582 Referendarteil: Zivilrecht RA 11/2022 Aktuelle Anträge sind hervorzuheben. Dies erfolgt stets durch Einrücken, Thomas/Putzo/Seiler, ZPO, § 313 Rn 19. Die K beantragt, B zu verurteilen, an die K eine Summe in Höhe von 6.570,73 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen B beantragt, die Klage abzuweisen. Einrede der Verjährung. Das OLG zitiert hier ebenfalls als mögliche Anspruchsgrundlage §§ 823 II BGB i. V. m. § 303 StGB. Für eine – auch nur bedingt – vorsätzliche Handlung des B bestehen meiner Meinung nach keine Anhaltspunkte. Eine fahrlässige Sachbeschädigung gibt es nicht. Einschub des Gerichts: Der Anspruch ergibt sich nicht aus einem Gesamtschuldverhältnis, weil es an der Gleichstufigkeit der Schuldner fehlt. K haftet der Eigentümerin ausschließlich aus einem vertraglichen Fürsorgeverhältnis ohne einen Kausalbeitrag zum Schaden geleistet zu haben. BGH, Urteil vom 12.03.2009, VII ZR 88/08 § 86 I 1 VVG = gesetzlicher Forderungsübergang des Anspruches des Versicherungsnehmers gegen den Schädiger an den leistenden Versicherer (zessio legis) Erstes großes Problem: Prüfung, ob der Schadensersatzanspruch der T gegen B, welcher ggf. kraft Gesetzes auf die K als Versicherung übergegangen ist, gem. § 548 BGB verjährt ist. B behauptet, M habe ihm die Nutzung des Fahrzeuges gestattet. B erhebt die Einrede der Verjährung gem. § 548 BGB. ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE Die Klage ist zulässig und begründet. Der K steht gegen B ein Zahlungsanspruch in geltend gemachter Höhe gem. § 823 I BGB zu. K, die ihrer Versicherungsnehmerin T den Schaden i. H. v. 6.570,73 € ersetzt hat, kann gem. § 86 I VVG aus übergegangenem Recht von dem B, der als Fahrer gegenüber der T aus unerlaubter Handlung haftet, die Erstattung dieses Betrages verlangen. Ihr Anspruch ist weder aufgrund des Bestehens einer häuslichen Gemeinschaft zwischen dem B und seiner Mutter ausgeschlossen, noch wegen Verjährung nicht durchsetzbar geworden. Ungeachtet dessen kommt ein Anspruch gem. § 426 I BGB entgegen der Rechtsauffassung der K nicht in Betracht. [11] Auf die (…) Ausgleichsansprüche unter Gesamtschuldnern (§§ 426 Abs. 1, 426 Abs. 2 iV.m. §§ 823 ff. BGB) kann dagegen vorliegend nicht abgestellt werden. Denn zwischen der Klägerin und dem Beklagten besteht im Verhältnis zur Fahrzeugeigentümerin und Versicherungsnehmerin kein Gesamtschuldverhältnis i.S.d. §§ 421 ff. BGB. Die – hier allein in Rede stehende – vertragliche Leistungspflicht der Klägerin aus dem Kaskoversicherungsvertrag steht nicht gleichstufig neben dem deliktischen Schadensersatzanspruch des Eigentümers gegen den Beklagten als Schädiger einer unerlaubten Handlung: der Beklagte haftet als Schädiger, der Versicherer ist aus dem mit der Eigentümerin geschlossenen Versicherungsvertrag einstandspflichtig (BGH (…)). Jura Intensiv Gemäß § 86 I VVG i. V. m. § 823 I BGB steht der K ein Anspruch gegen B zu. Unstreitig hat B das im Eigentum der T stehende Fahrzeug im Zustand der alkoholbedingten Fahruntüchtigkeit schwer geschädigt. Dabei handelte er auch zweifellos widerrechtlich und schuldhaft, nämlich in grob fahrlässiger Weise. Grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonderem Maße außer Acht lässt, wer nicht beachtet, was unter den gegebenen Umständen jedem einleuchten musste. Das Führen eines Fahrzeugs im - wie hier - Zustand der absoluten Fahruntüchtigkeit stellt einen schwerwiegenden Verstoß gegen grundlegende Verhaltensregeln des Straßenverkehrsrechts dar und ist grundsätzlich objektiv und subjektiv als grob fahrlässig anzusehen. [14] Entgegen der Ansicht des Beklagten ist dieser Schadensersatzanspruch der Fahrzeugeigentümerin gegen ihn nicht verjährt und infolgedessen gemäß § 214 Abs. 1 BGB undurchsetzbar geworden. (…) Die mietvertragliche Vorschrift des § 548 Abs. 1 BGB (…) findet im Streitfall keine Anwendung. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG
