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RA Digital - 10/2022

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524 Referendarteil:

524 Referendarteil: Zivilrecht RA 10/2022 Auch keine teilweise Freigabe aufgrund des Fortbestandes der Geschäftsbeziehung Letztes Thema: Prüfung, ob sich der Freigabeanspruch aus dem Gesetz ergibt Fiduziarisch = treuhänderisch BGH, Beschluss vom 27.11.1997, GSZ 1/97 und 2/97 BGH, Urteil vom 19.04.2013, V ZR 47/12; BGH, Urteil vom 08.12.1989, V ZR 53/88; BGH, Urteil vom 19.04.2018, IX ZR 230/15 BGH, Beschluss vom 27.11.1997, GSZ 1/97 und 2/97 BGH, Urteil vom 19.04.2013, V ZR 47/12 Ebenfalls besteht kein Anspruch auf teilweise Freigabe der Grundschuld. Dis ergibt sich insbesondere nicht aus Nr. 1.6 Abs. 1 Satz 2 der Sicherungsabrede i. V. m. Nr. 22 Abs. 2 der allgemeinen Geschäftsbedingungen der B. Die Voraussetzungen hierfür liegen nicht vor, da die Geschäftsbeziehung zwischen der B und dem D einschließlich der Sicherungsvereinbarung unverändert fortbesteht. Zuletzt stellt sich die Frage, ob der Freigabeanspruch kraft Gesetzes entsteht. [22] Aus der Treuhandnatur des Sicherungsvertrags ergibt sich ungeachtet eines ausdrücklich vereinbarten Freigabeanspruchs die Pflicht des Sicherungsnehmers, die Sicherheit schon vor Beendigung des Vertrags zurückzugewähren, wenn und soweit sie endgültig nicht mehr benötigt wird. Diese Pflicht folgt gemäß § 157 BGB aus dem fiduziarischen Charakter der Sicherungsabrede sowie der Interessenlage der Vertragsparteien. Soweit Sicherheiten nicht nur vorübergehend nicht mehr benötigt werden, ist ihr weiteres Verbleiben beim Sicherungsnehmer ungerechtfertigt (vgl. BGH (…)). Wenn sich aus der Sicherungsvereinbarung nichts anderes ergibt, muss daher die Grundschuld in diesen Fällen auf Verlangen des Sicherungsgebers auch in Teilen zurückgewährt werden (vgl. BGH (…)). [23] Entgegen der Ansicht der Revision liegt eine lediglich vorübergehende Übersicherung des Sicherungsnehmers nicht nur dann vor, wenn eine Revalutierung oder das Entstehen sonstiger zu sichernder Forderungen gegen den Sicherungsgeber konkret absehbar ist und bevorsteht. Vorübergehend ist eine Übersicherung bei einer weiten Sicherungsabrede vielmehr solange, bis sie endgültig ist (vgl. BGH (…)). (…) Das ist bei einer weiten Sicherungsvereinbarung (erst) der Fall, wenn die Geschäftsbeziehung zwischen Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer beendet (vgl. BGH (…)) oder wenn die Sicherungsvereinbarung geändert oder gekündigt wurde. (…). Denn dann ist eine Revalutierung der Grundschuld ungeachtet des vereinbarten weiten Sicherungszwecks sicher ausgeschlossen. Jura Intensiv Eine Beendigung der gesamten Geschäftsbeziehung zwischen der B und dem D liegt indes aber unstrittig nicht vor. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 I 1, 709 ZPO. FAZIT Vermisst habe ich in den Entscheidungsgründen eine Auseinandersetzung mit dem Umstand, dass für den D ein Pfändungsschutzkonto gem. 850k ZPO eingerichtet worden ist, was zumindest als Indiz für eine nicht nur vorrübergehende Kreditunwürdigkeit des D und als Hindernis für weitere Darlehensverträge aus Sicht der B zu werten sein dürfte. Außerdem darf durchaus auf die Ironie hingewiesen werden, dass in diesem Fall die weite Sicherungsabrede zwischen Sicherungsnehmer (B) und Sicherungsgeber (D) hier letzten Endes eine Schutzwirkung zugunsten des D entfaltet, weil sie faktisch die Vollstreckung der Forderungen von K gegen D verhindert. