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RA Digital - 11/2016

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590 Öffentliches Recht

590 Öffentliches Recht RA 11/2016 Umschreibung „oberstes organ“ Bundes- Faktoren des Verfassungslebens folgt, dass nur solche (Verfassungs-) Organe parteifähig sind, die von der Verfassung in Existenz, Status und wesentlichen Kompetenzen konstituiert werden, dem Staat durch Existenz und Funktion seine spezifische Gestalt verleihen und durch ihre Tätigkeit an der obersten Staatsleitung Anteil haben.“ Die Einrichtung der G 10-Kommission basiert auf Art. 10 II 2 GG i.V.m. § 15 G 10-Gesetz. Charakterisierung der G 10-Kommission: Kontrollorgan eigener Art. G 10-Kommission kein oberstes Bundesorgan, weil: • Existenz nicht verfassungsrechtlich garantiert • wesentliche Kompetenzen nicht im GG normiert • keine Teilhabe an der obersten Staatsleitung. „[41] Der Gesetzgeber hat damit […] ein Organ geschaffen, das an die Stelle des Rechtswegs tritt, aber kein Gericht ist, das innerhalb des Funktionsbereichs der Exekutive agiert, aber nicht in diese inkorporiert ist, das Rechtskontrolle ausübt, aber auch Opportunitätserwägungen treffen kann. Es handelt sich um ein Kontrollorgan eigener Art außerhalb der rechtsprechenden Gewalt, das als Ersatz für den fehlenden gerichtlichen Rechtsschutz dient. [43] Sie wird nicht von der Verfassung […] in Existenz, Status und wesentlichen Kompetenzen konstituiert. [45] Art. 10 Abs. 2 Satz 2 GG enthält keinen verbindlichen Verfassungsauftrag. Das Gesetz „kann“ bestimmen, dass Beschränkungsmaßnahmen dem Betroffenen nicht mitgeteilt werden und dass an die Stelle des Rechtsweges die Nachprüfung durch von der Volksvertretung bestellte Organe und Hilfsorgane tritt. […] Art. 10 Abs. 2 Satz 2 GG ermächtigt zu einer Beschränkung der Mitteilungspflicht, gebietet eine solche aber nicht. Würde der einfache Gesetzgeber eine Mitteilungspflicht gegenüber den Betroffenen begründen, entfiele folglich das verfassungsrechtliche Bedürfnis der Existenz eines Kontrollorgans. Damit hängt schon die Existenz der G 10-Kommission vom Willen des Gesetzgebers ab. Darüber hinaus verlangt Art. 10 Abs. 2 Satz 2 GG nur, dass das zu seiner Ausführung ergehende Gesetz „ein“ Organ vorsehen muss. Wie die Kontrolle auszugestalten ist, schreibt die Verfassung nicht vor. […] Folglich steht es dem Gesetzgeber auch frei, Status und wesentliche Kompetenzen des Organs zu definieren, soweit eine hinreichend wirksame Kontrolle gewährleistet ist. [46] Überdies weist die Verfassung der G 10-Kommission keine eigenständigen Aufgaben im Bereich der politischen Staatsleitung zu. Sie hat keinen verfassungsunmittelbaren Status im Prozess demokratischer Willensbildung und staatlicher Entscheidungsfindung, so dass sie keinen Anteil an der Bildung des Staatswillens hat. Jura Intensiv Daher ist die G 10-Kommission kein oberstes Bundesorgan i.S.v. Art. 93 I Nr. 1 GG. II. Andere Beteiligte i.S.v. Art. 93 I Nr. 1 GG Die G 10-Kommission könnte aber als andere Beteiligte i.S.v. Art. 93 I Nr. 1 GG parteifähig sein. Wortlautauslegung: G 10-Kommission nicht im GG und der GO BT erwähnt. „[50] Die G 10-Kommission ist nicht Teil des Deutschen Bundestages. Ungeachtet des Umstandes, dass das Grundgesetz sie schon nicht explizit erwähnt, bezeichnet Art. 10 Abs. 2 Satz 2 GG das Hilfsorgan - anders als den Wehrbeauftragten in Art. 45b GG - nicht als eines „des Bundestages“. Inhaltsverzeichnis

