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RA Digital - 12/2017

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626 Zivilrecht

626 Zivilrecht RA 12/2017 Danach war der Anspruch aus der Garantie eigentlich bereits verjährt, als er erstmals von K mit Schriftsatz vom 03.12.2014 im Prozess erhoben wurde. 3. Hemmung der Verjährung durch Klageerhebung Fraglich ist jedoch, ob die Erhebung der zunächst auf Rückabwicklung des Kaufvertrags gerichteten Klage auch die Verjährung des Reparaturanspruchs aus der Garantie gehemmt hat. Eine Hemmung gem. § 204 I Nr. 1 BGB kommt aufgrund der unterschiedlichen Streitgegenstände nicht in Betracht. Aber Vorsicht: Wie der BGH unten ausführt ist mit Streitgegenstand aber nicht genau der prozessuale Begriff (Klageantrag plus Lebenssachverhalt) gemeint, der z.B. bei § 263 ZPO zugrunde gelegt wird. Vielmehr kommen weitere Voraussetzungen hinzu. Historischer Hintergrund zur Schaffung des § 213 BGB im Rahmen der Schuldrechtsmodernisierung § 213 BGB ist ein allgemeiner Rechtsgrundsatz. Die Vorschrift wurde zum Schutz des Gläubiger bewusst weit gefasst. Sie erstreckt sich auf alle in elektiver Konkurrenz stehenden Ansprüche. Beispiel für eine elektive Konkurrenz: In elektiver Konkurrenz stehen ab Fristablauf der Anspruch auf Leistung und der Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung gem. §§ 280 I, III, 281 I 1 BGB. Erst wenn der Käufer die Erklärung gem. § 281 IV BGB abgibt, erlischt der Nacherfüllungsanspruch. a) Hemmung gem. § 204 I Nr. 1 BGB Gem. § 204 I Nr. 1 BGB wird die Verjährung des Anspruchs durch die Erhebung der Klage auf Leistung gehemmt. „II.2. a) Eine Hemmung der Verjährung nach § 204 I Nr. 1 BGB ist zu verneinen. Denn die am 10.02.2014 erhobene Klage war auf die Rückabwicklung des Kaufvertrages gerichtet und hatte somit einen anderen Streitgegenstand als der zuletzt allein geltend gemachte Anspruch auf Reparatur des Fahrzeugs.“ b) Hemmung gem. § 213 BGB Eine Erstreckung der verjährungshemmenden Wirkung der Klageerhebung auf den später geltend gemachten Reparaturanspruch könnte sich jedoch aus § 213 BGB ergeben. Danach gilt die Hemmung, die Ablaufhemmung und der erneute Beginn der Verjährung auch für Ansprüche, die aus demselben Grunde wahlweise neben dem Anspruch oder an seiner Stelle gegeben sind. „II.2.b) aa) Bei der Schaffung der mit der Schuldrechtsreform neu eingeführten Verjährungsregelung des § 213 BGB hat sich der Gesetzgeber den schon nach bisher geltendem Recht dem Käufer und dem Besteller einer Werkleistung gewährten Schutz vor einer Verjährung der miteinander konkurrierenden Ansprüche auf Minderung und auf Wandelung (§ 477 III, § 639 I BGB a.F.) zum Vorbild genommen. Den genannten Vorschriften lag die Erwägung zugrunde, der Käufer oder Besteller, der nur einen von mehreren ihm vom Gesetz eröffneten Gewährleistungsansprüchen geltend mache, solle nicht Gefahr laufen, dass bei Abweisung dieses Anspruchs die übrigen auf demselben Mangel beruhenden Ansprüche verjährten. Diesen bislang nur auf die kauf- und werkvertraglichen Gewährleistungsansprüche der Minderung und der Wandelung beschränkten Gedanken, der von der höchstrichterlichen Rspr. auf bestimmte weitere Fallgestaltungen ausgedehnt worden war, hat der Gesetzgeber mit § 213 BGB zu einem allgemeinen Rechtsgrundsatz umgestaltet. II.2. b) bb) Das damit verfolgte Anliegen des Gesetzgebers besteht darin, einen Gläubiger in verjährungsrechtlicher Hinsicht vor den Folgen eines Fehlgriffs in einer Situation zu bewahren, in der er an sich mehrere Ansprüche geltend machen könnte, das eine Begehren aber das andere - oder die anderen - ausschließt. Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber die Reichweite der in § 213 BGB angeordneten Wirkungserstreckung bewusst weit gefasst. Die für einen geltend gemachten Anspruch bewirkten verjährungshemmenden oder den Neubeginn der Verjährung auslösenden Maßnahmen sollen sich ausweislich der Gesetzesmaterialien in all den Fällen auf sämtliche Ansprüche erstrecken, in denen das Gesetz einem Gläubiger von vornherein mehrere, zwar auf das gleiche Interesse gerichtete, aber inhaltlich verschiedene Ansprüche zur Wahl stellt (elektive Konkurrenz) oder es ihm zumindest in Verfolgung des gleichen wirtschaftlichen Interesses Jura Intensiv Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 