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RA Digital - 11/2022

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600 Referendarteil:

600 Referendarteil: Öffentliches Recht RA 11/2022 Auch sei seine Einstellung in den Vorbereitungsdienst des gehobenen Kriminaldienstes beim Bundeskriminalamt nicht etwa an der Frage der Zuverlässigkeit, sondern an dem Notendurchschnitt in den eingereichten Zeugnissen gescheitert. Schließlich sei für die Beurteilung der Zuverlässigkeit auf den Zeitpunkt der Antragstellung – hier den 4. November 2019 – abzustellen, weshalb der Beklagte aus dem späteren Vorfall vom 9. Oktober 2020 keine nachteiligen Schlüsse ziehen dürfe. Anträge: Indikativ Präsens Typische Formulierungen, um eine Wiederholung des Sachvortrages aus dem Verwaltungsverfahren zu vermeiden: „trägt ergänzend vor“; „ist im Übrigen der Ansicht, dass …“; „ergänzt im Wesentlichen“. Streitiges der Beklagten: Konjunktiv Präsens Der Kläger beantragt, unter Aufhebung des Bescheids vom 10. Februar 2022 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. März 2022, Az. …, den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger einen Kleinen Waffenschein zum Führen von Schreckschuss-, Signal- und Reizstoffwaffen nach § 10 Abs. 4 Satz 4 WaffG zu erteilen. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Zur Begründung verweist der [Beklagte] auf die angegriffenen Bescheide und führt ergänzend aus: Entgegen der Auffassung des Klägers sei im Falle der Verpflichtungsklage nicht der Zeitpunkt der Antragstellung, sondern der der letzten mündlichen Verhandlung maßgeblich; der Vorfall vom 9. Oktober 2020 sei daher im Rahmen der Zuverlässigkeitsprüfung zu berücksichtigen. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c) WaffG sei auch nicht widerlegt; ein Ausnahmefall liege nicht vor. Die Umstände des Verstoßes des Klägers vom 9. Oktober 2020 gegen waffenrechtliche Vorschriften ließen die Zweifel hinsichtlich der Vertrauenswürdigkeit des Betroffenen, die der Gesetzgeber mit der Vermutung in § 5 Abs. 2 WaffG bei entsprechenden Straftaten in der Regel habe begründen wollen, nicht entfallen. Dem Kläger sei bewusst gewesen, dass er ohne den erteilten Kleinen Waffenschein nicht zum Führen einer Schreckschusswaffe berechtigt gewesen sei, andernfalls hätte er einen Antrag erst gar nicht gestellt; er habe bewusst das Verbot des Führens einer Waffe ohne die erforderliche Erlaubnis ignoriert. Soweit sich der Kläger darauf stütze, sein Antrag sei nicht zügig bearbeitet worden, weshalb die Verurteilung, die erst hierdurch ermöglicht worden sei, nicht zu seinen Lasten zu berücksichtigen sei, verfange dies nicht. Statt eine Schreckschusspistole ohne gültigen Waffenschein zu führen hätte der Kläger frühzeitig Untätigkeitsklage erheben können; dies habe er jedoch erst getan, als er bereits strafrechtlich belangt worden sei. Auch hier habe der Kläger gezeigt, dass er seine eigenen Interessen dem ordentlichen Verfahrensgang überordne; als besonders milde könne das Fehlverhalten des Klägers daher nicht betrachtet werden. Soweit der Kläger anderweitig nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten sei, sei dies für die Frage, ob ein Ausnahmefall von der Regelvermutung vorliege, unbeachtlich. Im Übrigen bewege sich die Verurteilung des Klägers mit 90 Tagessätzen auch nicht mehr im unteren Bereich dessen, was § 5 Abs. 2 Nr. 1 WaffG an Mindeststrafe voraussetze. […]“ Jura Intensiv ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE Prozessvorspann In einer Klausur müsste am Ende des Tatbestandes als Prozessgeschichte mitgeteilt werden, dass die Beteiligten ihr Einverständnis erklärt haben. „Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO) und durch den Berichterstatter anstelle der Kammer (§ 87a Abs. 2, 3 VwGO) entscheiden, weil die Beteiligten hiermit ihr Einverständnis erklärt haben. Die zulässige Verpflichtungsklage ist unbegründet. