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RA Digital - 11/2016

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574 Zivilrecht

574 Zivilrecht RA 11/2016 In Klausuren kommt es weniger auf die dogmatische Herleitung des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter (VSD) als auf die Beherrschung seiner Voraussetzungen an. Schutzwirkung des Aktienkaufvertrags zwischen dem Land und F zugunsten des K Leistungsnähe bei Anwaltsverträgen nur in ganz wenigen Situationen zu bejahen Fallgruppe 1: Mandant erstrebt Vermögenszuwachs beim Dritten/ Drittem selbstbestimmte Einwirkungen auf sein Vermögen zu ermöglichen Fallgruppe 2: Leistung des Anwalts ist dazu bestimmt, dass der Dritte Handlungsgebote zur Haftungsvermeidung treffen und einhalten kannJura Hierdurch sei ihm ein Schaden entstanden, für den die B einzustehen habe, weil der mit dem Land abgeschlossene Anwaltsvertrag Schutzwirkung für Dritte entfalte. Der Schaden resultiere vorliegend aus den Prozesskosten für die Verteidigung im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren. Zu Recht? LÖSUNG A. K gegen B auf Ersatz der Anwaltskosten gem. § 280 I BGB i.V.m. den Grundsätzen des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter K könnte gegen B einen Anspruch auf Ersatz der Anwaltskosten gem. § 280 I BGB haben. I. Schuldverhältnis Als Schuldverhältnis kommt der zwischen dem Land und F geschlossene Aktienkaufvertrag in Betracht. Fraglich ist jedoch, ob K, der nicht selbst Vertragspartner ist, Ansprüche daraus ableiten kann. Grundsätzlich betrifft eine vertragliche Vereinbarung nur die jeweiligen Vertragspartner. Hier könnte K jedoch in den Schutzbereich des Vertrages einbezogen sein. 1. Leistungsnähe Dies setzt zunächst eine sog. Leistungsnähe voraus. Der Dritte muss bestimmungsgemäß mit der Leistung in Berührung kommen und den Gefahren von Schutzpflichtverletzungen ebenso ausgesetzt sein wie der Gläubiger. „Entscheidend für eine Ersatzpflicht hinsichtlich von Vermögensschäden des Dritten ist, ob die vom Anwalt zu erbringende Leistung nach objektivem Empfängerhorizont auch dazu bestimmt ist, dem Dritten Schutz vor möglichen Vermögensschäden zu vermitteln. Der Auftraggeber muss ein entscheidendes Eigeninteresse an der Wahrung der Drittinteressen haben. Inwieweit dieses Näheverhältnis besteht, hängt entscheidend von Ausprägung und Inhalt des anwaltlichen Beratungsvertrags ab. Hierzu lassen sich bei anwaltlichen oder steuerlichen Beratungsleistungen insbesondere zwei Fallgruppen unterscheiden.“ Kennzeichnend für die eine Fallgruppe ist, dass die vom Anwalt oder Steuerberater zu erbringende Leistung nach objektivem Empfängerhorizont auch dazu bestimmt ist, dass ein Dritter die Beratungsleistung als Grundlage für Dispositionen über sein eigenes Vermögen verwenden oder auf ihrer Grundlage dem Dritten ein Vermögensvorteil zugewendet werden soll. Hierzu zählt etwa die Haftung des Beraters gegenüber Gesellschaftern der von ihm beratenen Gesellschaft, weil die Gesellschafter durch Vermögensdispositionen Schäden erleiden. Der eine Teil dieser Fälle zeichnet sich dadurch aus, dass der Mandant einen Vermögenszuwachs beim Dritten erstrebt. Den übrigen Fällen ist gemeinsam, dass die Beratungsleistung in erster Linie oder jedenfalls in gleichem Maße wie gegenüber dem Mandanten dazu dient, dem Dritten selbstbestimmte Einwirkungen auf sein eigenes Vermögen zu ermöglichen, sei es, dass er Rechte erwerben soll, sei es, dass Verluste vermieden werden. Demgegenüber besteht die Besonderheit der anderen Fallgruppe darin, dass die Leistung des Anwalts nach objektivem Empfängerhorizont (auch) dazu bestimmt ist, dass der Dritte konkret feststehende Handlungsgebote, die ihn persönlich - neben dem Mandanten oder allein - treffen, einhalten und so eine - regelmäßig neben die des Mandanten tretende - persönliche Intensiv Inhaltsverzeichnis

