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RA Digital - 11/2019

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574 Zivilrecht

574 Zivilrecht RA 11/2019 Der Anspruch aus § 675u S.2 BGB erfordert ferner, dass der Zahlungsdienstnutzer den Zahlungsvorgang nicht ordnungsgemäß im Sinne des § 675j BGB autorisiert hat. Alle Belege waren aber seitens K autorisiert worden. Fraglich ist aber, ob die Autorisierung gem. § 134 BGB i.V.m. § 4 I 2, V GlüStV nichtig ist. OLG München, Verfügung vom 06.02.2019, 19 U 793/18 Erläuterungen zum GlüStV, Stand: 7. Dezember 2011, S. 17 Erläuterungen zum GlüStV, Stand: 7. Dezember 2011, S. 32 Entscheidend: Das Kreditkartenunternehmen, die B, hatte keinen Hinweis der Glücksspielaufsicht erhalten. Es besteht keine grundsätzliche materielle Prüfpflicht, wenn die Belastungsbelege autorisiert sind, BGH, Urteil vom 24. September 2002 - XI ZR 420/01. [23] Die Autorisierungen sind nicht nichtig gemäß § 134 BGB i.V.m. § 4 Abs. 1 S. 2, Abs. 5 GlüStV. [24] Das Oberlandesgericht München hat dazu folgendes ausgeführt: „Zwar stellt die Erweiterung in § 4 Abs. 1 S. 2 des Glücksspielstaatsvertrages klar, dass auch die Mitwirkung an Zahlungen im Zusammenhang mit unerlaubtem Glücksspiel verboten ist. Allerdings ist nach den Erläuterungen zum Glücksspielstaatsvertrag die Regelung des § 4 Abs. 1 S. 2 im Zusammenhang mit den Überwachungsbefugnissen der Glücksspielaufsicht in § 9 zu sehen und erweitert die Möglichkeiten der Inanspruchnahme Dritter als verantwortliche Störer, soweit sie zuvor auf die unerlaubte Mitwirkung an verbotenem Glücksspiel hingewiesen wurden. Die Regelung in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 dient - so die Motive - der Klarstellung und Konkretisierung von § 4 Abs. 1 Satz 2. Danach können die am Zahlungsverkehr Beteiligten, insbesondere die Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute einschließlich E-Geld-Institute (Nr. 4) im Wege einer dynamischen Rechtsverweisung als verantwortliche Störer herangezogen werden, sofern ihnen zuvor die Mitwirkung an unerlaubten Glücksspielangeboten von der Glücksspielaufsichtsbehörde mitgeteilt wurde. Dies setzt voraus, dass der Veranstalter oder Vermittler des unerlaubten Glücksspielangebotes zuvor vergeblich - insbesondere wegen eines Auslandsbezuges - in Anspruch genommen wurde. [25] Dem schließt sich die Kammer vorbehaltlos an. Aus den Erläuterungen zu § 4 Abs. 1 GlüStV folgt, dass die Regelungen in § 4 und § 9 im Zusammenhang zu sehen sind. Wie in dem vom Oberlandesgericht München entschiedenen Fall ist auch hier nicht ersichtlich, dass das Kreditkartenunternehmen vor Begleichung der entstandenen Forderungen einen derartigen Hinweis durch die Glücksspielaufsicht erhalten hätte oder, dass die Beklagte positiv wusste, dass diese Forderungen auf Einsätzen beim Glücksspiel beruhen. Jura Intensiv Also ist die Autorisierung wirksam. K hat gegen B keinen Anspruch aus § 675u S. 2 BGB. B. Anspruch des K gegen B auf Rückbelastung im Wege des Schadensersatzes gem. §§ 280 I, 241 II BGB K könnte gegen B die Rückbelastung auch im Wege der Naturalrestitution gem. § 249 I BGB fordern, wenn er einen Schadensersatzanspruch aus §§ 280 I, 241 II BGB hätte. Dann müsste B eine Pflicht aus dem Zahlungsdiensterahmenvertrag verletzt haben. Gem. § 241 II BGB sind die Parteien verpflichtet, auf Rechte, Rechtsgüter und Interessen des jeweils anderen Rücksicht zu nehmen. Eine Verletzung der ihm gegenüber bestehenden Fürsorgepflicht sieht K darin, dass B angeblich gewusst hat, dass die Zahlungen für Glücksspielschulden bestimmt waren. [12] Wenn das Vertragsunternehmen ordnungsgemäße Belastungsbelege einreicht, darf das Kreditkartenunternehmen die Zahlung an das Vertragsunternehmen grundsätzlich für erforderlich halten, ohne zu Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 11/2019 Zivilrecht 575 prüfen, ob dem Vertragsunternehmen eine wirksame Forderung gegen den