RA 11/2022 Referendarteil: Zivilrecht 583 [14] (…) Der Beklagte verweist zwar im Ansatz richtig darauf, dass die dortige kurze mietvertragliche Verjährung auch dann gilt, wenn es um von § 548 BGB erfasste Ansprüche des Vermieters gegen einen Dritten geht, der - ohne Vertragspartei zu sein - in den Schutzbereich des Mietvertrags einbezogen ist. Eine von den Parteien gewollte Einbeziehung in den Schutzbereich des Mietvertrags ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung für zum Hausstand gehörende Personen, insbesondere Familienangehörige des Mieters, anerkannt. Dabei erfasst § 548 BGB auch solche Ansprüche des Vermieters wegen Veränderungen und Verschlechterungen der vermieteten Sache, die nicht auf Mietvertrag, sondern auf unerlaubte Handlung gestützt sind (zum Ganzen: BGH (…)). Allerdings kann hier von einer „von den Parteien gewollten Einbeziehung“ des Beklagten in den Schutzbereich des Kfz-Mietvertrages keine Rede sein. Die Erstreckung der Schutzwirkungen eines Vertrages auf einen Dritten erfordern neben dem auf Seiten des Gläubigers notwendigen Einbeziehungsinteresse (…) auf Seiten des Vertragspartners, dass dieser die Drittbezogenheit der Leistung und der Gläubigernähe des Dritten erkennen kann BGH (…)). Speziell für mietvertragliche Konstellationen ist entscheidender Gesichtspunkt für die Einbeziehung weniger das Bestehen einer Obhuts- und Fürsorgepflicht des Mieters für den Dritten als vielmehr der Umstand, dass nach dem Inhalt des Vertrages der Mietgebrauch durch den Dritten gewissermaßen bestimmungsgemäß ausgeübt wird und dass das erkennbar für den Dritten ebenso wie für den Mieter die Gefahr mit sich bringt, wegen Beschädigung der Mietsache auf Ersatz in Anspruch genommen zu werden (BGH (…)). Lässt der Vertrag dagegen die Ausübung der Benutzung der gemieteten oder entliehenen Sache durch eine Hilfsperson nicht zu, so erscheint es grundsätzlich ausgeschlossen, dass die vom Vermieter oder Verleiher in Anspruch genommene Hilfsperson sich darauf berufen kann, auch sie genieße den Schutz des Vertrages (BGH (…)). Dies entspricht dem vorliegenden Fall. T und M hatten den Mietvertrag unter Beschränkung auf die Nutzung des Fahrzeugs ausschließlich durch Herrn C. W. als einzigen Fahrer abgeschlossen; die Nutzung durch einen weiteren Fahrer war ausgeschlossen. Dafür spricht auch der Umstand der eingeräumten Sonderkonditionen, welche nur vereinbart werden konnten, weil ein erfahrener Autofahrer allein berechtigt zur Nutzung des versicherten Fahrzeuges war. Jura Intensiv [14] (…) Bei dieser Sachlage musste die Vermieterin nicht damit rechnen, dass andere Personen, insbesondere der Beklagte, das Fahrzeug in gleicher Weise wie der im Mietvertrag genannte Fahrer nutzen würden. Eine Einbeziehung des Beklagten in den Schutzbereich des Mietervertrages scheidet daher aus; dieser ist vielmehr im Verhältnis zur Fahrzeugeigentümerin als außenstehender Dritter anzusehen. (…) Die Voraussetzungen des § 86 I VVG liegen vor. Der B ist Dritter im Sinne der Vorschrift. Dritter ist jeder, der nicht Versicherungsnehmer ist. Versicherungsnehmer ist T. [16] (…) [I]m Gegensatz zur Kfz-Haftpflichtversicherung erstreckt (…) sich der Versicherungsschutz aus der hier maßgeblichen Fahrzeug-Kaskoversicherung grundsätzlich nicht auf den (berechtigten oder nicht berechtigten) Fahrer (BGH (…)). (…). „Wie der Zufall so will“ betreffen in dieser Ausgabe der RA beide Urteile auch § 548 BGB. Umfang des § 548 BGB: Prüfung, inwieweit die Norm bei Ansprüchen des Vermieters gegen Dritte gilt Bei Familienangehörigen des Mieters anerkannt; auch bei deliktischen und nicht aus dem Mietverhältnis stammenden Ansprüchen BGH, Urteil vom 23.05.2006, VI ZR 259/04 Die Voraussetzungen sind hier aber nicht erfüllt; Erkennbarkeit für den Vermieter fehlt BGH, Urteil vom 21.07.2010, XII ZR 189/08; BGH, Urteil vom 17.11.2016, III ZR 139/14 BGH, Urteil vom 07.07.1976, VIII ZR 44/75 BGH, Urteil vom 07.02.1968, VIII ZR 179/65 Für die fehlende Einbeziehung spricht deutlich die Versicherungsabrede hinsichtlich der alleinigen Nutzungsbefugnis des Herrn C. W. sowie die Einräumung der Sonderkondition. Weiterer erheblicher Prüfungspunkt: Prüfung, ob der B „Dritter“ im Rahmen des § 86 I VVG ist, oder ob er in irgendeiner Weise doch im Schutzbereich des Versicherungsvertrag mit einbezogen ist. BGH, Urteil vom 30.04.1959, II ZR 126/57 © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis
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