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RA Digital - 11/2019

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570 Zivilrecht

570 Zivilrecht RA 11/2019 I. Kaufvertrag Der hierfür zwischen K und B erforderliche Kaufvertrag wurde 2010 formwirksam geschlossen. Mangel im Sinne des § 434 I 2 Nr. 2 BGB Die für Käufer so günstigen Regeln des Verbrauchsgüterkaufs kommen bei unbeweglichen Sachen nicht zur Anwendung. Gleichzeitig bestehen die Verkäufer auf der Vereinbarung eines Haftungsausschlusses für Mängel. Ihre Rettung suchen die Käufer deshalb oft in § 444 BGB. Definition der Arglist in Bezug auf die Anforderungen im Kaufrecht Informationsdefizite sind Teil des allgemeinen Lebensrisikos. Der Verkäufer muss dem Käufer weder das Sehen und Hören noch das Denken abnehmen. Aufklärungspflicht des Verkäufers Eigene Sachkunde des Verkäufers II. Mangel zur Zeit des Gefahrübergangs Haben die Parteien den Gefahrübergang im Kaufvertrag nicht besonders geregelt, geht die Gefahr nach der gesetzlichen Regel des § 446 S. 1 BGB mit der Übergabe auf den Käufer über. Hier steht fest, dass K den Besitz erhalten haben, die Gefahr mithin überging. Zu diesem Zeitpunkt könnte ein Sachmangel gem. § 434 BGB dem Objekt angehaftet haben. Mangels Vereinbarung einer Beschaffenheit kommt ein Mangel im Sinne des § 434 I 2 Nr. 2 BGB in Betracht. [7] Zutreffend und von der Revision nicht angegriffen geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass das Wohngebäude einen Sachmangel aufwies, weil die Drainage und die Abdichtung des Gebäudes gegen eindringende Feuchtigkeit nicht nach den zum Zeitpunkt der Errichtung geltenden DIN-Vorschriften ausgeführt wurden, im Ganzen nicht den anerkannten Regeln der Technik entsprachen und nicht voll funktionstüchtig waren. Dieser Mangel lag bereits bei der Übergabe vor. III. Kein Ausschluss der Mängelhaftung Allerdings könnte die Mängelhaftung hier vertraglich ausgeschlossen sein. K und B vereinbarten formgemäß einen Haftungsausschluss für Mängel. Jedoch wäre dieser gem. § 444 BGB unwirksam, wenn B den Mangel arglistig verschwiegen hätte. Fraglich ist, ob B aufgrund seiner Angaben bei der Besichtigung einen Mangel arglistig verschwiegen hat. [11] Arglist setzt - wie das Berufungsgericht im Ausgangspunkt richtig sieht - nach der ständigen Rechtsprechung des Senats zumindest Eventualvorsatz voraus; leichtfertige oder grob fahrlässige Unkenntnis genügt dagegen nicht. Ein arglistiges Verschweigen ist danach nur gegeben, wenn der Verkäufer den Mangel kennt oder ihn zumindest für möglich hält und zugleich weiß oder doch damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Käufer den Mangel nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte. Bei Mängeln, die einer Besichtigung zugänglich und damit ohne weiteres erkennbar sind, besteht grundsätzlich keine Offenbarungspflicht; der Käufer kann insoweit eine Aufklärung nicht erwarten, weil er diese Mängel bei der im eigenen Interesse gebotenen Sorgfalt selbst wahrnehmen kann. Nicht ohne weiteres erkennbar sind indes solche Mängel, von denen bei einer Besichtigung zwar Spuren zu erkennen sind, die aber keinen tragfähigen Rückschluss auf Art und Umfang des Mangels erlauben. In diesen Fällen muss der Verkäufer gemäß seinem Kenntnisstand aufklären und darf sein konkretes Wissen nicht zurückhalten. Zieht der Verkäufer auf Grund eigener Sachkunde oder auf Grund eines von ihm eingeholten Gutachtens Schlüsse auf den Mangel und seine Ursachen, die sich dem Käufer bei einer Inaugenscheinnahme der Symptome nicht in gleicher Weise aufdrängen, kann der Käufer erwarten, dass ein redlicher Verkäufer ihm diese Schlussfolgerungen mitteilt. Jura Intensiv Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 11/2019 Zivilrecht 571 [12] Nach diesen Maßstäben ist der von dem Berufungsgericht gezogene Schluss, der Beklagte habe den Mangel an der Drainage und der Abdichtung des Wohnhauses den Klägern arglistig verschwiegen, nicht gerechtfertigt. [15] Sollte das Berufungsgericht gemeint haben, dass es für die Annahme einer arglistigen Täuschung der Kläger durch den Beklagten ausreicht, wenn dieser