Karteninhaber zusteht. [13] Soweit der Bundesgerichtshof in einem Fall Kontrollpflichten des Kreditkartenunternehmens angenommen hat, betraf dies zum einen das Verhältnis zwischen Aquirer und Vertragsunternehmen, zum anderen lag der Entscheidung ein besonderer Fall zugrunde, in dem ein Besteller unter Ausnutzung des besonders für Missbrauch anfälligen Mailorderverfahrens mit mehreren Kreditkarten zahlte (BGH, Urteil vom 13.01.2004 - XI ZR 479/02). Diese Konstellation lässt sich nicht ohne weiteres auf den vorliegenden Fall übertragen. Demgegenüber hat der Bundesgerichtshof nachfolgend nochmals bekräftigt, dass nur in Ausnahmefällen Warn- und Hinweispflichten der Kreditinstitute zum Schutz ihrer Kunden vor drohenden Schäden bestehen können (BGH, Urteil vom 06. Mai 2008 - XI ZR 56/07 -, juris Rn. 14). Danach hat ein Kreditinstitut, das aufgrund massiver Anhaltspunkte den Verdacht hegt, dass ein Kunde bei der Teilnahme am bargeldlosen Zahlungsverkehr durch eine Straftat einen anderen schädigen will, diesem gegenüber eine Warnpflicht. [14] Derartige massive oder offensichtliche Anhaltspunkte lagen hier nicht vor. [15] Das Landgericht München hat dazu in einem vergleichbaren Fall ausgeführt, das Kreditkartenunternehmen sei nicht verpflichtet gewesen, die genutzten Glücksspielangebote mit der “WHITE-LIST” der deutschen Bundesländer abzugleichen, um eine evtl. Illegalität zu erkennen. Ein solcher Prüfaufwand gehe über die normale Bearbeitung der Zahlungsvorgänge hinaus und oblag dem Kreditkartenunternehmen gerade nicht. Dieses habe vielmehr von einem rechtstreuen Verhalten des Beklagten ausgehen können und habe nicht mit einem evtl. Verstoß gegen § 285 StGB rechnen müssen. Überdies erscheine eine Überprüfung auch kaum möglich, da zunächst nicht erkennbar ist, von wo aus der Kreditkarteninhaber die Glücksspielangebote angenommen hat und welche Spiele er tatsächlich gespielt hat. Im Ausland ist nämlich eine Vielzahl von Glücksspielangeboten legal. Ebenso wenig sei erkennbar, ob jedes einzelne vom Beklagten wahrgenommene Spiel tatsächlich unerlaubtes Glücksspiel darstellt. Jura Intensiv Hinzu kommt, dass die White List laufend aktualisiert wird und nicht immer vollständig ist. [16] Ferner ergaben sich für die Beklagte auch nicht aus dem für die Transaktion verwandten Merchant Category Code (MCC) zwingende Anhaltspunkte dafür, dass es sich um illegales Glücksspiel handelte. Der MCC-Code mit der Nr. 7995 erfasst nämlich auch legale Glücksspielangebote wie Sportwetten und staatliche Lotterien (vgl. Liste der MCC Anlage B 5). Diese Problematik ergibt sich im Übrigen auch aus dem vom Kläger auszugsweise vorgelegten Ergebnisprotokoll zur Konferenz der Chefs der Staats- und Senatskanzleien der Länder vom 21.02.2019 (Protokoll S. 6, Anlage L 8), wo hervorgehoben wird, dass gerade die Vermischung von legalen und illegalen Angeboten unter derselben Dachmarke die Trennbarkeit in der Praxis erschwert. Anders mag der Fall zu beurteilen sein, wenn ein Zahlungsdienstleister ein Online-Bezahlsystem speziell für Glücksspiel- und Wettanbieter zur Verfügung stellt und auf seiner Internetseite zudem noch auf solche Anbieter verlinkt. Der Fall aus der Entscheidung des BGH vom 13.01.2004, XI ZR 479/02 ist auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Warnpflicht, wenn ein Kunde einen anderen durch eine Straftat schädigen will: BGH, Urteil vom 06.05.2008, XI ZR 56/07 In der White List der Glücksspielaufsichtsbehörden der Bundesländer findet man alle Unternehmen, die eine Erlaubnis haben. Dort musste B aber nicht nachschauen, weil vom rechtstreuen Verhalten auszugehen ist. Anders sah es aber das AG Leverkusen im Urteil vom 19.02.2019, 26 C 46/18. Das Problem sind die legalen Sportwetten, die denselben Code haben wie das illegale Glücksspiel. Deshalb fällt die Unterscheidung schwer. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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