12/2017 Zivilrecht 627 ermöglicht, von einem Anspruch zum anderen überzugehen. Insbesondere soll ein Gläubiger, der sich für die gerichtliche Geltendmachung eines dieser Ansprüche entscheidet, nicht gezwungen sein, sich im Prozess durch die Stellung von Hilfsanträgen vor der Verjährung der weiteren Ansprüche zu schützen. II.2.b) cc) Dem Gesetzgeber war dabei aber auch - im Hinblick auf eine ausgewogene Abwägung von Gläubiger- und Schuldnerinteressen - daran gelegen, die Reichweite der Erstreckungswirkung des § 213 BGB nicht ins Uferlose auszudehnen. Er hat es insbesondere nicht für ausreichend erachtet, dass einem Gläubiger aus verschiedenen Rechtsgründen mehrere unterschiedliche Ansprüche gegen den Schuldner zustehen. Vielmehr hat er bestimmte Anforderungen an das Vorliegen einer elektiven Konkurrenz (§ 213 Alt. 1 BGB) und einer alternativen Konkurrenz (§ 213 Alt. 2 BGB) gestellt, um sicherzustellen, dass die Erstreckungswirkung nur in den Fällen eingreift, in denen der Schuldner „durch die Unterbrechung oder Hemmung hinsichtlich des einen Anspruchs hinreichend gewarnt ist und sich auf die Rechtsverfolgung des Gläubigers hinsichtlich der übrigen Ansprüche einstellen kann“. Nach dem in den Gesetzgebungsmaterialien dokumentierten Willen des Gesetzgebers soll die Anwendung des § 213 BGB u.a. davon abhängen, dass „das Gesetz von vornherein mehrere Ansprüche dem Gläubiger zur Wahl stellt oder es ihm ermöglicht, in Verfolgung des gleichen wirtschaftlichen Interesses von einem zum anderen Anspruch überzugehen“. II.2.b) cc) (1) Für die Frage, ob ein von § 213 Alt. 1 BGB erfasster Fall elektiver Konkurrenz mehrerer Ansprüche vorliegt, ist daher darauf abzustellen, ob das Gesetz dem Gläubiger generell mehrere, einander ausschließende Ansprüche zur Auswahl stellt und diese Ansprüche für ihn aus demselben Grunde bestehen.“ Eine solche Konstellation ist vorliegend nicht gegeben. Der mit der Klageschrift geltend gemachte Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises beruht gem. §§ 437 Nr. 2, 323 BGB auf den gesetzlichen Vorschriften des Gewährleistungsrechts beim Kaufvertrag, während der Anspruch auf Reparatur aus dem Garantievertrag ausschließlich eine vertragliche Grundlage hat, an die das Gesetz in §§ 443, 477 BGB lediglich eine Reihe von Folgewirkungen knüpft. Insbesondere ergibt sich eine elektive Konkurrenz zwischen diesen beiden Ansprüchen nicht aus gesetzlichen Regelungen. Jura Intensiv „II.2.b) cc) (2) Es kann dahinstehen, ob § 213 BGB darüber hinaus - direkt oder analog - auch dann anzuwenden ist, wenn zwei in elektiver Konkurrenz zueinander stehende Ansprüche allein eine vertragliche Grundlage haben. II.2.b) cc) (3) In jedem Fall fehlt es an der weiteren Voraussetzung des § 213 Alt. 1 BGB, dass die verschiedenen Ansprüche auf „demselben Grund“ beruhen. „Derselbe Grund“ ist hierbei nicht i.S.d. im Prozessrecht verwendeten Begriffs des Klagegrundes zu verstehen, wie er beispielsweise zur Prüfung einer Klageänderung zugrunde zu legen ist. § 213 BGB verfolgt das Anliegen, die Verjährungshemmung über den prozessualen Anspruch hinaus, wie er im Prozessrecht durch den Streitgegenstandsbegriff definiert wird, zu erstrecken, denn im Umfang des prozessualen Anspruchs wird die Verjährung bereits durch die Klageerhebung gem. § 204 I Nr. 1 BGB gehemmt. Dem würde es widersprechen, die im Prozessrecht für die Definition eines Streitgegenstands verwendeten Maßstäbe zur Nicht ausreichend ist jedoch, dass einem Gläubiger aus verschiedenen Rechtsgründen mehrere unterschiedliche Ansprüche gegen den Schuldner zustehen Siehe oben. Gemeint ist z.B. der Übergang vom Anspruch auf Primärleistung auf den Schadensersatz statt der Leistung. § 213 BGB findet auf die vorliegende Situation keine Anwendung. Es besteht keine elektive Konkurrenz zwischen dem vertraglichen Anspruch aus Garantievertrag, der in §§ 443, 477 BGB näher bestimmt wird und den gesetzlichen Ansprüchen aus der kaufrechtlichen Mängelhaftung. § 213 BGB will die Verjährungshemmung über den prozessualen Anspruch, wie er im zweigliedrigen prozessualen Streitgegenstandsbegriff durch Klageantrag und Lebenssachverhalt definiert wird, hinaus erstrecken. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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