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RA Digital - 09/2020

Die Ausbildungszeitschrift von Jura Intensiv.

490 Referendarteil:

490 Referendarteil: Öffentliches Recht RA 09/2020 Allgemeine Grundsätze zur „Nebenanlage“ BVerwG, Urteil vom 14.12.2017, 4 C 9.16, juris Fickert/Fieseler, BauNVO, § 14 Rn 4.1 Subsumtion Hier wird es in der Regel darum gehen, den Vortrag der Beteiligten und die Angaben im Aktenstück genau auszuwerten. Vgl. BVerwG, Urteil vom 14.12.2017, 4 C 9.16, juris Rn 10; Fickert/Fieseler, BauNVO, § 14, Rn 4.11 Das Gericht stützt seine Entscheidung hier auf ein weiteres Argument, was die Entscheidung rechtsmittelsicherer macht und, haben die Beteiligten zu einem Punkt umfangreich vorgetragen, diesen auch das Gefühl vermitteln soll, sich gehört zu fühlen. BVerwG, Urteil vom 14.12.2017, 4 C 9.16, juris; VGH Mannheim, Urteil vom 9.4.2019, 8 S 1527/17, juris Nebenanlagen im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 1 BauNVO können zunächst nur Anlagen sein, die nicht Bestandteil des (Haupt-)Gebäudes sind. Dafür ist in räumlicher Hinsicht maßgeblich, ob das Vorhaben ein eigenständiges Gebäude ist, es in das Hauptgebäude integriert oder mit ihm verbunden ist. Jedenfalls im Regelfall wird eine Nebenanlage baulich selbstständig sein, während ein an ein Wohnhaus angebauter Raum als Erweiterung der Hauptanlage keine Nebenanlage ist. Zwar sind auch Nebenanlagen denkbar, die an die Hauptanlage angebaut sind. In solchen Fällen muss aber durch die Bauweise, die Gestaltung des Zugangs oder auf andere Weise die auf eine Nebenanlage beschränkte Funktion deutlich hervortreten. Nach diesen Maßgaben ist die Schwimmbadeinhausung in räumlicher Hinsicht Teil des Wochenendhauses. Es ist kein eigenständiges Gebäude, sondern schließt nahtlos an das Wochenendhaus an, was der Augenschein durch die Berichterstatterin erwiesen hat. [...] Der Einordnung der Schwimmbadeinhausung als Bestandteil des Wochenendhauses steht auch nicht entgegen, dass dieses über einen separaten Eingang verfügt. Denn ein an ein Wohnhaus angebautes Schwimmbad hat im Allgemeinen seinen Zugang vom Wohnhaus und zwar auch dann, wenn eine Tür zum Garten vorhanden ist. Diese Vermutung vermochten die Kläger - trotz Nachfrage im Erörterungstermin sowie in der mündlichen Verhandlung - nicht durch die Vorlage von Bauzeichnungen oder Ähnlichem zu widerlegen. [...] Selbst unter Zugrundelegung der Annahme, die Schwimmbadeinhausung stelle keinen Bestandteil des Hauptgebäudes dar, so ist sie dennoch keine Nebenanlage, welche dem Nutzungszweck der im Baugebiet gelegenen Grundstücke dient. Denn sie erfüllt das weiter erforderliche Merkmal der Unterordnung nicht. Zu den Wesensmerkmalen einer Nebenanlage im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 1 BauNVO gehört, dass die Anlage sowohl in ihrer Funktion als auch räumlich-gegenständlich dem primären Nutzungszweck der in dem Baugebiet gelegenen Grundstücke sowie der diesem Nutzungszweck entsprechenden Bebauung dienend zu- und untergeordnet ist. Für die räumlich-gegenständliche Unterordnung sind optische Kriterien maßgeblich, welche die Nebenanlage als „Anhängsel“ erscheinen lassen. Sie ist indes zu verneinen, wenn die (Neben-)Anlage wegen ihrer Abmessungen als der Hauptanlage gleichwertig erscheint oder diese gar in ihrer Wahrnehmbarkeit verdrängt, wenn sie also den Eindruck einer dienenden Funktion gegenüber der Hauptanlage gar nicht erst aufkommen lässt. Ein Schwimmbad ist zwar grundsätzlich geeignet und bestimmt, den Nutzungszweck eines Wochenendgrundstückes zu fördern, indem es der gesundheitlichen Vorsorge und der körperlichen (sportlichen) Betätigung dient, die nach den vielfältigen Gewohnheiten auch in räumlicher Nähe mit den Wohnräumen stattfinden können. Es steht allerdings bestandskräftig fest, dass das bestehende Wochenendhaus zu beseitigen ist. Eine