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 10/2022 Referendarteil: Zivilrecht 525 Problem: Energieversorger: Kündigungsausschluss in AGB Einordnung: Schuldrecht AT OLG Köln, Urteil vom 02.09.2022 6 U 71/22 EINLEITUNG Neben den Preisen der Hauptleistungen von Energielieferanten werben diese häufig mit kundenfreundlichen Nebenleistungen. Seien dies Einmalzahlungen, Werbegeschenke oder auch einfache kundenorientierte Kontaktmöglichkeiten. Prüfen musste hier das OLG Köln, ob der Versorger das Kündigungsrecht des Kunden ausschließen kann, wenn das Kundenportal des Versorgers „kurzfristig beeinträchtigt“ ist. Die Entscheidung wird als erstinstanzliches Urteil dargestellt. TATBESTAND Der Kläger (K) ist ein gemeinnütziger Verbraucherschutzverein, der in die vom Bundesamt für Justiz geführte Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragen ist. Die Beklagte (B) ist ein Energielieferant, der seine Leistung gegenüber Endverbrauchern außerhalb der Grundversorgung erbringt. Die B nutzte unter Ziff. 1.5.4 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen folgende Klausel: „1.5.4 Kurzzeitige Beeinträchtigungen in der Verfügbarkeit des Kundenportals sind zumutbar im Sinne des § 314 Abs. 1 BGB und berechtigen Dich nicht zur außerordentlichen Kündigung des Vertrages.“ Mit Schreiben vom (…) mahnte K die B erfolglos wegen dieser Klausel und weiterer Wettbewerbsverletzungen ab und forderte zur Erstattung einer Abmahnkostenpauschale in Höhe von 214,- € auf. Mit Schreiben vom (…) übersandte K der B eine Rechnung hinsichtlich dieser Abmahnkosten. K vertritt die Rechtsauffassung, die AGB unter der Klausel 1.5.4 verstoße gegen §§ 307, 308 Nr. 4 BGB. Es fehle an einem triftigen Grund. Zudem sei die Klausel intransparent. Jura Intensiv Der Kläger beantragt, 1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollstrecken an der Geschäftsführerin, zu unterlassen, in Bezug auf Stromlieferverträge, die mit Verbrauchern geschlossen werden, die nachfolgenden oder inhaltsgleichen Bestimmungen als Allgemeine Geschäftsbedingungen zu verwenden, einzubeziehen oder sich auf die Bestimmung bei der Abwicklung derartiger Verträge zu berufen: [1.5.4] Kurzzeitige Beeinträchtigungen in der Verfügbarkeit des Kundenportals sind zumutbar im Sinne des § 314 Abs. 1 BGB und berechtigen dich nicht zur außerordentlichen Kündigung des Vertrags. 2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 214,- € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. LEITSÄTZE 1. Ergänzt eine Klausel einer AGB Rechtsvorschriften oder füllt sie diese aus, unterliegt die Klausel nicht § 307 III BGB und kann dahingehend rechtlich überprüft werden, ob und wie der Verwender das Gesetz ergänzt hat. 2. Werden dem Vertragspartner des Verwenders sämtliche Rechte in Bezug auf einer Nebenpflicht des Verwenders entzogen, kann dies als einseitiges Recht zur Leistungsänderung auf Seiten des Verwenders i. S. d. § 308 Nr. 4 BGB gedeutet werden. 3. Wird lediglich das Recht zur fristlosen Kündigung für den Fall einer Nebenpflichtverletzung ausgeschlossen, ergibt sich hieraus nicht zwingend ein Verstoß gegen § 308 Nr. 4 BGB, wenn sämtliche weiteren Rechte, die sich aus der Nebenpflichtverletzung ergeben können, wie etwa ein Anspruch auf entsprechende Leistung oder insbesondere auch Schadensersatzansprüche, bestehen bleiben. Die Formatierung in kursiv dient hier für Sie als Leseerleichterung. Sie „formatieren“ in Ihrer Klausur Ausführungen zum unstreitigen Tatbestand nicht. Das Unstreitige wird im Indikativ Imperfekt dargestellt. Ausnahmen – insbesondere hier – sind Umstände, die sich auf die Gegenwart beziehen. Aktuelle Anträge sind hervorzuheben. Dies erfolgt stets durch Einrücken, Thomas/Putzo/Seiler, ZPO, § 313 Rn 19. Klageanträge müssen bestimmt sein, § 253 II Nr. 1 ZPO; arg. ex §§ 308 I 1, 704, ZPO. Bei Unterlassungsanträgen muss die zu unterlassende Handlung möglichst genau beschrieben werden. Dies führt zu „längeren“ Anträgen. Im Übrigen orientiert sich der Rahmentenor an § 890 I ZPO. Klassischer Antrag hinsichtlich vorgerichtlicher Nebenforderungen. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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