580 Referendarteil: Zivilrecht RA 11/2022 im Anwendungsbereich des § 548 Abs. 1 BGB bereits in solchen Fällen einträte, in denen die dreißigjährige Verjährungsfrist des § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BGB bereits verstrichen ist, bevor der Vermieter die Mietsache zurückerhalten hat. Alle Anträge abarbeiten! Der Feststellungsantrag müsste zulässig und begründet sein. Beachten Sie das rechtliche Interesse als besondere Prozessvoraussetzung, Thomas/ Putzo-Seiler, § 256 Rn 14 mit Verweis auf BGH, Urteil vom 19.04.2016, VI ZR 506/14. Der Feststellungsantrag ist ebenfalls zulässig und begründet. Als besondere Prozessvoraussetzung ist das rechtliche Interesse an der Feststellung erforderlich, § 256 I ZPO. Dies liegt vor, denn der anspruchsbegründende Sachverhalt ist noch in der Entwicklung. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 I 1, 709 ZPO. Zur 20% Regelung: Thomas/ Putzo-Hüßtege, ZPO, § 3 Rn 65. FAZIT § 548 BGB ist lex specialis zu § 199 III 2, S. 2 BGB. Dies ergibt sich aus den Wortlauten der Normen, der Gesetzessystematik sowie dem Sinn und Zweck beider Regelungen. Der Sachverhalt musste hier ergänzt werden, weil in der Originalentscheidung die Sache an das Tatsachengericht zurückverwiesen wurden. Sollte diese Entscheidungen in einer Urteilsklausur verwendet werden, muss der Anspruch des Vermieters gegenüber dem Mieter grundsätzlich bestehen, denn andernfalls könnte das Verhältnis zwischen den Verjährungsvorschriften aus dem BGB AT und hier § 548 BGB aufgrund fehlender Entscheidungserheblichkeit dahinstehen bleiben. Kann ein Schaden nur teilweise beziffert werden, ist in einer Anwaltsklausur prozessual taktisch das Vorgehen sinnvoll, den Antrag auf Zahlung – soweit wie möglich – zu stellen und im Übrigen die Feststellung zu begehren, dass für sämtliche weiteren aus dem Ereignis resultierenden Schäden die Gegenseite Zahlungen zu leisten hat. Besonderes Augenmerk ist auf die konkrete Bezeichnung des Rechtsverhältnisses, welches festgestellt werden soll, zu richten. Sollte in einer Klausur der Mandant nach Kosten fragen, müsste es Angaben zum Gesamtaufwand für die Schadensbeseitigung geben, damit der Gegenstandswert ermittelt werden kann. Dieser setzt sich aus dem Wert des Zahlungs- und Feststellungsantrages zusammen. Der Zahlungsantrag hat den Gegenstandswert der begehrten Zahlung. Der Feststellungsantrag hat 20 % des Wertes des Gesamtwertes der Schadensbeseitigung, wobei vom Gesamtwert der Wert des Leistungsantrages abzuziehen ist. Jura Intensiv Beispiel: Gesamtaufwand: 100.000 € Bezifferbare Kosten: 20.000 € Feststellungsantrag bezieht sich somit auf: 80.000 € Gegenstandswert des Verfahrens: Bezifferbare Kosten: 20.000 € Feststellungsantrag: 20% von 80.000 €: +16.000 € Summe: 36.000 € Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG
RA 11/2022 Referendarteil: Zivilrecht 581 Problem: Regressverzicht des Kaskoversicherers Einordnung: Versicherungsrecht; Deliktsrecht, BGB-AT OLG Saarbrücken, Urteil vom 09.09.2022 5 U 2/22 EINLEITUNG Fertigen Sie sich eine Skizze für das folgende Mehrpersonenverhältnis an. Dies erleichtert das Durcharbeiten der folgenden Entscheidung. Eigentümer des Unfallfahrzeuges ist T. Die Klägerin ist der Versicherer, der nach dem Unfall entsprechende Zahlung an T leistet. Das Fahrzeug war zum Unfallzeitpunkt an die M, die Mutter des Beklagten, vermietet. Der Beklagte