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RA Digital - 10/2021

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508 Zivilrecht

508 Zivilrecht RA 10/2021 Hier liegt das Problem: Der Mieter erledigt die dem Vermieter obliegende Arbeit und bereichert diesen dadurch. Das Gericht wertet hier die „liebevolle“ Farbgestaltung durch den Vormieter als Indiz für die Übergabe in unrenoviertem Zustand. Über Geschmack lässt sich bekanntlich (nicht) streiten. Wichtig: Es genügt zur Einschätzung als „unrenoviert“, wenn nur einzelne Räume Gebrauchsspuren aufweisen. Diese Bereicherung des Vermieters ist die Ursache für die unangemessene Benachteiligung des Mieters, wenn er keinen finanziellen Ausgleich erhält. Billigkeitserwägungen Weil es nur auf den tatsächlichen Zustand bei der Übergabe an den Mieter ankommt (Zehelein, NZM 2018, 113), ist der Weg, die mieterfreundliche Rechtsprechung über Parteiabreden wie Einverständniserklärungen des Mieters auszuhebeln, versperrt. Mietzeit des Vormieters beruht. Die Mietsache würde sich dann im Falle einer Durchführung von Schönheitsreparaturen durch den Nachmieter in einem besseren Zustand befinden, als sie ihm seinerzeit überlassen worden ist. [17] (...) Hierzu hat das Amtsgericht bereits unter Bezugnahme auf den unstreitigen Vortrag festgestellt, dass in der Wohnung mit Blick auf die individuelle Farbgestaltung des Wintergartens und die Dekoration des Arbeitszimmers Gebrauchsspuren vorhanden gewesen sind, die sich auf den tatsächlichen Renovierungsbedarf auswirken. Im Rahmen des vorzunehmenden Gesamteindrucks stellt die individuelle Farbgestaltung von Decken und Wänden bei Übernahme einer Wohnung ein gewichtiges Indiz für eine nicht renovierte Wohnung dar. Denn diese Gestaltungen wurden nicht geschaffen, um die Wohnung renoviert zurückzugeben, sondern um die Wohnung nach eigenen Vorstellungen herzurichten und (länger) zu nutzen. Diese Nutzung über einen nicht unerheblichen Zeitraum hinaus bewirkt nach der Lebenserfahrung eine Abnutzung und damit eine frühere Renovierungsbedürftigkeit. [19] (...). Selbst soweit zugunsten der Beklagten davon ausgegangen würde, dass sich die Wohnung im Zeitpunkt der Übergabe an die Kläger in einem nicht akut renovierungsbedürftigen Zustand befand, steht nach der Beweisaufnahme jedenfalls fest, dass bei Einzug der Kläger nicht alle - optisch sogar eindeutig als solche hervorgetretene - Abnutzungsspuren aus mehreren Vormietzeiten beseitigt wurden. Wie das Amtsgericht bereits zutreffend mit Verweis auf das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion festgestellt hat, genügt es für die Unwirksamkeit der Abwälzungsklausel, dass lediglich einzelne Räume der Mietsache mit Gebrauchsspuren belastet sind. [20] Würden die Kläger nunmehr zur Renovierung verpflichtet, würden sie zwangsläufig dazu verpflichtet, Abnutzungsspuren ihrer Vormieter zu beseitigen und die Wohnung damit in einem besseren Zustand zurückzugeben, als sie ihnen ihrerseits übergeben wurde. [21] Dieses restriktive Verständnis ist nach Auffassung der Kammer auch unter Berücksichtigung der Vermieterinteressen nicht unbillig. Der Vermieter hat am Ende eines Mietverhältnisses mit einem Vormieter die Möglichkeit zu überprüfen, ob er gegen diesen einen Anspruch auf Vornahme von Schönheitsreparaturen hat. Soweit dieser Anspruch besteht, kann er ihn geltend machen und so dafür Sorge tragen, dass dem neuen Mieter eine frisch renovierte Wohnung übergeben wird. Besteht der Anspruch nicht, kann er - zur Beibehaltung der Wirksamkeit seiner Schönheitsreparaturklausel - entweder selbst renovieren oder dem neuen Mieter einen angemessenen Ausgleich verschaffen. [22] Diesem Ergebnis steht schließlich nicht entgegen, dass sich die Kläger zum Zeitpunkt ihres Einzuges mit den dekorativen Besonderheiten der Wohnung einverstanden erklärt haben. Hieraus kann nicht die wechselseitige Vereinbarung der Mietvertragsparteien betreffend das Vorliegen einer renovierten Wohnung oder der Verzicht auf einen Ausgleich gefolgert werden. Zudem hätte eine Parteivereinbarung über den tatsächlichen Zustand der Mietsache ohnehin keinen Einfluss auf die Anforderungen an die Überwälzung der Schönheitsreparaturen. Es kommt grundsätzlich auf den tatsächlichen Zustand bei Übergabe an. Jura Intensiv Damit steht fest, dass die Klausel wegen eines Verstoßes gegen § 307 I BGB unwirksam ist. Folglich traf die K keine Pflicht zur Renovierung der Wohnung. