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RA Digital - 11/2016

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612 Strafrecht

612 Strafrecht RA 11/2016 gewerbsmäßig oder vom Mitglied einer entsprechenden Bande begangen wurde. Dies ist hier nicht der Fall, sodass A nicht gem. § 261 StGB strafbar ist. C. Strafbarkeit gem. § 259 I StGB Durch den Verkauf des Handys könnte A sich wegen Hehlerei gem. § 259 I StGB strafbar gemacht haben. Dann müsste es sich bei dem Handy um eine Sache handeln, die ein anderer gestohlen oder durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Tat erlangt hat. Das Handy wurde zwar durch eine rechtswidrige Tat i.S.v. § 11 I Nr. 5 StGB erlangt, nämlich eine Erpressung. Allerdings hat A diese Vortat selbst begangen, sodass er als Täter einer Hehlerei an dem Handy nicht in Betracht kommt. A ist nicht strafbar gem. § 259 I StGB. In dieser klassischen Klausurkonstellation, in der ein Dritter nach Täuschung durch den Täter gutgläubig das Eigentum erwirbt, stellen sich stets zwei Standard-Probleme: 1. Begründet das gutgläubig erworbene Eigentum zumindest einen Gefährdungsschaden i.R.v. § 263 I StGB? 2. Wenn und weil dies in der Regel abzulehnen ist, ist bei der Unterschlagung das Problem der Zweitzueignung anzusprechen, die wegen der Schadensvertiefung durch den gutgläubigen Eigentumserwerb ausnahmsweise gem. § 246 I StGB strafbar ist. D. Strafbarkeit gem. § 246 I StGB Durch den Verkauf des Handys könnte A sich jedoch wegen Unterschlagung gem. § 246 I StGB strafbar gemacht haben. I. Tatbestand Das Handy stand im Eigentum der H und stellt deshalb für A eine fremde bewegliche Sache dar. Diese müsste A auch sich oder einem Dritten zugeeignet haben. Zueignung i.S.v. § 246 I ist die Manifestation des Zueignungswillens. A hat mit Aneignungs- und Enteignungswillen gehandelt und diesen durch das Auftreten als Eigentümer beim Verkauf des Gerätes auch hinreichend deutlich manifestiert. Zwar besteht Einigkeit darüber, dass eine Strafbarkeit gem. § 246 I grundsätzlich nicht gegeben ist, wenn die Unterschlagung durch eine Zweitzueignung nach einer bereits strafbaren Erstzueignung begangen würde. Hier hatte A sich das Handy zwar bereits zuvor durch eine Erpressung zugeeignet, sodass der Verkauf eine Zweitzueignung darstellen würde. Eine solche ist ausnahmsweise aber doch gem. § 246 I StGB strafbar, wenn sie eine wesentliche Schadensvertiefung bewirkt. Eine solche ist hier auch gegeben, da H durch die Erstzueignung leidglich Besitz und Gewahrsam an dem Handy verloren hatte, während sie durch die Zweitzueignung auch das Eigentum daran verliert. Die Zueignung des A war auch rechtswidrig, da er keinen Anspruch auf diese hatte. Da A auch vorsätzlich handelte, hat er den Tatbestand des § 246 I StGB verwirklicht. Jura Intensiv II. Rechtswidrigkeit und Schuld A handelte auch rechtswidrig und schuldhaft. III. Ergebnis A ist strafbar gem. § 246 I StGB. Inhaltsverzeichnis