war zum Unfallzeitpunkt der Fahrer des Fahrzeuges. Die Versicherung möchte nunmehr die an T geleistete Zahlung von B als Unfallverursacher erstattet bekommen. TATBESTAND Die T. GmbH (T) war zum Unfallzeitpunkt Eigentümer des Fahrzeugs, eines PKW Mercedes (…) mit dem amtlichen Kennzeichen (…), für das bei der Klägerin (K) eine Vollkaskoversicherung auf Grundlage der Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung bestand. Das Fahrzeug war vor dem Unfall von der Mutter des Beklagten (B) für ihre Praxis für Physiotherapie angemietet worden, wobei Herr C. W. als einziger Fahrer berechtigt war, das Fahrzeug zu führen, und unter dem Vermerk „weiterer Fahrer“ niemand, insbesondere nicht der B, eingetragen ist. Aufgrund dessen, dass Herr C. W. als einziger Fahrer in den Mietvertrag aufgenommen wurde und seit 1998 im Besitz der Fahrerlaubnis war, wurde ein Sonderpreis für die Versicherung vereinbart; demgegenüber wäre der Mietvertrag mit dem B als berechtigtem Fahrer, der nur den Führerschein auf Probe hatte, nicht abgeschlossen worden. Der B hatte vor dem Unfall mit dem Fahrzeug die O.-Straße, in Richtung O. befahren, aufgrund seiner erheblichen Alkoholisierung mit einer BAK von 1,48 Promille war er am Ausgang einer Rechtskurve nach links von der Fahrbahn abgekommen und mit vier Leitschutzplankenelementen sowie sechs dazugehörigen Verankerungen kollidiert; im Anschluss daran stellte er das beschädigte Fahrzeug auf einem nahegelegenen Waldweg ab, entfernte sich vom Unfallort, später fuhr er mit dem Fahrzeug einer Freundin an die Unfallörtlichkeit zurück, um mit einem Besen auf der Fahrbahn die Unfallspuren zu beseitigen. An dem versicherten Fahrzeug, das einen Tag später am 01.02.2021 an die T zurückgegeben wurde, entstand Totalschaden. Ausgehend von Reparaturkosten (…), einem Wiederbeschaffungswert ((…) und einem Restwert von (…) zahlte die K 6.570,73 € an die T aus. Ihre an den B gerichtete Aufforderung, diesen Schaden zu erstatten, lehnte B mit Schreiben vom (…) ab. Jura Intensiv K vertritt die Rechtsauffassung, ihr stehe aus § 426 I BGB, hilfsweise aus übergegangenem Recht gem. § 86 VVG der Zahlungsanspruch in Höhe des Auszahlungsanspruches an T zu. Die Klageschrift ist datiert vom 28.01.2022 und trägt einen Eingangsstempel der Justizbehörden (…) mit Datum vom 01.02.2022. LEITSÄTZE Lässt der Mietvertrag die Ausübung der Benutzung der gemieteten Sache durch eine Hilfsperson nicht zu, so ist es grundsätzlich ausgeschlossen, dass die vom Vermieter in Anspruch genommene Hilfsperson sich darauf berufen kann, auch sie genieße den Schutz des Vertrages und damit die kurze Verjährungsfrist des § 548 BGB. Ausdrückliche Regelungen, wonach ausschließlich bestimmte Personen die versicherte Sache nutzen dürfen, stehen der Annahme, die Parteien des Versicherungsvertrages hätten den Versicherungsschutz stillschweigend auch auf diese anderen Personen erstrecken wollen, entgegen. Das Unstreitige wird im Indikativ Imperfekt dargestellt. Ausnahmen – insbesondere hier – sind Umstände, die sich auf die Gegenwart beziehen. Wird (ein Teil) der Prozessgeschichte vorgezogen, erfolgen Ausführungen nach dem Parteivorbringen des Klägers und vor dessen Anträgen. Dies ist hier aufgrund der seitens des B erhobenen Einrede der Verjährung sinnvoll. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis
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