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 10/2021 Zivilrecht 509 2. Gegenforderung aus Treu und Glauben gem. § 242 BGB Fraglich ist, ob B ein aufrechenbarer Ausgleichsanspruch aus Treu und Glauben gem. § 242 BGB zusteht. [24] Zwar hat der Bundesgerichtshof (...) eine Kostenbeteiligung des Mieters im laufenden Mietverhältnis aus Treu und Glauben und dem Mietvertrag als Dauerschuldverhältnis für möglich gehalten, weil eine Kompensation dafür erfolgen solle, dass der die Instandhaltungsmaßnahme begehrende Mieter infolge der durchgeführten Schönheitsreparaturen eine bessere Wohnung erhält, als er sie angemietet hat und für die er einen entsprechenden Mietzins nicht zahlt. Diese Überlegung greift aber nicht, wenn das Mietverhältnis bereits beendet ist (...). Im Unterschied zum laufenden Mietverhältnis ist der Vermieter nach Beendigung des Mietverhältnisses infolge der durchgeführten Reparaturmaßnahmen in der Lage, den frisch renovierten Zustand der Mietsache bei Neuabschluss eines Mietverhältnisses und der Bemessung des dortigen Mietzinses zu berücksichtigen. Hingegen erhält der Mieter im Unterschied zum laufenden Mietverhältnis im Falle der Unwirksamkeit der Umwälzung der Schönheitsreparaturklausel keinen dauerhaften Vorteil. Die Unwirksamkeit führt hier lediglich zur Befreiung von einer einmaligen Verpflichtung. Diese Befreiung hat regelmäßig der Vermieter durch Verwendung einer unwirksamen Klausel oder Übergabe einer unrenovierten Wohnung zu vertreten. Eine anteilige Kostbeteiligung würde zudem zu einer Bevorteilung des Vermieters führen, da er einerseits eine Kompensation von seinem bisherigen Mieter erhält, andererseits den aktuellen Renovierungszustand als zusätzlichen Faktor für die Bemessung der Miete verwenden kann. Folglich hat B keine Gegenforderung gegen die K. Folglich bestand zur Zeit der Aufrechnungserklärung keine Aufrechnungslage. Also ist der Anspruch der K gegen B nicht gem. § 389 BGB erloschen. B. Ergebnis Die K haben gegen B einen Anspruch auf Rückzahlung der 1.184 € aus dem Mietvertrag gem. § 535 I BGB i. V. m. der Kautionsabrede gem. § 7 des Vertrages. Jura Intensiv Das LG Krefeld nimmt inhaltlich Bezug auf das Urteil des BGH vom 08.07.2020, VIII ZR 163/18. Im Fall des BGH hatten die Mieter eine Wohnung mit „gebrauchter Dekoration“ angemietet und dabei ausdrücklich ihr Einverständnis erklärt, in eine unrenovierte Wohnung einzuziehen. Die Schönheitsreparaturklausel des Mietvertrages war – wie im vorliegenden Fall – unwirksam. Die Mieter verlangten in der Folgezeit vom Vermieter die Vornahme von Schönheitsreparaturen gem. § 535 I 2 BGB. Dieser weigerte sich zwar vergeblich, diese ausführen zu müssen, jedoch verurteilte ihn das Gericht nur gegen eine Kostenbeteiligung der Mieter. Der BGH sah einen Verstoß der Mieter gegen Treu und Glauben gem. § 242 BGB in der Fallgruppe des venire contra factum propriums darin, den unrenovierten Zustand des Objekts in Kenntnis aller Umstände bei Vertragsschluss und Übergabe akzeptiert zu haben, um dann nachträglich die Rechte aus § 535 I 2 BGB geltend zu machen, um vom gesteigerten Wohnwert profitieren zu können. Hier liegt der Fall anders, weil die Mieter aufgrund ihres Auszugs eben nicht vom gesteigerten Wohnwert profitieren können. FAZIT Dieses Urteil des LG Krefeld ist in zweierlei Hinsicht interessant. Zum einen enthält es einen neuen Rechtsgedanken zur Unwirksamkeit einer Schönheitsreparaturklausel mit flexiblem Fristenplan gem. § 309 Nr. 12 BGB, zum anderen trifft das Gericht eine wichtige Abgrenzung zum Urteil des BGH vom 08.07.2020, VIII ZR 163/18. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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