Editorial RA 11/2022 Das Urteil des OLG Celle, das Sie auf Seite 561 nachlesen können, betrifft ein geschädigtes Autohaus, welches versteckte SIM-Karten in das zur Probefahrt vorgesehene Fahrzeug eingebaut hatte. Dadurch konnte das Auto geortet werden. Der Einbau geschah in der trügerischen Hoffnung, ein Gericht werde aufgrund der versteckten SIM-Karten und der damit verbundenen Ortungsmöglichkeit den unmittelbaren Besitz des Inhabers des Autohauses nach Überlassung des Schlüssels an den Interessenten nur als „gelockert“ ansehen. Dies hätte im Falle des Nichtzurückbringens ein Abhandenkommen des Autos zur Folge gehabt, welches dann gem. § 935 BGB den gutgläubigen Erwerb eines Dritten verhindert hätte. Doch so urteilte das Gericht nicht. Das Orten des Kfz alleine genüge nicht, erläuterte der OLG-Senat. Vielmehr müsse der Inhaber des Autohauses den Besitz des Probefahrers auch brechen können, um sich wieder selbst in den Besitz zu setzen, was im vorliegenden Fall zumindest nicht rechtzeitig genug zu bewerkstelligen gewesen wäre. Ohne Fernabschaltevorrichtung im Pkw wird man das Problem wohl technisch nicht lösen können. Ausnahmsweise finden Sie in dieser Ausgabe der RA eine BGH-Entscheidung zum Zwangsvollstreckungsrecht im Teil für das Studium. Die Frage, ob der Pkw eines psychisch Kranken, der auf das Fahrzeug angewiesen ist, um damit seine Therapeutin in der Nachbarstadt aufzusuchen, einem Pfändungsverbot gem. § 811 I Nr. 1 lit. c ZPO unterworfen ist, kann man sich auch als Zusatzfrage in einer Klausur des 1. Examens vorstellen. Dies gilt insbesondere deshalb, weil die Rechtsnorm mit Wirkung zum 01.01.2022 gründlich reformiert worden ist. Ein Urteil des VGH München vom 01.06.2022 zum Kreuzerlass der Bayerischen Staatsregierung aus dem Jahr 2018 hat eine erneute „Kreuz-Debatte“ ausgelöst. Lesen Sie auf Seite 594, wie das Gericht entschieden hat. Die Entscheidung ist sehr examensrelevant. Rechtsanwalt Oliver Soltner Franchisenehmer von Jura Intensiv Frankfurt, Gießen, Heidelberg, Mainz, Mannheim und Marburg IMPRESSUM Herausgeberin: Chefredaktion: Redakteure: Bezugspreis: Werbung: Jura Intensiv Jura Intensiv Verlags UG (haftungsbeschränkt) & Co. KG, Duisburger Straße 95, 46535 Dinslaken, Tel.: 02064/8275757 Internet: verlag.jura-intensiv.de - E-Mail: info@verlag.jura-intensiv.de Rechtsanwalt Oliver Soltner (V.i.S.d.P.) Rechtsanwalt Oliver Soltner & Rechtsanwalt Dr. Dominik Jan Sauer, LL.M. (Zivilrecht) Assessor Dr. Dirk Schweinberger (Nebengebiete) Rechtsanwalt Dr. Dirk Kues (Öffentliches Recht) Rechtsanwalt Uwe Schumacher (Strafrecht) Printausgabe: 6,50 Euro/Heft. 12 Hefte pro Jahr. Ermäßigungen für Abonnenten. Digitalausgabe: 5,99 Euro/Heft. Die RA steht externer Werbung offen. Mediadaten sind unter info@verlag.jura-intensiv.de erhältlich. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG
RA 11/2022 ZIVILRECHT Zivilrecht 561 Problem: Gutgläubiger Erwerb eines bei einer unbegleiteten Probefahrt entwendeten Kfz Einordnung: Sachenrecht OLG Celle, Urteil vom 12.10.2022 7 U 974/21 (abgewandelt) EINLEITUNG Das OLG Celle führt in der vorliegenden Entscheidung die Rechtsprechung des BGH aus dem Urteil vom 18.09.2020, V ZR 8/19 fort. Jenes Urteil können Sie in der RA 11/2020, 561 ff. nachlesen. Es wird allgemein als „Probefahrt II“ - Entscheidung bezeichnet und ist in den vergangenen 12 Monaten mehrfach als Prüfungsaufgabe gestellt worden. Sehr examensrelevant sind die Ausführungen des OLG Celle in der vorliegenden Entscheidung zur umstrittenen Frage, ob der Besitz des die unbegleitete Probefahrt erlaubenden Autohändlers nur gelockert ist, wenn das Fahrzeug mittels einer SIM-Karte geortet werden kann. SACHVERHALT B handelt gewerblich mit Kraftfahrzeugen. Am 08.09.2020 überließ sie einen Audi Q5 an einen unbekannten, angeblichen