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RA Digital - 10/2020

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516 Zivilrecht

516 Zivilrecht RA 10/2020 Zur Begründung des Schadens: BGH, Urteil vom 25.05.2020, VI ZR 252/19, RA 2020, 337 Auf die Nutzungsmöglichkeit des Autos kommt es an! Verzinsung wäre Überkompensation Gegenauffassung: OLG Köln, Urteil vom 10.03.2020, 4 U 219/19; Klöhn ZIP 2020, 341, 350 K gab aufgrund der Täuschung zwar sein Geld weg, erhielt aber im Gegenzug ein nutzbares Auto. „Sache“ im Sinne von § 849 BGB ist dabei auch Geld in jeder Form (…). Ein allgemeiner Rechtsgrundsatz dahin, deliktische Schadensersatzansprüche seien stets von ihrer Entstehung an zu verzinsen, ist § 849 BGB aber nicht zu entnehmen (…). [19] Vorliegend steht einer Anwendung des § 849 BGB schon der Umstand entgegen, dass der Kläger als Gegenleistung für die Hingabe des Kaufpreises ein in tatsächlicher Hinsicht voll nutzbares Fahrzeug erhielt (…). Zwar hat der Kläger durch den ungewollten Vertragsschluss einen Schaden erlitten, weil dem Fahrzeug eine Betriebsbeschränkung oder -untersagung drohte und im Zeitpunkt des Erwerbs nicht absehbar war, ob überhaupt, wenn ja zu welchem Zeitpunkt und wie - vor allem ohne Nachteil für den Käufer - der Mangel behoben werden kann (…). Gleichwohl war das Fahrzeug im Streitfall aber tatsächlich nutzbar, weil sich die bestehende Gefahr nicht realisierte. Die tatsächliche Möglichkeit, das Fahrzeug zu nutzen, kompensierte damit den Verlust der Nutzungsmöglichkeit des Geldes. Die Betriebsuntersagung vom 21. Juni 2018 spielt insoweit schon deshalb keine Rolle, weil der Kläger das Fahrzeug weiternutzte und aufgrund der aufschiebenden Wirkung seiner gegen die Betriebsuntersagung gerichteten Klage auch weiternutzen durfte. Eine Verzinsung gemäß § 849 BGB entspräche nach dem Gesagten nicht dem Normzweck, sondern käme einer nach allgemeinen schadensrechtlichen Grundsätzen nicht gerechtfertigten Überkompensation gleich. Anders liegt es etwa in Kapitalanlagefällen (…), weil dort die Weggabe des Geldes nicht im Hinblick auf eine tatsächliche Nutzung der Gegenleistung erfolgt, sondern typischerweise zur Erzielung einer Rendite, sodass es für den Anspruch aus § 849 BGB nicht auf die Gegenleistung ankommt. [20] Dass sich der Kläger die tatsächliche Fahrzeugnutzung im Wege des Vorteilsausgleichs anrechnen lassen muss, rechtfertigt entgegen einer in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Ansicht) keine andere Beurteilung. Der kompensierende Leistungsaustausch (Geld gegen Fahrzeug), der zur Unanwendbarkeit des § 849 BGB führt, fand unabhängig davon statt, ob und in welchem Ausmaß das Fahrzeug später tatsächlich genutzt wurde; maßgebend ist hier die Möglichkeit der Nutzung. Der Kläger war bereit, für das Fahrzeug nicht nur den Kaufpreis hinzugeben, sondern auch auf dessen rentierliche Nutzung während des Fahrzeugbesitzes zu verzichten. Jura Intensiv E. Ergebnis K hat gegen B weder einen Anspruch auf Rückzahlung des an den Dritten gezahlten Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des PKW, noch einen Anspruch auf Deliktzinsen gem. § 849 BGB. FAZIT Das Ergebnis hängt in jedem Fall zum VW-Abgasskandal von den individuellen Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalles ab. Aus diesem Grunde kommt der sorgfältigen Lektüre des Sachverhaltes, der genauen Erfassung der Daten und Fakten, eine überragende Bedeutung zu. Dies gilt für die Frage, inwieweit die Vorteilsausgleichung den Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises aufhebt und inwieweit der Anspruch auf die Deliktzinsen aus § 849 BGB entfällt, weil der Käufer durch die Nutzung eine Kompensation erhalten hat. