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RA Digital - 11/2019

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598 Referendarteil:

598 Referendarteil: Öffentliches Recht RA 11/2019 ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE Ergebnissatz voranstellen (Urteilsstil!) Zulässigkeit: Hier ist grundsätzlich nur auf die problematischen bzw. die von den Beteiligten gerügten Punkte einzugehen. Ein Vorverfahren ist nach § 54 II BeamtStG nur bei Streitigkeiten aus dem Beamtenverhältnis im engeren Sinne erforderlich. BeckOK Beamtenrecht Bund, § 54, Rn 6 Begründetheit Zusammenfassendes Ergebnis hinsichtlich aller Klageanträge Folgenbeseitigungsanspruch (FBA) Voraussetzungen des FBA (vgl. VGH Kassel Beschluss vom 11.7.2017, 8 B 1144/17, juris Rn 20) Kein rechtswidriger Eingriff in das Recht am eigenen Bild als Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 I i.V.m. Art. 1 I GG. „Die Klage bleibt ohne Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet. Dem Kläger steht weder ein Anspruch auf Rückruf und Unkenntlichmachung, noch auf ein Unterlassen der weiteren Verbreitung der Jahrbücher zu. Die Klage ist zulässig, insbesondere musste der Kläger kein Vorverfahren i.S.d. § 54 Abs. 2 Beamtenstatusgesetz - BeamtStG - durchlaufen. Nach § 54 Abs. 2 BeamtStG ist vor allen Klagen der Beamtinnen und Beamten aus dem Beamtenverhältnis ein Vorverfahren nach den Vorschriften des 8. Abschnitts der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - durchzuführen. Diese Konstellation ist hier nicht gegeben, weil es sich bei dem vorliegenden Rechtsstreit nicht um eine Klage aus dem Beamtenverhältnis im engeren Sinne handelt. Von einer solchen Klage kann nur dann die Rede sein, wenn der geltend gemachte Anspruch seine Grundlage im Beamtenrecht hat. Hier besteht zwar angesichts der Stellung des Klägers als Beamter eine besondere Beziehung zum öffentlichen Dienstrecht, im Kern geht es aber nicht um Fragen, die ihn in seiner Stellung als Beamter betreffen. Er macht vielmehr die Verletzung von Persönlichkeitsrechten geltend, die unabhängig von seiner konkreten Beziehung zum Beklagten zu beurteilen ist und allenfalls einen Bezug zu seiner Stellung als Lehrkraft aufweist. Im Übrigen hat der Kläger durch seine Schreiben an die Schulleitung und die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion zumindest einen Antrag auf Tätigwerden gestellt. Hierdurch hat er dem Beklagten ein Wahlrecht dahingehend eröffnet, ihn entweder zu bescheiden oder unmittelbar ein Vorverfahren durchzuführen. Dass eine Reaktion des Beklagten gänzlich ausblieb, kann sich vor dem Hintergrund des § 75 VwGO nicht zum Nachteil des Klägers auswirken. Die Klage ist aber unbegründet. Soweit der Kläger im Hinblick auf den begehrten Rückruf der Jahrbücher und die Unkenntlichmachung seiner Person auf den Fotos der Sache nach einen öffentlich-rechtlichen (Folgen-) Beseitigungsanspruch geltend macht, vermag er hiermit nicht durchzudringen, weil es an einem rechtswidrigen Eingriff fehlt und der Anspruch zudem auf eine unmögliche Leistung gerichtet ist. Der darüber hinaus gestellte Antrag auf Unterlassen der weiteren Verbreitung der Jahrbücher scheitert schon in Ermangelung einer Wiederholungsgefahr. Jura Intensiv Mit den Klageanträgen zu 1. und 2. verlangt der Kläger die Beseitigung eines von ihm als rechtswidrig eingestuften Zustandes. Als Rechtsgrundlage hierfür kommt allein der - gewohnheitsrechtlich anerkannte - öffentlichrechtliche Folgenbeseitigungsanspruch in Betracht. Dieser verpflichtet zur Herstellung des früheren Zustandes und setzt voraus, dass durch hoheitlichen Eingriff in ein subjektiv-öffentliches Recht aus einfachgesetzlichen Vorschriften oder Grundrechten ein rechtswidriger Zustand geschaffen wurde, der fortdauert. Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Es fehlt an einem rechtswidrigen Eingriff und infolgedessen auch am Bestehen eines rechtswidrigen Zustandes. Den Ausgangspunkt der rechtlichen Betrachtung bildet hier das Recht am eigenen Bild als spezielle Ausgestaltung des allgemeinen Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 11/2019 Referendarteil: Öffentliches Recht 599 Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz. Nach der insoweit maßgeblichen Vorschrift des § 22 Satz 1 Kunsturhebergesetz - KUG - dürfen Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Ein Eingriff setzt somit schon begrifflich voraus, dass eine Einwilligung erforderlich war, aber nicht eingeholt wurde. Hier bedurfte es schon keiner Einwilligung. Selbst wenn man dies anders sehen wollte, liegt nach den Gesamtumständen jedenfalls eine wirksame konkludente Einwilligung des Klägers vor, die eine Verletzung seines Rechts am eigenen Bild ausschließt. Eine Einwilligung des Klägers war nicht erforderlich. Entgegen der Auffassung des Beklagten folgt dies allerdings nicht bereits aus § 89 Abs. 7 der Schulordnung für die öffentlichen Realschulen plus, Integrierten Gesamtschulen, Gymnasien, Kollegs und Abendgymnasien (Übergreifenden Schulordnung) vom 12. Juni 2009 - SchulO -. § 89 Abs. 7 SchulO berechtigt die Schule zwar, auch ohne entsprechende Einwilligung Jahresberichte herauszugeben, die Namen, Lehrbefähigung und Verwendung der einzelnen Lehrkräfte enthalten. Ein darüber hinausgehendes Recht der Schule, den Jahresberichten auch Abbildungen der Lehrkräfte beizufügen, ist der Vorschrift aber nicht zu entnehmen. § 89 Abs. 7 SchulO enthält vielmehr eine abschließende Aufzählung personenbezogener Daten, die ohne Einwilligung veröffentlicht werden dürfen. Lichtbilder fallen gerade nicht darunter. Soweit der Beklagte auf eine Bekanntmachung des zuständigen Ministeriums verweist, ergibt sich daraus nichts anderes. Denn auch nach der Bekanntmachung […] dürfen Klassenfotos in Jahresberichte nur dann aufgenommen werden, wenn die jeweiligen Betroffenen eingewilligt haben. Eine Ausnahme von diesem Erfordernis wegen eines allgemeinen Hinweises zu Schuljahresbeginn […] hat der Beklagte jedenfalls nicht dargetan. Jura Intensiv Das Einwilligungserfordernis entfällt jedoch nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG, da die vom Kläger beanstandeten Klassenfotos dem Bereich der Zeitgeschichte zuzuordnen sind. Schon die Beurteilung, ob Abbildungen Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte i.S.d. § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG sind, erfordert eine Abwägung zwischen den Rechten der Abgebildeten einerseits und den Rechten der Medien bzw. der Herausgeber andererseits. Der für die Frage, ob es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, maßgebende Begriff des Zeitgeschehens umfasst alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Dazu können auch Veranstaltungen von nur regionaler oder lokaler Bedeutung gehören. Ein Informationsinteresse besteht allerdings nicht schrankenlos, vielmehr ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen und es bedarf gerade bei unterhaltenden Inhalten im besonderen Maß einer abwägenden Berücksichtigung der kollidierenden Rechtspositionen. Nach diesen Maßstäben bedurfte es keiner Einwilligung des Klägers. Jahrbücher mit Klassenfotos sind jedenfalls von lokaler gesellschaftlicher Bedeutung für die Angehörigen der Schule. Die Schule hat zudem ein berechtigtes Interesse daran, den Schülerinnen und Schülern sowie deren Entscheidend: § 22 KUG Doppelte Begründung, was das Urteil rechtsmittelsicherer macht. 1. Teil der Begründung Abarbeiten des Vortrags der Beteiligten Inhalt des § 89 VII Übergreifende Schulordnung Das Gericht setzt sich hier mit der Argumentation des Beklagten auseinander, obwohl diese für den Urteilsspruch nicht tragend war. Dies entspricht zwar nicht der „reinen Lehre“ zum Abfassen eines Urteils, allerdings wird auf diese Weise erreicht, dass sich die Beteiligten gehört fühlen und damit regelmäßig auch eine höhere Akzeptanz des Urteils erreicht. Auch in der Klausur kann so verfahren werden, wenn nur knappe Ausführungen erfolgen und das Ergebnis eindeutig ausfällt. § 23 I Nr. 1 KUG: Kein Einwilligungserfordernis bei Bildnissen aus dem Bereich der Zeitgeschichte Abwägungsentscheidung Begriff des Zeitgeschehens unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der uneingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Darlegung der allgemeinen Maßstäbe (vgl. BGH, Urteil vom 8.4.2014, VI ZR 197/13, juris Rn 10) Subsumtion des konkreten Sachverhalts. Andere Formulierungsvorschläge zur Einleitung: „Hiernach/ Danach ...“; „Dies zugrunde gelegt ...“ © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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