RA 11/2016 Zivilrecht 575 Haftung vermeiden kann. Daher ergibt sich bei einer steuerlichen Beratung der GmbH eine Leistungsnähe zugunsten des Geschäftsführers aus § 34 I AO, wonach er kraft gesetzlicher Anordnung die steuerlichen Pflichten der Gesellschaft zu erfüllen hat, und aus § 69 AO, wonach der Geschäftsführer unter bestimmten Voraussetzungen persönlich neben der Gesellschaft für deren Steuerschulden haftet.“ Herleitung des VSD aus § 34 AO oder § 69 AO bei steuerlicher Beratung Mit diesen Fallgestaltungen ist der Streitfall nicht vergleichbar: „Ein zwischen Mandant und Anwalt geschlossener Beratungsvertrag hat im allgemeinen keine Schutzwirkungen zugunsten des Vertreters des Mandanten für Vermögenseinbußen des Vertreters, soweit Gegenstand des Anwaltsvertrags die Beratung für Entscheidungen des Mandanten ist und für den Vertreter die Gefahr besteht, auf der Grundlage der anwaltlichen Beratung seinerseits seine gegenüber dem Mandanten bestehenden Pflichten zu verletzen. Die Leistungen des Anwalts weisen in einem solchen Fall weder ein besonderes Näheverhältnis zu den Pflichten des Vertreters auf, noch hat der Mandant - ohne besondere Anhaltspunkte - ein eigenes Interesse an der Einbeziehung seines Vertreters in den Schutzbereich dieses Anwaltsvertrags. Der Schutz des Vertreters vor vermögensrechtlichen Nachteilen, die sich aus dem - begründeten oder unbegründeten - Verdacht einer Pflichtverletzung gegenüber dem Mandanten ergeben können, obliegt vielmehr regelmäßig dem Vertreter selbst.“ [Zunächst dient die vom Anwalt zu erbringende Leistung in diesen Fällen nach dem Inhalt des Vertrags entsprechend dem objektiven Empfängerhorizont weder eigenen vermögensrechtlichen Dispositionen des Vertreters noch soll sie den Vertreter vor einer Haftung gegenüber Außenstehenden aufgrund eigener Handlungspflichten des Vertreters bewahren, die im Interesse Außenstehender liegen. Die Beratung erfolgt in solchen Fällen vielmehr typischerweise zur Vorbereitung einer Entscheidung des Mandanten.“ Jura Intensiv Es entspricht feststehender Rechtsprechung, dass eine drittschützende Wirkung ausscheidet, wenn die vertraglich geschuldete Leistung weder für Vermögensdispositionen des Dritten noch zum Schutz des Vermögens des Dritten dient, sondern der Vorbereitung einer Entscheidung des Mandanten. Fallgruppen sind hier nicht einschlägig Der Schutz des Vertreters obliegt regelmäßig dem Vertreter selbst. Beratung erfolgte allein zur Vorbereitung einer Entscheidung des Mandanten „[27] Diese Wertungen treffen auch auf das Handeln des Vertreters aufgrund einer dem Mandanten vom Anwalt oder Steuerberater erteilten Beratung zu. Auch hier dient die Beratung der Vorbereitung der Entscheidung des Mandanten. Dies gilt sowohl für die materiell-rechtlichen Voraussetzungen als auch für die formalen Anforderungen. Soweit der Vertreter die dem Mandanten erteilte Beratung seinem Handeln für den Mandanten zugrunde legt, hat die Beratungsleistung des Anwalts nur reflexartige Haftungsauswirkungen auf das Vermögen des Vertreters. Denn der Dritte handelt nicht für sich selbst, sondern als - organschaftlicher oder rechtsgeschäftlicher - Vertreter für den Mandanten; erst dieses Vertreterhandeln führt zu Haftungsfolgen beim Dritten, sofern dieser seine Pflichten gegenüber dem Mandanten verletzt oder - ausnahmsweise - eine Eigenhaftung des Vertreters besteht.“ Inhaltsverzeichnis

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