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RA Digital - 12/2018

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636 Zivilrecht

636 Zivilrecht RA 12/2018 Der BGH weigert sich hier, wie schon in der RA 2017, 567, per Federstrich ein geschlechtsneutrales Abstammungsrecht zu erschaffen, in dem Vater- und Mutterschaft auf einen rein sozialen Bedeutungsinhalt dekonstruiert werden und als rechtliche Kategorien aufgegeben werden. Das darf allein der Gesetzgeber mit der Schaffung eines neuen Abstammungsrechts. Auch aus Art. 8 EMRK kann kein anderes Ergebnis hergeleitet werden. Vielmehr ist die Situation - wie bereits dargestellt - insoweit verschieden, als die Ehefrau nicht leiblicher Elternteil des Kindes sein kann, während der Gesetzgeber dies für den Ehemann als Regelfall vermutet und darauf die Vorschrift des § 1592 Nr. 1 BGB gründet. Dieser Unterschied rechtfertigt die im Rahmen des Abstammungsrechts nach wie vor bestehende abweichende Behandlung gleich- und verschiedengeschlechtlicher Ehepaare und deren Kinder. [29] Verfassungsrechtlich ist daher nichts dagegen zu erinnern, dass die Ehefrau einer Kindesmutter - wie im vorliegenden Fall die A - jedenfalls bis zu einer eventuellen gesetzlichen Neuregelung auf die Sukzessivadoption nach § 1741 II 3 BGB verwiesen bleibt, um in die rechtliche Elternstellung zu gelangen. Auf diesem rechtlichen Weg werden sowohl die Rechte des betroffenen Kindes gewahrt als auch über die Vorschrift des § 1747 BGB die Rechte des in solchen Fallgestaltungen notwendigerweise zusätzlich zu den beiden Ehegatten existierenden biologischen Vaters. [30] Schließlich liegt aus den vorgenannten Gründen auch kein Verstoß gegen Art. 8 EMRK, der das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens schützt, für sich genommen oder in Verbindung mit dem Diskriminierungsverbot des Art. 14 EMRK vor. Für eine Vermutung, dass das von der einen Ehefrau geborene Kind biologisch von der zweiten Ehefrau abstammt, gibt es keine Tatsachengrundlage. Die gleichgeschlechtlichen Ehepartner befinden sich daher im Hinblick auf die zum Zeitpunkt der Geburt vorgenommenen Eintragungen in das Geburtenregister nicht in einer in erheblichem Maße vergleichbaren Situation wie verschiedengeschlechtliche Ehepartner.“ B. Ergebnis A kann von S nicht verlangen, eine Berichtigung des Geburtseintrags vorzunehmen. Sie ist nicht als zweite Mutter des Kindes einzutragen. FAZIT Der BGH hat entschieden, dass die bei heterosexuellen Paaren geltenden Abstammungsregeln des Bürgerlichen Gesetzbuchs bei gleichgeschlechtlichen Ehen keine Anwendung finden. Die Ehefrau der Mutter eines Kindes wird daher nicht automatisch ebenfalls Elternteil. Sie bleibt weiterhin auf die Sukzessivadoption nach § 1741 II 3 BGB verwiesen. Eine gemeinsame Mutterschaft kann es nach Auffassung des 12. Senats nur durch eine Reform des Abstammungsrechts geben. Jura Intensiv Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 12/2018 Referendarteil: Zivilrecht 637 Speziell für Referendare Problem: Schadensersatz wegen Prozessvergleich Einordnung: ZPO I, Deliktsrecht, Familienrecht OLG Bremen, Beschluss vom 26.10.2018 4 UF 39/18 EINLEITUNG Wendet sich eine Partei gegen einen geschlossenen Prozessvergleich, da sie sich von der anderen Partei bei der Eingehung getäuscht fühlt, wird sie den Vergleich in der Regel anfechten. In der nachfolgenden Entscheidung des OLG Bremen erhebt die sich getäuscht fühlende Partei erfolgreich eine Schadensersatzklage, gestützt auf § 826 BGB gegen den Täuschenden. Aufgrund der hohen Anforderungen, vor allem im subjektiven Tatbestand, ist eine erfolgreiche Klage aus § 826 BGB sehr selten erfolgreich. GRÜNDE I. Die Beteiligten waren miteinander verheiratet. Während ihres ehelichen Zusammenlebens erbte die Antragstellerin im Jahr 2005 40.000 €. Dieses Geld legte sie im Jahr 2007 in Absprache mit dem Antragsgegner bei der […] Bank je zur Hälfte auf einem auf ihren Namen geführten Tagesgeldkonto und auf einem auf den Namen des Antragsgegners geführten Tagesgeldkonto an, um auf diese Weise zweimal eine Prämie erzielen zu können. Auf beide Konten hatte entsprechend einer zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarung zunächst ausschließlich die Antragstellerin Zugriff. Sie allein erhielt die Online-Zugangs-Daten für beide Konten. Zwischen den Beteiligten bestand Einigkeit, dass das darauf befindliche Geld weiterhin allein der Antragstellerin zustehen sollte. Jura Intensiv Nach der Trennung der Beteiligten behauptete der Antragsgegner gegenüber der Bank, dass er die Zugangsdaten verloren habe. Im März 2011 ließ er diese ändern und sich sodann von der Bank einen Teilbetrag von 11.500 € von dem auf seinen Namen lautenden Konto auszahlen. Nachdem die Antragstellerin hiervon Kenntnis erhalten hatte, übersandte sie ein auf den 31.05.2011 datiertes Telefax an die Bank. Dieses Schreiben, in dem sie den Antragsgegner als Absender benannte, um eine neue Zugangsnummer und PIN bat und als neue Anschrift ihre eigene Adresse angab, unterzeichnete sie mit dem Namen des Antragsgegners. Nach Erhalt der ihr daraufhin von der Bank übermittelten Zugangsdaten transferierte die Antragstellerin von dem auf den Namen des Antragsgegners lautenden Konto das Restguthaben in Höhe von 10.311,75 € auf ihr eigenes Konto. Im August 2011 widersprach der Antragsgegner gegenüber der Bank dieser Überweisung, woraufhin die Bank ihm den Betrag von 10.311,75 € erstattete. Die Antragstellerin erhielt hiervon zunächst keine Kenntnis. LEITSATZ 1. Eine in einem Vergleich enthaltene Abgeltungsklausel, die vorsieht, dass mit Zahlung eines vereinbarten Betrages sämtliche - auch unbekannte - wechselseitigen Ansprüche der Ehegatten im Zusammenhang mit ihrer Trennung und Beendigung der Ehe abgegolten sein sollen, erfasst allein die bis zum Abschluss des Vergleichs entstandenen Ansprüche. 2. Nicht erfasst von einem solchen Vergleich wird hingegen ein sich erst aus dem Vorgang des Vergleichsschlusses selbst ergebender Schadensersatzanspruch des einen Ehegatten gegen den anderen (hier nach wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung durch Unterlassen einer Aufklärung eines Ehegatten über einen für dessen Bereitschaft zum Abschluss des Vergleichs offenkundig essentiellen, nur dem anderen Ehegatten bekannten Umstand). Hier liegt eine familiengerichtliche Entscheidung nach FamFG vor. Diese erfolgt gem. § 38 FamFG in Beschlussform, daher wird die Entscheidung in Gründe I u. II unterteilt. Die Parteien werden als „Beteiligte“ bzw. „Antragsteller“ und „Antragsgegner“ bezeichnet. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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