596 Öffentliches Recht RA 11/2016 Argumente für Angemessenheit der 48-Stundenfrist: Effizienz der Gefahrenabwehr; Frist genügt, um typische Abwesenheitszeiten zu berücksichtigen. Gegenteilige Respr. anderer Obergerichte: 72-Stundenfrist (z.B. OVG Bautzen, Urteil vom 23.3.2009, 3 B 891/06, juris Rn 32ff.; OVG Hamburg, Urteil vom 7.10.2008, 3 Bf 116/08, juris Rn 50ff.; VGH Mannheim, Urteil vom 13.2.2007, 1 S 822/05, juris Rn 22f.) Erschüttert das OVG Münster nicht in seiner Rechtsüberzeugung. Kurze Frist kann durchaus auch dem Bürger zugute kommen, wenn ein Halteverbot zu seinen Gunsten angeordnet werden soll. die Einrichtung eines Halteverbots notwendig machen, regelmäßig einen zeitlichen Vorlauf von 48 Stunden zu. Angesichts der vielfältigen Anforderungen, die insbesondere unter den heutigen großstädtischen Bedingungen in straßenverkehrsrechtlicher und sonstiger Hinsicht an den Straßenraum gestellt werden, ist eine wesentliche Einschränkung der Effizienz der Gefahrenabwehr zu befürchten, wenn die Vorlaufzeit auf mehr als 48 Stunden bemessen wird. Eine Frist von 48 Stunden ist grundsätzlich ausreichend, um Fahrzeughalter vor überraschenden Abschleppmaßnahmen mit dem Folgeaufwand an Zeit und Geld zu bewahren. Eine derartige Vorlaufzeit deckt typische kürzere Abwesenheitszeiten - wie etwa an Wochenenden - ab. Der Senat geht dabei davon aus, dass das Risiko, das sich in Konstellationen der vorliegenden Art verwirklicht, der Sphäre des Fahrzeugeigentümers bzw. -führers zuzuordnen ist. Der ruhende Verkehr einschließlich des Dauerparkens gehört zwar generell zu den straßenverkehrsrechtlich erlaubten Formen der Teilnahme am Straßenverkehr. Die Erwartung, im öffentlichen Verkehrsraum an einer bestimmten Stelle für einen längeren Zeitraum parken zu können, ist rechtlich jedoch nicht geschützt. Dies folgt aus dem Umstand, dass nicht der ruhende, sondern primär der fließende Verkehr die notwendigen Regelungsinstrumentarien prägt, die entsprechend den Anforderungen des heutigen Straßenverkehrs vielfältigen Situationen gerecht werden und deshalb flexibel einsetzbar, insbesondere kurzfristig veränderbar sein müssen. Ein entsprechend flexibles Verhalten ist von allen Verkehrsteilnehmern, also auch von den Teilnehmern am ruhenden Verkehr zu verlangen. Auch sie müssen stets den Eintritt von Situationen in Rechnung stellen, die einer längerfristigen, ungehinderten Inanspruchnahme des öffentlichen Verkehrsraumes entgegenstehen. […] Der Senat hält auch in Anbetracht dessen an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, dass andere Obergerichte […] inzwischen davon ausgehen, dass im Regelfall unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten die Kosten für das Abschleppen eines ursprünglich rechtmäßig geparkten Fahrzeugs aus einem später eingerichteten Halteverbot nur bei Einräumung einer Mindestvorlauffrist von drei vollen Tagen, d. h. beim Entfernen des Fahrzeugs erst am vierten Tag nach dem Aufstellen der Halteverbotsschilder, vom Fahrzeugverantwortlichen verlangt werden können. Der Senat kann nicht erkennen, dass der Aufwand einer an einer Vorlauffrist von 48 Stunden ausgerichteten Kontrolle der Verkehrsregelungen am Abstellort seines Fahrzeugs für einen Dauerparker zur Vermeidung der mit einem Entfernen des Fahrzeugs aus einer nachträglich eingerichteten Halteverbotszone verbundenen Nachteile regelmäßig unzumutbar wäre. Eine Vorlauffrist von nur 48 Stunden ermöglicht den Straßenverkehrsbehörden ein Handeln ohne längeren organisatorischen Vorlauf und damit zugleich einen flexiblen und effektiven Mitteleinsatz auch auf Seiten derjenigen Privaten - Unternehmen und Einzelpersonen -, die darauf angewiesen sind, für einen begrenzten Zeitraum bestimmte Bereiche des öffentlichen Straßenraums berechtigterweise nutzen zu können, ohne dass dieser zugleich durch (andere) Fahrzeuge in Anspruch genommen wird. Dass die Straßenverkehrsbehörden in der Praxis Aufstellern von mobilen Halteverbotsschildern vorgeben, zwischen dem Einrichten der temporären Halteverbotszone und dem Beginn ihrer Geltungsdauer bzw. ihrer Jura Intensiv Inhaltsverzeichnis