Kaufinteressenten (U) für eine einstündige Probefahrt. In dem Fahrzeug waren zwei SIM-Karten verbaut, die eine Ortung durch die Polizei mit Unterstützung der Herstellerin grundsätzlich ermöglichen. B behielt die Zulassungsbescheinigung Teil II (Kfz-Brief) und einen Zweitschlüssel. Der Interessent, der falsche Personalien angegeben hatte, kehrte mit dem Fahrzeug von der Probefahrt nicht zurück. Kurz darauf wurde das Fahrzeug bei eBay für 32.500 € angeboten. K, der sich für das Fahrzeug interessierte, vereinbarte mit dem Anbieter ein Treffen. Weil K zu spät kam, traf er den Anbieter am vereinbarten Treffpunkt in einem Wohngebiet nicht mehr an. Telefonisch erklärte sich der Anbieter bereit, seine Partnerin (P), der das Fahrzeug gehöre, zum Treffpunkt zu schicken. Diese erschien persönlich und legte neben den Zulassungspapieren, einen echten, der eingetragenen Person jedoch gestohlenen, Lichtbildausweis vor, deren Foto P ähnlich sah. Die Namen in Lichtbildausweis und in den Zulassungspapieren stimmten überein. Die übergebenen Fahrzeugpapiere waren professionell gefälscht, wirkten somit täuschend echt, weil zur Fälschung Original-Blankodokumente verwendet worden waren und das Schriftbild sowie die Wortlaute der Eintragungen den üblichen der Zulassungsbehörden entsprachen. K zahlte an P das Geld in bar und erhielt den Autoschlüssel. Einige Tage später wurde das Fahrzeug von der Polizei sichergestellt. Gegenüber dieser legte K die gefälschten Zulassungspapiere vor und begehrte Herausgabe des Fahrzeugs. Die Staatsanwaltschaft gab das in Verwahrung genommene Fahrzeug jedoch an B heraus. K ist der Meinung, das Eigentum am Kfz gutgläubig erworben zu haben und verlangt von B Herausgabe des PKW. Zu Recht? LÖSUNG A. Anspruch des K gegen B auf Herausgabe des Pkw gem. § 985 BGB K könnte gegen B einen Anspruch auf Herausgabe des Pkw gem. § 985 BGB haben. Dann muss K Eigentümer und B unberechtigte Besitzerin sein. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Jura Intensiv Inhaltsverzeichnis LEITSATZ 1. Die Überlassung eines Kraftfahrzeugs durch den Verkäufer zu einer unbegleiteten und auch nicht durch technische Vorrichtungen, die einer Begleitung vergleichbar sind, gesicherten Probefahrt eines Kaufinteressenten auf öffentlichen Straßen für eine Dauer von einer Stunde ist keine Besitzlockerung, sondern führt zu einem freiwilligen Besitzverlust (Anschluss an BGH, Urteil vom 18.09.2020, V ZR 8/19). 2. Die durch den Einbau von zwei SIM-Karten eröffnete Überwachungsmöglichkeit stellt jedenfalls dann keine technische Vorrichtung dar, die einer Begleitung vergleichbar wäre, wenn die eingebauten SIM-Karten nicht dem Eigentümer, sondern nur der Polizei mit Unterstützung der Fahrzeugherstellerin eine Ortung ermöglichen (Fortführung von BGH, Urteil vom 18.09.2020, V ZR 8/19). Sowohl aus Platz- als auch aus didaktischen Gründen haben wir den Sachverhalt etwas verkürzt. Zum einen lagen die Probleme des Falles in der Originalentscheidung etwas stärker im Faktischen, was für eine Aufgabe im 1. Examen kaum eine Rolle spielt. Einige, verdachtsbegründende Momente, welche im Prozess Beweislastfragen aufwarfen, haben wir beiseite gelassen. Referendaren kann allerdings die Lektüre der Entscheidung im Original nicht schaden. Zum anderen hatte die Autohändlerin den Pkw im Originalfall nach Aushändigung durch die StA an einen gutgläubigen Dritten verkauft, weshalb es dort um die Ansprüche ging, welche bei Veräußerung einer fremden Sache zu prüfen sind, etwa der Erlösherausgabeanspruch aus § 816 I 1 BGB. Dies würde hier den Rahmen der Darstellung sprengen. Deshalb konzentrieren wir uns auf das Neue, nämlich die Frage der Besitzlockerung. Dies lässt sich anhand einer Prüfung des § 985 BGB prima veranschaulichen.
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