RA 11/2016 Öffentliches Recht 591 Auch wird die G 10-Kommission nicht wie das Parlamentarische Kontrollgremium in Art. 45d GG als Pflichtgremium des Deutschen Bundestages statuiert. Zwar wird das Organ oder Hilfsorgan nach Art. 10 Abs. 2 Satz 2 GG von der Volksvertretung bestellt. […] Allein die Tatsache, dass die Mitglieder der G 10-Kommission durch ein parlamentarisches Gremium gewählt werden, qualifiziert die G 10-Kommission aber noch nicht als Teil des Deutschen Bundestages, vielmehr wird dadurch die demokratische Legitimation der G 10-Kommission sichergestellt. […] [51] Die G 10-Kommission übt schließlich keine parlamentarische Kontrollfunktion aus. [53] Im Anwendungsbereich des G 10 obliegt dem Parlamentarischen Kontrollgremium die politische Kontrolle. [54] Die G 10-Kommission hingegen wird im Funktionsbereich der Exekutive, mithin im „operativen“ Bereich tätig, indem sie über die Zulässigkeit und Notwendigkeit von konkreten Beschränkungsmaßnahmen entscheidet. [56] Einer Ausweitung des verfahrensrechtlichen Parteibegriffs - wie es sie das Bundesverfassungsgericht bei Bundestagsabgeordneten und politischen Parteien für geboten hielt - steht entgegen, dass die G 10-Kommission keine […] verfassungsrechtlich notwendige Institution ist. Die G 10-Kommission dient dem Grundrechtsschutz. Dieser ist aber verfassungsprozessual nicht von ihr im Wege des Organstreitverfahrens zu bewerkstelligen, sondern von den überwachten Personen per Verfassungsbeschwerde. „[59] Diese sind - trotz der Unbemerkbarkeit solcher Beschränkungsmaßnahmen - nicht schutzlos gestellt. […] [60] […] Zwar ist grundsätzlich eine Verfassungsbeschwerde nur zulässig, wenn der Beschwerdeführer durch den angegriffenen Akt der öffentlichen Gewalt selbst, unmittelbar und gegenwärtig betroffen ist. Bei der strategischen Überwachung nach § 5 G 10 handelt es sich aber […] um einen Ausnahmefall, weil nach dem gesamten Geschehensablauf der Einzelne nicht weiß und nicht wissen kann, ob er tatsächlich von Maßnahmen nach § 5 G 10 betroffen ist. Für die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde reicht es deshalb aus, wenn der Bürger darlegt, dass er mit einiger Wahrscheinlichkeit durch die Anordnung in seinen Grundrechten verletzt sei, auch wenn er im Einzelnen nicht vortragen kann, er sei tatsächlich von Maßnahmen der strategischen Kontrolle betroffen.“ Jura Intensiv Systematischer Vergleich mit Art. 45b, 45d GG Teleologische Auslegung Vgl. § 14 G 10-Gesetz Vgl. § 15 V G 10-Gesetz Vergleich mit BT-Abgeordneten und Parteien, die „andere Beteiligte“ sind: Fällt negativ aus, weil G 10-Kommission dem Grundrechtsschutz dient, der aber prozessual per Verfassungsbeschwerde und nicht im Organstreitverfahren geltend zu machen ist. Keine Rechtsschutzlücke ersichtlich, die es verlangt, die G 10-Kommission als parteifähig anzusehen. Ausreichender Grundrechtsschutz per Verfassungsbeschwerde möglich. Vgl. BVerfGE 67, 157, 169f. Somit ist die G 10-Kommission auch keine andere Beteiligte i.S.v. Art. 93 I Nr. 1 GG und daher im Organstreitverfahren nicht parteifähig. FAZIT Der Beschluss des BVerfG beschreibt mustergültig die Voraussetzungen für eine Parteifähigkeit im Organstreitverfahren. Inhaltsverzeichnis

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