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RA Digital - 11/2022

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616 Referendarteil:

616 Referendarteil: Strafrecht RA 11/2022 Das durch § 479 II S. 2 StPO kodifizierte Verwendungsverbot gilt nach gesicherter Rechtsprechung zwar dann nicht, wenn die zufälligen Erkenntnisse, die bei einer zulässig angeordneten Überwachung gewonnen wurden (sog. Zufallsfunde), eine Straftat betreffen und belegen, die im Zusammenhang mit der in der Anordnung bezeichneten „Kata-logtat“ steht. Entsprechend ist entschieden worden, dass Erkenntnisse, die bei einer wegen des Verdachts eines Vergehens nach § 129 StGB angeordneten Telefonüberwachung gewonnen wurden, auch zum Nachweis der Taten verwendet werden dürfen, von denen bei der Anordnung der Maßnahme angenommen wurde, sie seien ein Zweck der kriminellen Vereinigung, und zwar unabhängig davon, ob ein Vergehen nach § 129 StGB nachgewiesen werden kann. Daher ist etwa der Schuldspruch eines Rauschgiftdelikts bestätigt worden, das – nach Einschätzung in Anklage und Eröffnungsbeschluss – im Rahmen einer kriminellen Vereinigung begangen worden sein soll. Ein solch enger innerer Zusammenhang zwischen der Tat (hier: banden- bzw. gewerbsmäßiger Betrug), wegen der die Maßnahme (hier: längerfristige Observation) angeordnet wurde, und der tatsächlich festgestellten Tat (hier: § 21 StVG) besteht jedoch offensichtlich nicht. [22] Eine Straftat hat - wie oben bereits dargelegt - „erhebliche Bedeutung“, wenn sie mindestens dem Bereich der mittleren Kriminalität zuzurechnen ist, den Rechtsfrieden empfindlich stört und geeignet ist, das Gefühl der Rechtssicherheit der Bevölkerung erheblich zu beeinträchtigen. Dies setzt voraus, dass der Gesetzgeber der Straftat allgemein ein besonderes Gewicht beimisst und sie im konkreten Fall erhebliche Bedeutung hat. [23] Der Strafrahmen des § 21 I StVG reicht von Geldstrafe bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe. Bei dieser geringen Strafrahmenobergrenze, die sich etwa auch bei Hausfriedensbruch (§ 123 StGB) und Erschleichen von Leistungen (§ 265a StGB) findet, hat der Gesetzgeber dem Delikt schon allgemein kein besonderes Gewicht beigemessen. Zwar liegen im konkreten Fall erschwerende Umstände vor […] So ist der A wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis mehrfach vorbestraft, wobei er zur Tatzeit am 27.01.2021 wegen der einschlägigen Verurteilung […] unter laufender Bewährung stand. Auch stellt es eine besondere Dreistigkeit dar, dass der A mit einem Pkw ohne die erforderliche Fahrerlaubnis zu dem Hauptverhandlungstermin vom 27.01.2021 gefahren ist, bei dem er wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer weiteren Bewährungsstrafe verurteilt wurde. […] Ungeachtet dessen ändern die erschwerenden Tatumstände nichts daran, dass vorliegend eine geringe Strafrahmenobergrenze von einem Jahr Freiheitstrafe gilt. Für die Annahme einer „Straftat von erheblicher Bedeutung“ fehlt es bereits an der Voraussetzung, dass der Gesetzgeber der Straftat allgemein ein besonderes Gewicht beimisst. Dass die Straftat auch im konkreten Fall erhebliche Bedeutung hat, muss ggf. hinzutreten“. Da der A der Verwertung der Erkenntnisse aus der Observation widersprochen hat, besteht ein Beweisverwertungsverbot nach § 479 II S. 2 StPO i.V.m. § 161 III 1 StPO wegen der Vorwürfe des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis. Denn diese hätten für sich betrachtet die verdeckte Ermittlungsmaßnahme nicht gerechtfertigt. ERGEBNIS Das AG darf die Erkenntnisse aus der Observationsmaßnahme nicht verwerten. Jura Intensiv FAZIT Die längerfristige Observation erfordert als Anlasstat eine „Straftat von erheblicher Bedeutung“ (§ 163f I StPO). Sie ist damit im Sinne des § 479 II S. 2 StPO eine Maßnahme, die „nur bei Verdacht bestimmter Straftaten zulässig“ ist. Allerdings ist nach dem Wortlaut des § 479 II S. 2 StPO nicht offensichtlich, dass die Vorschrift nicht nur ausdrücklich bezeichnete so genannte Katalogtaten erfasst, sondern auch generalklauselartig umschriebene Delikte wie etwa Straftaten „von erheblicher Bedeutung“ (§ 163f I StPO). So könnte der in § 479 II S. 2 StPO gewählte Terminus der „bestimmten Straftaten“ so gedeutet werden, dass damit nur bestimmte, also konkret und gegebenenfalls enumerativ bezeichnete Straftatbestände gemeint sein sollen. Tatsächlich wird in der Kommentarliteratur, ohne dies zu problematisieren, der Terminus „bestimmte Straftaten“ mit dem Begriff „Katalogtaten“ gleichgesetzt. Diesem naheliegenden, aber nicht zwingenden Wortverständnis ist das OLG Düsseldorf im Rahmen der vorliegenden und für Prüfungen besonders relevanten Entscheidung entgegengetreten. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

Definitionen und Kernprobleme auf einem Blick. KOMPAKT eben. IHRE KLAUSURVORBEREITUNG: Jura Intensiv KOMPAKT-REIHE: © Estefanía Fernández - Arteffis.com Klausurrelevante Probleme im Überblick Prüfungsschemata mit Definitionen Prüfungsschemata mit Problemen Streitstände komprimiert dargestellt KOMPAKT Strafrecht KOMPAKT Öffentliches Recht Bundesrecht KOMPAKT Landesrecht Baden-Württemberg . Nordrhein-Westfalen Sachsen . Hessen . Rheinland-Pfalz KOMPAKT Zivilrecht Sachenrecht u. gesetzliche Schuldverhältnisse mit allg. Schadensrecht Weitere Informationen und Preise zu unseren Produkten finden Sie in unserem Onlineshop! verlag.jura-intensiv.de/skripte Inhaltsverzeichnis Stand: Oktober 2022

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