räumlich-funktionale Zuordnung der Einhausung zu diesem ist damit ausgeschlossen[...] Infolge der Festsetzungen des Bebauungsplans „X“ könnte zudem auf den Grundstücken der Kläger kein Wochenendhaus mehr als Hauptanlage genehmigt werden. Denn in dessen Begründung ist ausführlich dargelegt, dass in dessen Geltungsbereich Wochenendhäuser zukünftig nicht mehr zulässig sein sollen. [...] Jura Intensiv Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 09/2020 Referendarteil: Öffentliches Recht 491 Die Einhausung ist auch keine baugebietsbezogene Nebenanlage nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 BauNVO. Als Nebenanlagen kommen auch solche baulichen Anlagen in Betracht, die dem Nutzungszweck des Baugebiets selbst dienen. Hierzu bedarf es eines Funktionszusammenhangs zwischen der Nebenanlage und dem Nutzungszweck des Baugebiets, der sich aus der allgemeinen Zweckbestimmung des Baugebiets sowie den allgemein und den als Ausnahme zulässigen Nutzungen ergibt. Ein Funktionszusammenhang wird stets bei solchen Nebenanlagen anzunehmen sein, die unabhängig von dem jeweiligen Baugebietstyp der Daseinsvorsorge dienen und deren Einzugsbereich auf das konkrete Baugebiet beschränkt ist. Keine Nebenanlage liegt vor, wenn eine Anlage nach den Kriterien für grundstücksbezogene Nebenanlagen wegen ihrer Abmessungen als den Hauptanlagen im Gebiet gleichwertig erscheint oder diese gar optisch verdrängt. Nach diesen Maßgaben dient ein Schwimmbad zwar der Freizeitnutzung, welche nach der textlichen Festsetzung des Bebauungsplanes als Nebenanlage zulässig sein soll. Allerdings würde die vorliegende Schwimmbadeinhausung mit ihrer Größe und Massivität den alleine zulässigen Hauptanlagen im Gebiet - den Gartenhäusern mit bis zu 12 m² Grundfläche - gleichwertig erscheinen oder gar diesen vorrangig erscheinen (s.o.), so dass es auch in dieser Hinsicht an der erforderlichen Unterordnung fehlen würde. Es ist nicht erkennbar, dass rechtmäßige Zustände auf andere Weise hergestellt werden können. Das Schwimmbad könnte nur durch die Erteilung einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nach § 31 Abs. 2 BauGB legalisiert werden. Dies würde jedoch die Grundzüge der Planung berühren. Denn ausweislich der Begründung des Bebauungsplans „X“ ist das bisherige Wochenendhausgebiet als Gartenhausgebiet ausgewiesen worden. Dabei sollten lediglich die vor 1988 erstellten und genehmigten Wochenendhäuser im Hinblick auf ihre Größe, Grundfläche und Baumasse Bestandsschutz genießen. Wenn im Wege der Befreiung nun doch wieder Anlagen zugelassen würden, die nach ihrer Größe, Grundfläche und Baumasse den früheren Wochenendhäusern gleichkämen, würde dieses Ziel ersichtlich konterkariert und es wäre zu befürchten, dass die Schwimmbadeinhausung als Berufungsfall für eine Fülle von Befreiungsanträgen anderer Grundstückeigentümer herangezogen wird. Jura Intensiv Die Ausübung des dem Beklagten eröffneten Ermessens lässt keine gerichtlich überprüfbaren Ermessensfehler erkennen (§ 114 Satz 1 VwGO, § 40 LVwVfG). Ein milderes Mittel ist nicht erkennbar und die Kläger berufen sich zu Unrecht auf eine Ungleichbehandlung sowie auf einen Schutz durch die ihnen erteilte aktive Duldung. Die Kläger machen zu Unrecht eine rechtswidrige Ungleichbehandlung gegenüber anderen Grundstückseigentümern in der Nähe ihres Vorhabens geltend. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass rechtswidrige Ernst / Zinkahn / Bielenberg / Krautzberger, BauGB, § 14 BauNVO Rn 38 f. Hier waren die textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans auszuwerten. Keine Genehmigungsfähigkeit Ermessen Auch der - in der Regel erfolglose - Einwand der Ungleichbehandlung wird von den Betroffenen regelmäßig gegen bauaufsichtliche Verfügungen erhoben. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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