RA 11/2016 Referendarteil: Strafrecht 613 Speziell für Referendare Problem: Wirksamer Eröffnungsbeschluss Einordnung: Verfahrensvoraussetzung OLG Saarbrücken, Beschluss vom 04.04.2016 Ss 10/2016 (9/16) EINLEITUNG Das Zwischenverfahren nach den §§ 199 ff. StPO wird mit einem Beschluss über die Eröffnung oder Nichteröffnung des Hauptverfahrens abgeschlossen, §§ 204, 207 StPO. Zentrale Bedeutung kommt der Dokumentation der Eröffnungsentscheidung zu. Mit der vorliegenden Entscheidung bestätigt das OLG Saarbrücken die höchstrichterliche Rspr. zur Fassung von Eröffnungsentscheidungen. SACHVERHALT Die StA erhob am 29.04. vor dem AG - Strafrichter – Anklage gegen A wegen Leistungserschleichung in 2 Fällen. Nach Zustellung der Anklage fasste der Richter am 22.05. folgenden Beschluss unter Verwendung eines Formularvordrucks „Eröffnungsbeschluss“, den er handschriftlich mit dem Datum der Beschlussfassung, dem Namen des A, dem Datum der Anklage und einer Kennzeichnung der Worte „dem Strafrichter“ ergänzte und unterschrieb: „In der Strafsache gegen A wird die Anklage der StA vom 29.4. zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet. Die Hauptverhandlung soll vor dem Strafrichter hier stattfinden.“ In einem weiteren, mittlerweile verbundenen Verfahren hat die StA dem A mit am 27.03. - ebenfalls vor dem Strafrichter des AG - erhobenen Anklage 6 weitere Fälle der Leistungserschleichung zur Last gelegt. Diese Anklage ließ der Richter mit Beschluss vom 21.05. zur Hauptverhandlung zu und eröffnete das Hauptverfahren vor dem Strafrichter des AG, wobei er ein identisches Formular in gleicher Weise ausfüllte und unterschrieb. Das AG hat den A wegen Leistungserschleichung in 8 Fällen verurteilt. Durfte das AG den A wegen der in den beiden Anklageschriften erhobenen Vorwürfe verurteilen? Jura Intensiv LÖSUNG Der Verurteilung des A wegen der erhobenen Vorwürfe könnte entgegenstehen, dass die jeweils unter Verwendung des Formulars beschlossene Eröffnung nicht wirksam ist und deshalb ein Verfahrenshindernis besteht. „[12] Auch wenn die StPO keine spezielle Formvorschrift für den Eröffnungsbeschluss enthält, ist gleichwohl anerkannt, dass es im Hinblick auf die Bedeutung des Eröffnungsbeschlusses als Grundlage des Hauptverfahrens und mit Rücksicht auf die Erweislichkeit der Beschlussfassung in weiteren Verfahrensstadien regelmäßig einer schriftlichen Niederlegung der Entscheidung bedarf. Aus dieser Entscheidung, die nicht notwendig dem Wortlaut des § 207 I StPO entsprechen muss, muss sich dabei eindeutig der Wille des Gerichts ergeben, die Anklage nach Prüfung und Bejahung der Eröffnungsvoraussetzungen zur Hauptverhandlung zuzulassen. Das fragliche Schriftstück muss daher aus Gründen der Rechtssicherheit aus sich selbst heraus oder in Verbindung mit sonstigen Urkunden mit Sicherheit erkennen lassen, dass der zuständige Richter die Eröffnung des Hauptverfahrens tatsächlich beschlossen hat. Bei der schriftlichen Niederlegung des Eröffnungsbeschlusses dürfen nach allgemeiner LEITSÄTZE 1. Zu den wesentlichen Förmlichkeiten eines wirksamen Eröffnungsbeschlusses gehört seine schriftliche Abfassung. Aus der Entscheidung muss sich dabei eindeutig der Wille des Gerichts ergeben, die Anklage nach Prüfung und Bejahung der Eröffnungsvoraussetzungen zur Hauptverhandlung zuzulassen. Das fragliche Schriftstück muss aus Gründen der Rechtssicherheit aus sich selbst heraus oder in Verbindung mit sonstigen Urkunden mit Sicherheit erkennen lassen, dass der zuständige Richter die Eröffnung des Hauptverfahrens tatsächlich beschlossen hat. 2. Bei der Verwendung eines Formularvordrucks ist ein Eröffnungsbeschluss noch nicht notwendig deshalb unwirksam, weil der zuständige Richter das Beschlussformular lediglich mit dem Nachnamen des Angeschuldigten, dem Datum der Anklage und seiner Unterschrift versehen hat und das Gericht, vor dem die Hauptverhandlung stattfinden soll, durch Ankreuzen der entsprechenden, auf dem Formular befindlichen Rubrik gekennzeichnet hat. Zu den Formerfordernissen vgl. BGH, Beschluss vom 3. 4. 2012, 2 StR 46/12; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, § 207 Rn 8, 12 Inhaltsverzeichnis

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