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 10/2020 Zivilrecht 517 Problem: Ein Bruder ist kein Dritter i.S.d. § 543 II 1 Nr. 2 BGB Einordnung: Mietrecht LG Berlin, Beschluss vom 28.07.2020 67 S 299/19 (leicht abgewandelt) EINLEITUNG Mieter fürchten sich zu Recht vor einer vom Vermieter erklärten außerordentlichen, fristlosen Kündigung gem. § 543 BGB, denn diese beendet nicht nur das Mietverhältnis mit sofortiger Wirkung, was die sofortige Räumungspflicht zur Folge hat, vielmehr kann sie darüber hinaus auch Ansprüche auf Ersatz des Kündigungsfolgeschadens auslösen. Dies sollten Mieter immer im Hinterkopf haben, wenn sie ohne Zustimmung des Vermieters einer anderen Person das gemietete Objekt teilweise oder ganz überlassen. SACHVERHALT Im Jahr 2011 schlossen K (Vermieter) und B1 (Mieter) einen Mietvertrag über eine Wohnung. B1 hatte sich zuvor von seiner Ehefrau getrennt. Ohne Zustimmung des K nahm B1 in der Folgezeit seinen Bruder B2 in die Wohnung auf. 2014 zog B1 ohne Wissen des K aus der Wohnung aus, zog zurück in das Einfamilienhaus, wo er mit seiner Ehefrau und seinen Kindern lebte. B2 verblieb in der Wohnung. Als K dies 2018 erfuhr, erklärte er die außerordentliche, fristlose Kündigung des Mietvertrages und verlangte von B1 und B2 die Räumung des Objektes aus § 546 BGB. Zu Recht? LÖSUNG A. Anspruch des K gegen B1 auf Herausgabe der Mietsache aus § 546 I BGB K könnte gegen B1 einen Anspruch auf Herausgabe der Mietsache aus § 546 I BGB haben. Dies setzt voraus, dass zwischen K und B1 ein Mietverhältnis bestanden hat, das beendet worden ist. Zwischen K und B1 war im Jahre 2011 ein Mietvertrag über die streitgegenständliche Wohnung geschlossen worden. Das Mietverhältnis könnte aber durch die Kündigung vom 09.11.2018 beendet worden sein. Dies setzt einen Kündigungsgrund voraus. Als solcher kommt hier § 543 II 1 Nr. 2 Alt. 2 BGB in Betracht. Das setzt voraus, dass B1 die Mietsache unbefugt einem Dritten überlassen hat. Dies könnte der Fall sein, indem B1 den B2 zunächst in die Wohnung aufnahm und ihm im Jahr 2014 den Besitz an der Wohnung vollständig überlassen hat. Jura Intensiv LEITSATZ Es ist bislang höchstrichterlich ungeklärt, ob ein Mieter„unbefugt“ i.S.d. § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB handelt, wenn er den gesamten von ihm gemieteten Wohnraum einem - zuvor mit Kenntnis des Vermieters - in die Mietsache aufgenommenen Familienmitglied überlässt, ebenso, ob eine etwaig in der vollständigen Gebrauchsüberlassung an das Familienmitglied liegende Pflichtverletzung mangels hinreichend ins Gewicht fallender wirtschaftlicher oder sonstiger Nachteile des Vermieters überhaupt geeignet wäre, dessen Rechte in dem von § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 BGB geforderten „erheblichen Maße“ zu verletzen. Aus Platzgründen beschränken wir uns auf den Anspruch aus § 546 BGB. Auf die anderen denkbaren Ansprüche gehen wir in der Marginalie neben dem Haupttext ein. Kündigungserklärung am 09.11.2018 Kündigungsgrund gem. § 543 II 1 Nr. 2 Alt. 2 BGB [4] Gemäß §§ 543 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 BGB liegt ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung wegen unbefugter Gebrauchsüberlassung vor, wenn der Mieter die Rechte des Vermieters dadurch in erheblichem Maße verletzt, dass er die Mietsache unbefugt einem Dritten überlässt. Zwar hätte der Beklagte zu 1) die Mietsache dem Beklagten zu 2) unbefugt überlassen, indem er nach Begründung des Mietverhältnisses und Inbesitznahme der Mietsache im Jahre 2011 den Besitz daran - nach eigenem Bekunden - „im Frühjahr 2014 komplett“ wieder aufgegeben und seinen Wohnsitz erneut in dem von seiner Ehefrau und seinen Kindern bewohnten Einfamilienhaus genommen hat, wenn es © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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