RA 11/2016 Öffentliches Recht 597 Inanspruchnahme einen längeren Zeitraum (z.B. 72 Stunden) einzuhalten, lässt nicht darauf schließen, dass die für ein kostenpflichtiges Abschleppen eines Fahrzeugs aus dem nachträglich eingerichteten Halteverbot einzuhaltende Mindestvorlauffrist sich entsprechend verlängern könnte, ohne dass hiermit die Effizienz der Gefahrenabwehr berührt würde - und damit unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten entsprechend zu verlängern wäre. Im Ergebnis bewirkt diese Praxis gerade, dass ein kostenpflichtiges Entfernen eines Fahrzeugs aus einer nachträglich eingerichteten Halteverbotszone ordnungsbehördlich (gegebenenfalls polizeilich) auch bei etwaiger Nichteinhaltung der von der Straßenverkehrsbehörde intern im Verhältnis zum Aufsteller der mobilen Halteverbotsschilder gemachten zeitlichen Vorgaben - auf diese kann sich der Fahrzeugverantwortliche regelmäßig nicht zu seinen Gunsten berufen - möglich bleibt. Bei einer kürzeren Vorlauffrist verringert sich (damit) zudem die Standzeit mobiler Verkehrsschilder im öffentlichen Straßenraum, wodurch die Gefahr der Veränderung ihrer Position durch Manipulation oder sonstige äußerliche Einwirkungen sinkt. Die praktische Belastung, die für einen „Dauerparker“ mit einer an einer Vorlauffrist von 48 Stunden orientierten Kontrolle der Verkehrssituation einhergeht, wiegt demgegenüber […] nicht so schwer, dass dem Interesse an deren Vermeidung Vorrang gegenüber den mit einer kurzen Vorlauffrist verbundenen Vorteilen einzuräumen wäre. Denn der Aufwand für eine Kontrolle der Verkehrssituation im Bereich des Abstellorts des Fahrzeugs erweist sich in der Regel als begrenzt, da sich dieser üblicherweise in fußläufiger Entfernung zur Wohnung des Dauerparkers befinden wird. […] Nichts anderes gilt im Streitfall deswegen, weil die Einrichtung der temporären Halteverbotszone anlässlich eines privaten Umzugs erfolgte. Auch in diesem Fall dient das Halteverbot dazu, eine störungsfreie und damit gefahrlose Durchführung von Arbeiten unter berechtigter Inanspruchnahme des öffentlichen Straßenraums zu gewährleisten. Hiervon ausgehend ist nach Auffassung des Senats bei der Bestimmung einer Vorlauffrist nicht danach zu differenzieren, ob das Halteverbot anlässlich der Durchführung von im privaten oder im öffentlichen Interesse stehenden Arbeiten oder Veranstaltungen eingerichtet wird. Jura Intensiv 72-Stundenfrist im Verhältnis Behörde – private Aufsteller der Halteverbotsschilder wirkt nicht zugunsten eines Falschparkers. Weiterer Vorteil aus Sicht des OVG: kürzere Frist = geringere Gefahr der Manipulation des Verkehrszeichens. Abstellort des Kfz zudem meist fußläufig erreichbar Einrichtung einer Halteverbotszone zugunsten einer Privatperson ändert an der Vorlauffrist nichts. Demnach war der Verwaltungszwang gem. § 55 II VwVG NRW zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr notwendig. ee) Besondere Vollstreckungsvoraussetzungen Die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen sind abhängig von dem konkret einschlägigen Zwangsmittel. Das Abschleppen des Fahrzeugs stellt sich als Ersatzvornahme gem. § 59 I 1 VwVG NRW dar. Von der Androhung durfte abgesehen werden gem. § 63 I 5 VwVG NRW. Die Festsetzung des Zwangsmittels entfällt gem. § 64 S. 2 VwVG NRW. Anderweitige Bedenken gegen die Zwangsmittelanwendung bestehen nicht. Somit war die Vollstreckungsmaßnahme rechtmäßig. 2. Richtige Gebührenschuldnerin Als Verursacherin der Gefahr und damit der Vollstreckung ist K gebührenpflichtig. Inhaltsverzeichnis
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