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RA Digital - 10/2017

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508 Zivilrecht

508 Zivilrecht RA 10/2017 Der Mieterschutz überwiegt das Interesse des Erwerbers, die Mietverträge im Anschluss an den Erwerb beenden zu können. Der entscheidende Aspekt des Falles. Der Hinweis auf die Umgehungsgefahr ist ein wichtiges Argument. Die Voraussetzungen der entsprechenden Anwendung des § 566 BGB liegen hier vor. an den Mieter ein. Diese bis zum Eigentümer reichende Besitzkette genügt, um dem Mieter ein abgeleitetes Besitzrecht i.S.v. § 986 I 1 Alt. 2 BGB zu verschaffen. II.2.b) bb) Der von § 566 I BGB verfolgte Zweck, das Bestandsinteresse des Mieters zu schützen, rechtfertigt es, ihm bei einer Veräußerung der Mietsache dieses abgeleitete Besitzrecht gegenüber dem Erwerber zu erhalten. Die Vorschrift verlangt nicht, dass sich der Mieter vor dem Abschluss des Mietvertrags über die Eigentumsverhältnisse des Mietobjekts informiert. Sie knüpft vielmehr an das sich aus dem Mietvertrag ergebende Recht des Mieters zum Besitz der Mietsache an. Sein Interesse, nach einem Wechsel der Eigentumsverhältnisse unbeeinträchtigt die angemieteten Wohnoder Geschäftsräume weiternutzen zu können, besteht unabhängig davon, ob er den Mietvertrag mit dem Eigentümer selbst oder einer anderen Person abgeschlossen hat, die hierbei für den Eigentümer mit dessen Wissen und Einverständnis tätig geworden ist. Im Übrigen könnte sonst der von § 566 I BGB gewährte Mieterschutz dadurch umgangen werden, dass der Eigentümer nicht selbst den Mietvertrag abschließt, sondern eine dritte Person einschaltet, die formal als Vermieter auftritt, letztlich aber allein im Interesse des Eigentümers handelt.“ Zu prüfen ist damit, ob die Anforderungen an eine entsprechende Anwendung des § 566 I BGB im vorliegenden Fall erfüllt sind. „II.2. c) [Es] ergeben sich ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass der Mietvertrag allein im wirtschaftlichen Interesse der G-GmbH abgeschlossen wurde. [Der Geschäftsführer der G-GmbH hat angegeben], dass die H-GmbH nur aus „strategischen Gründen“ ins Leben gerufen worden sei. Tatsächlich sind die Mietverträge nur auf Anweisung der G-GmbH abgeschlossen worden. Zudem hat die G-GmbH die Gewerbeimmobilie verwaltet und die Miete eingezogen. Zudem haben die Kaufvertragsparteien in § 4 des Kaufvertrags die Übertragung der Rechte und Pflichten aus den bestehenden Mietverträgen auf K vereinbart. Dies zeigt, dass die G-GmbH die Mietverträge so behandelt hat, als seien sie von ihr selbst abgeschlossen worden und die Kaufvertragsparteien davon ausgegangen sind, dass K als Erwerberin in die bestehenden Mietverträge eintritt. Die genannten Umstände belegen außerdem, dass die H-GmbH als eigentliche Vermieterin kein eigenes Interesse am Fortbestand ihrer Stellung als Vermieterin bei einer Veräußerung des Grundstücks hatte. Unter diesen Umständen ist es ausnahmsweise gerechtfertigt, den Mietvertrag in entsprechender Anwendung der §§ 566 I, 578 II BGB so zu behandeln, als habe die veräußernde G-GmbH den Mietvertrag abgeschlossen.“ Jura Intensiv K ist folglich mit dem Erwerb des Grundstücks in den bestehenden Mietvertrag eingetreten. B kann ihr damit ein Recht zum Besitz gem. § 986 I Alt. 1 BGB entgegenhalten. B. Ergebnis K hat gegen B keinen Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Praxisräume gem. § 985 BGB. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 10/2017 Zivilrecht 509 Problem: Transportkostenvorschuss bei Nacherfüllung Einordnung: Kaufrecht BGH, Urteil vom 19.07.2017 VIII ZR 278/16 EINLEITUNG Ist eine gekaufte Sache mangelhaft, steht dem Käufer gem. §§ 437 Nr. 1, 439 BGB das Recht auf Nacherfüllung zu. Diese kann darin bestehen, dass der Verkäufer eine neue mangelfreie Ware liefert oder den bestehenden Mangel beseitigt. Die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, wie z.B. die Transportkosten, hat der Verkäufer zu tragen. Ob er auch zur Zahlung eines Transportkostenvorschusses verpflichtet ist, musste nun vom BGH abschließend geklärt werden. SACHVERHALT Die Beklagte (B), die in Berlin einen Fahrzeughandel betreibt, bietet auf einem Internetportal einen gebrauchten Fiat 500 zum Preis von 2.700 € an. Die in Schleswig-Holstein ansässige Klägerin (K) kauft diesen am 14.04.2015. Obwohl K nicht Unternehmerin ist oder als solche auftritt, heißt es in dem von B verwendeten Kaufvertragsformular unter der Rubrik „Besondere Vereinbarungen“: „Händlergeschäft, unter Ausschluss der Sachmängelhaftung! Erfüllungsort beim Verkäufer.“ Am 12.05.2015 wendet sich K wegen eines aufgetretenen Motordefekts erfolglos an B. K fordert sie daher am 19.05.2015 unter Fristsetzung bis zum 30.05.2015 zur Nachbesserung auf. Daraufhin bietet B eine Mangelbeseitigung an ihrem Sitz in Berlin an. Unter Aufrechterhaltung der gesetzten Frist verlangt K hierauf mit Schreiben vom 21.05.2015 die Überweisung eines Transportkostenvorschusses von 280,- € bzw. Abholung des Fahrzeugs auf Kosten der B. Da B sich nicht zurückmeldet, setzt K am 02.06.2015 erfolglos eine Nachfrist zur Mängelbeseitigung bis zum 10.06.2015. Im Anschluss lässt K das Fahrzeug in der Werkstatt eines Bekannten für 2.300 € reparieren. Diese Kosten verlangt sie von B ersetzt. B meint, K hätte aufgrund des gewöhnlichen Vertragsrisikos kein Transportkostenvorschuss zugestanden. Zu Recht? Jura Intensiv Bearbeitervermerk: Es ist davon auszugehen, dass der Motor bereits bei Übergabe des Fahrzeugs am 14.04.2015 defekt war. Art. 3 III 1 Richtlinie 1999/44/EG: Zunächst kann der Verbraucher vom Verkäufer die unentgeltliche Nachbesserung des Verbrauchsgutes [...] verlangen, sofern dies nicht unmöglich oder unverhältnismäßig ist. LEITSÄTZE 1. Ein taugliches Nacherfüllungsverlangen des Käufers setzt die Zurverfügungstellung der Kaufsache am rechten Ort, nämlich dem Erfüllungsort der Nacherfüllung, voraus. Für dessen Bestimmung ist im Kaufrecht die allgemeine Vorschrift des § 269 I, II BGB maßgebend. 2. Die Kostentragungsregelung des § 439 II BGB begründet in Fällen, in denen eine Nacherfüllung die Verbringung der Kaufsache an einen entfernt liegenden Nacherfüllungsort erfordert und bei dem Käufer deshalb Transportkosten zwecks Überführung an diesen Ort anfallen, bei einem Verbrauchsgüterkauf nicht nur einen Erstattungsanspruch gegen den Verkäufer; der Käufer kann nach dem Schutzzweck der von Art. 3 III 1, IV der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie geforderten Unentgeltlichkeit der Nacherfüllung vielmehr grds. schon vorab einen (abrechenbaren) Vorschuss zur Abdeckung dieser Kosten beanspruchen, auch wenn das Vorliegen des geltend gemachten Mangels noch ungeklärt ist. Dementsprechend liegt ein taugliches Nacherfüllungsverlangen des Käufers vor, wenn seine Bereitschaft, die Kaufsache zum Ort der Nacherfüllung zur verbringen, nur wegen der ausgebliebenen Vorschussleistung des Verkäufers nicht umgesetzt wird. Art. 3 IV Richtlinie 1999/44/EG: Der Begriff „unentgeltlich“ in [Abs. 3] umfaßt die für die Herstellung des vertragsgemäßen Zustands des Verbrauchsgutes notwendigen Kosten, insbesondere Versand-, Arbeits- und Materialkosten. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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