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 11/2022 Referendarteil: Öffentliches Recht 601 Die Ablehnung des begehrten Verwaltungsakts ist nicht rechtswidrig und vermag so den Kläger nicht in seinen Rechten zu verletzen (vgl. § 113 Abs. 5 VwGO). Dem Kläger steht kein Anspruch auf Erteilung eines Kleinen Waffenscheins zu. […] Urteilsstil: Ergebnis voranstellen Zulässigkeit unproblematisch, daher Ergebnissatz Der Kleine Waffenschein ist nach § 10 Abs. 4 Satz 4 WaffG i.V.m. Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 3 Nr. 2 und 2.1 zum Waffengesetz i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG nicht zu erteilen, wenn Bedenken gegen die waffenrechtliche Zuverlässigkeit (§ 5 WaffG) des Antragstellers bestehen. So liegen die Dinge hier. Kernproblem: Zuverlässigkeit Waffenrechtliche Maßgeblich kommt es für die Frage, ob derartige Bedenken bestehen, entgegen der Ansicht des Klägers nicht auf die Verhältnisse in Zeitpunkt der Antragstellung am 4. November 2019 – die Beteiligten tragen dieses Datum übereinstimmend als den Tag der Antragstellung vor; dass der Antrag „abhandengekommen“ sei, vermag daran nichts zu ändern –, sondern auf diejenigen im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung an. Denn der Streit betrifft die Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung einer Erlaubnis, auf die ein Rechtsanspruch besteht, wenn keine Versagungsgründe vorliegen. Aus dem materiellen Recht, das für Antworten auf die Frage des maßgeblichen Zeitpunkts heranzuziehen ist, ergibt sich, dass der Kleine Waffenschein auf die Zukunft bezogen erteilt wird, und zwar höchstens auf drei Jahre, § 10 Abs. 4 Satz 1 und 2 WaffG. Daraus folgt, dass es nicht auf die Verhältnisse in der Vergangenheit ankommen kann, sondern – wie auch regelmäßig im Falle der Verpflichtungsklage – auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. Nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a) und Buchst. c) WaffG besitzen in der Regel Personen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht, die wegen einer vorsätzlichen Straftat (Buchst. a) oder wegen einer Straftat nach dem Waffengesetz (Buchst. c) zu einer Geldstrafe von mindestens 60 Tagessätzen oder mindestens zweimal zu einer geringeren Geldstrafe rechtskräftig verurteilt worden sind, wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung fünf Jahre noch nicht verstrichen sind. Jura Intensiv Diese Voraussetzungen sind beim Kläger erfüllt. Das Amtsgericht B-Stadt verurteilte ihn mit Strafbefehl vom 14. Juni 2021, rechtskräftig seit 13. Januar 2022, wegen Verstoßes gegen § 2 Abs. 2, § 10 Abs. 4, § 52 Abs. 3 Nr. 2 nebst Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1, Unterabschnitt 2 Nr. 1.3 WaffG zu 90 Tagessätzen Geldstrafe. Die Rechtskraft dieser Verurteilung liegt auch noch keine fünf Jahre zurück. Das Gesetz stellt dabei für das Eingreifen der Vermutung allein auf die rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung ab. Nicht erforderlich ist daher – abgesehen von hier nicht ersichtlichen Sonderfällen, bei denen sich aufdrängt, dass die Verurteilung auf einem Irrtum beruht – eine Prüfung der Behörde, ob der Betreffende tatsächlich eine Straftat begangen hat; auf diese Weise will das Gesetz nämlich sicherstellen, dass die Beurteilung der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit auf belastbarer Grundlage erfolgt. Die so bestehende Regelvermutung entfällt zunächst nicht deshalb, weil der Kläger nicht durch Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung, sondern durch Strafbefehl verurteilt worden ist. Der Strafbefehl steht einem rechtskräftigen Urteil nach § 410 Abs. 3 StPO gleich; waffenrechtlich gelten insoweit keine Besonderheiten. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtslage: Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung Wertung des materiellen Rechts Die maßgebliche Vorschrift ist in einer Klausur wörtlich wiederzugeben. Ergebnis der Subsumtion voranstellen Tatbestandswirkung der strafrechtlichen Verurteilung Gleichstellung Strafbefehl mit Strafurteil durch § 410 III StPO © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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