hinreichenden Anlass hatte, an dem Erfolg seiner Sanierungsbemühungen zu zweifeln und sich ihm aufdrängen musste, dass die eigentliche Ursache der Feuchtigkeitserscheinungen eine andere war, wäre dies nach den genannten Maßstäben unzutreffend. Hiermit wäre nur eine fahrlässige Unkenntnis des Beklagten von dem offenbarungspflichtigen Mangel belegt, nicht aber der für die Arglist vorausgesetzte Eventualvorsatz. Nach der Rechtsprechung des Senats genügt es nicht, wenn sich dem Verkäufer das Vorliegen aufklärungspflichtiger Tatsachen hätte aufdrängen müssen, weil dann die Arglist vom Vorsatz abgekoppelt und der Sache nach durch leichtfertige oder grob fahrlässige Unkenntnis ersetzt würde. Selbst ein bewusstes Sichverschließen reicht für die Annahme der Arglist nicht aus, erforderlich ist die Kenntnis der den Mangel begründenden Umstände zumindest in der Form des Eventualvorsatzes. Diese Kenntnis muss festgestellt werden; sie kann nicht durch wertende Überlegungen ersetzt werden. [23] Die Arglist des Beklagten kann schließlich nicht damit begründet werden, dieser habe die Kläger jedenfalls über die „mehrfach durchgeführten Sanierungsmaßnahmen“ aufklären müssen, also darüber, dass er die Bitumenbahn mehrfach neu verklebt hat, die Feuchtigkeit aber jeweils nach einiger Zeit wieder aufgetreten ist. Wenn der Beklagte nämlich - was nach dem zuvor Gesagten für die Revisionsinstanz zu unterstellen ist - davon ausgegangen ist, dass die Feuchtigkeitserscheinungen auf die mangelhafte Verklebung der Bitumenbahn zurückzuführen waren und jeweils nach erneutem Verkleben abtrockneten, bestand für ihn subjektiv kein Anlass, die Kläger auf die mögliche Untauglichkeit seiner Sanierungsbemühungen hinzuweisen. Jura Intensiv Fraglich ist, ob der Beklagte deswegen arglistig im Sinne von § 444 BGB gehandelt hat, indem er den Klägern gegenüber vorsätzlich falsche Angaben über die Einhaltung der einschlägigen DIN-Vorschriften bei der Erstellung der Drainage und Abdichtung des Wohnhauses gemacht habe. [25] Im Ausgangspunkt zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass der Verkäufer verpflichtet ist, Fragen des Käufers richtig und vollständig zu beantworten. Allein der Umstand, dass Fragen - hier die nach der Ursache der Feuchtigkeitsflecken - falsch beantwortet wurden, begründet jedoch noch nicht den Vorwurf der Arglist. Derjenige, der gutgläubig falsche Angaben macht, handelt nämlich grundsätzlich nicht arglistig, mag der gute Glaube auch auf Fahrlässigkeit oder selbst auf Leichtfertigkeit beruhen. Anders ist es, wenn der Verkäufer auf Fragen des Käufers falsche Angaben ohne tatsächliche Grundlage - „ins Blaue hinein“ - macht, mit deren Unrichtigkeit er rechnet; wer so antwortet, handelt grundsätzlich bedingt [26] Nach diesen Maßstäben kann nicht davon ausgegangen werden, der Beklagte habe vorsätzlich falsche Angaben über die Einhaltung der einschlägigen DIN-Vorschriften bei der Erstellung der Drainage und Abdichtung des Wohnhauses gemacht. Wer wissen will, warum in der Praxis der Nachweis der Arglist so oft misslingt, muss diese Passage aus dem Urteil genau lesen. Evidenz reicht nicht! Die Kenntnis der den Mangel begründenden Umstände muss dem Verkäufer nachgewiesen werden. Noch ein Anknüpfungspunkt für die Arglist Da staunt der Fachmann und der Laie wundert sich. Das Gericht glaubt dem Beklagten, einem Irrtum über die Ursache aufgesessen zu sein, obwohl der Beklagte vom Fach ist. Die in der Berufungsinstanz noch erfolgreiche Argumentation der Kläger, so unfähig, immer an den Symptomen herumzudoktern, aber nie die Ursache auszukurieren, könne niemand sein, der vom Fach ist, verfing beim BGH nicht. Ein weiterer Anknüpfungspunkt für eine mögliche Arglist: Die Aussagen des B über die DIN-Vorschriften. „Dummheit schützt vor Strafe nicht“, hieß es im Sprichwort. Das sieht der BGH offenbar anders, wenn jemand leichtfertig die wahre Mangelursache verkennt. Die Grenze zieht der Senat aber dort, wo jemand Angaben ins Blaue hinein macht, wenn er mit ihrer Unrichtigkeit rechnet. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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