Grundsätze des unternehmensbezogenen Geschäfts wurde nicht die GmbH verpflichtet, sondern gem. § 164 II BGB B persönlich. [26] Soweit B vorträgt, dem K sei bei Abschluss des Vertrages definitiv bekannt gewesen, dass dieser ausschließlich mit der GmbH zustande komme, da dies auf dem ausgehändigten Trainingsvertrag vermerkt gewesen sei, ergibt sich daraus noch keine Kenntnis des K von der Unternehmensbezogenheit. So räumt B selbst ein, dass der ausgehändigte Trainingsvertrag nie unterzeichnet von K an ihn zurückgelangt sei. Mithin kann auch nicht unterstellt werden, dass K den Inhalt des Vertrages jemals zur Kenntnis genommen hat. [27] B behauptet auch nicht, im Rahmen des mündlichen Vertragsabschlusses darauf hingewiesen zu haben, dass er für die GmbH handelt. Es muss jedoch auch nach den oben dargelegten Grundsätzen für den Geschäftspartner das Unternehmen als Vertragspartner von vorneherein eindeutig erkennbar sein. Nur wenn das Geschäft i.d.S. unternehmensbezogen ist, dass es mit einem bestimmten Handelsunternehmen abgeschlossen und ersichtlich der Inhaber dieses Unternehmens Vertragspartner werden sollte, wird der tatsächliche Unternehmensinhaber Vertragspartner. Es handelt sich bei diesem Grundsatz nicht um eine Beweis-, sondern um eine Auslegungsregel, die voraussetzt, dass der Handelnde sein Auftreten für ein Unternehmen hinreichend deutlich macht. [29] Verbleiben – wie vorliegend – ernsthafte, nicht auszuräumende Zweifel an der Unternehmensbezogenheit des Geschäfts, gehen diese zu Lasten des B.“ Jura Intensiv Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 09/2018 Zivilrecht 455 B hat den Trainingsvertrag daher im eigenen Namen und nicht im Namen der G-GmbH abgeschlossen. Zwischen den Parteien besteht daher ein wirksames Schuldverhältnisses. II. Pflichtverletzung Weiterhin müsste B eine vertragliche Nebenpflicht i.S.d. § 241 II BGB verletzt haben. „[30] [Eine solche] ist jedoch durch Abstellen des Pferdeanhängers in der Nähe der Abspritzanlage nicht gegeben. [31] Bei dem vorliegenden Trainings- oder Berittvertrag handelt es sich um einen typengemischten Vertrag, bei dem der Schwerpunkt in der Leistung von Diensten (§ 611 BGB) zu sehen ist. Nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien sollte neben der Unterstellung und Verpflegung des Tieres auch das Training geschuldet sein. [32] Nach der Rspr. des BGH bildet ein typengemischter Vertrag ein einheitliches Ganzes und kann deshalb bei der rechtlichen Beurteilung nicht i.d.S. in seine verschiedenen Bestandteile zerlegt werden, dass etwa auf den Mietvertragsanteil Mietrecht, auf den Dienstvertragsanteil Dienstvertragsrecht und auf den Kaufvertragsanteil Kaufrecht anzuwenden wäre. Der Eigenart des Vertrags wird vielmehr grds. nur die Unterstellung unter ein einziges Vertragsrecht gerecht, nämlich dasjenige, in dessen Bereich der Schwerpunkt des Vertrags liegt. [33] Vorliegend liegt der Schwerpunkt der vertraglichen Vereinbarung der Parteien in der Ausbildung des für den Einsatz bei Turnieren und die Vorführung bei Prüfungen vorgesehenen Pferdes, so dass Dienstvertragsrecht anzuwenden ist. [34] Soweit K nunmehr eine Vertragspflichtverletzung des B dadurch behauptet, dass dieser den Anhänger fehlerhaft auf dem Reitgelände abgestellt hat, trägt dieser grds. die Beweislast für die behauptete Pflichtverletzung. [35] Ist die Schadensursache jedoch aus dem Gefahren- und Verantwortungsbereich des Anspruchsgegners hervorgegangen und rechtfertigt die Sachlage den Schluss, dass dieser die ihm obliegende Sorgfalt verletzt hat, so muss er sich vom Vorwurf der Vertragsverletzung entlasten; er hat hierfür darzulegen und ggf. nachzuweisen, dass ihn kein Pflichtverstoß trifft. Diese Grundsätze gelten auch für Pferdebetreuungsverträge. [36] Vorliegend steht jedoch fest, dass das Abstellen des Anhängers auf dem Reitgelände nicht pflichtwidrig war. [37] So begründet das Abstellen eines Pferdeanhängers per se auf einem privaten Reitgelände keine Sorgfaltspflichtverletzung. Vielmehr ist das Abstellen solcher Transportfahrzeuge auf Reitanlagen [nach den Feststellungen des Sachverständigen] durchaus üblich. [38] Hinsichtlich des Abstellortes hat der Sachverständige zudem ausgeführt, dass der Abstand des abgestellten Pferdehängers zum Abspritzplatz 20 m und zur Führanlage 30 m betrug. Diese Abstände erachtet der Sachverständige als ausreichend.“ Jura Intensiv Die Pflichten i.S.d. § 241 II BGB werden auch nicht leistungsbezogene Nebenpflichten oder auch Rücksichtspflichten genannt. Von typengemischten Verträgen spricht man, wenn sich ein Gesamtvertrag aus Einzelleistungen zusammensetzt, die verschiedenen Vertragstypen zugeordnet werden können. Diese Einzelleistungen sind derart eng miteinander verbunden, dass sie nur in ihrer Gesamtheit ein sinnvolles Ganzes ergeben. Bei nur zusammengesetzten Verträgen verlieren die einzelnen Bestandteile nicht ihren Sinn, wenn die aus Ihnen folgenden Pflichten getrennt erfüllt werden. Bei typengemischten Verträgen bestimmt der rechtliche Schwerpunkt des Vertrages das anwendbare Vertragsrecht. Schwerpunkt beim Berittvertrag: Dienstvertragsrecht Nach den Ausführungen des Sachverständigen hat K keine ihn treffende Sorgfaltspflicht durch das Abstellen des Anhängers auf dem Reitgelände verletzt. Kein Verstoß gegen eine Schutzpflicht gem. § 241 II BGB erkennbar. B hat damit keine vertragliche Nebenpflicht i.S.d. § 241 II BGB verletzt. B. Ergebnis K hat gegen B keinen Anspruch auf Schadensersatz i.H.v. 3.500 € aus §§ 280 I, 241 II BGB zu. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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