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RA Digital - 12/2018

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650 Öffentliches Recht

650 Öffentliches Recht RA 12/2018 Bäcker, JuS 2013, 119, 120 Bäcker, JuS 2013, 119, 121 Zum Verhältnis des Art. 93 I Nr. 1 GG zu § 63 BVerfGG vgl. Ehlers, JURA 2003, 315, 316; Engels, JURA 2010, 421, 422 Problem: Beteiligungsfähigkeit einer Partei im Organstreitverfahren M.M.: Beteiligungsfähigkeit (-), vgl. Ehlers, JURA 2003, 315, 315 H.M.: Beteiligungsfähigkeit (+), vgl. BVerfGE 24, 260, 263; Geis, JuS 2011, 699, 702 Beachte: An dieser Stelle im Prüfungsaufbau spielt es noch keine Rolle, ob der Antragstellerin im konkreten Rechtsstreit eine Rechtsposition zusteht. Das ist erst im Prüfungspunkt „Antragsbefugnis“ zu erörtern (vgl. Ehlers, JURA 2003, 315, 317). Antragsgegner: Minister Begrenzte Zulässigkeitsprüfung Vgl. BVerfGE 89, 344, 345; 92, 130, 133 Problem: Antragsbefugnis II. Statthaftigkeit des Antrags Fraglich ist, ob der Antrag statthaft ist. Nach dem offenen Wortlaut des § 32 BVerfGG ist der Antrag bei allen Verfahrensarten vor dem BVerfG statthaft, wobei das Hauptsacheverfahren noch nicht anhängig sein muss. Somit kann der Antrag auch im Rahmen des hier einschlägigen Organstreitverfahrens gestellt werden, ist also statthaft. III. Beteiligungsfähigkeit Antragsteller und Antragsgegner müssen beteiligungsfähig sein. Im Verfahren nach § 32 BVerfGG ist beteiligungsfähig, wer auch im anhängigen oder zu erwartenden Hauptsacheverfahren beteiligtenfähig ist. Da im Hauptsacheverfahren das Organstreitverfahren statthaft ist, richtet sich die Beteiligungsfähigkeit nach Art. 93 I Nr. 1 GG i.V.m. § 63 BVerfGG. Die Antragstellerin zu 1. ist eine Partei und damit weder ein oberstes Verfassungsorgan i.S.v. Art. 93 I Nr. 1 GG noch Teil eines der in § 63 BVerfGG genannten Verfassungsorgane. Möglicherweise ist sie aber ein „anderer Beteiligter“ i.S.v. Art. 93 I Nr. 1 GG. Dagegen könnte sprechen, dass die Parteien nicht Teil der Staatsorganisation, sondern der gesellschaftlichen Sphäre zuzurechnen sind und ihr verfassungsrechtlicher Schutz daher per Verfassungsbeschwerde nach Art. 93 I Nr. 4a GG zu bewerkstelligen ist. Dieser Überlegung kann jedoch entgegengehalten werden, dass Parteien Einfluss auf die Zusammensetzung des Parlaments und der Regierung sowie auf das Regierungsprogramm haben und somit eher zur staatsrechtlichen Sphäre gehören. Ferner kann Art. 21 GG als zentrale Schutznorm der Parteien aufgrund seiner systematischen Stellung nicht per Verfassungsbeschwerde geltend gemacht werden. Daher ist davon auszugehen, dass Parteien im Organstreitverfahren beteiligungsfähig sind, soweit es um Rechte geht, die sich aus Art. 21 GG ergeben. Folglich ist die Antragstellerin zu 1. auch im Eilrechtsschutzverfahren nach § 32 BVerfGG beteiligungsfähig. Die Antragstellerin zu 2. ist als Fraktion Teil des Bundestages und in der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (GO BT) mit eigenen Rechten ausgestattet (z.B. § 76 I GO BT), sodass sie beteiligungsfähig ist. Da die umstrittenen Äußerungen vom Bundesminister des Innern stammen, ist er und nicht die gesamte Bundesregierung der Antragsgegner. Der Minister ist Teil des Verfassungsorgans „Bundesregierung“ und im Grundgesetz mit eigenen Rechten ausgestattet (z.B. Art. 65 S. 2 GG). Daher ist er im Organstreitverfahren und somit auch im Eilrechtsschutzverfahren nach § 32 BVerfGG beteiligungsfähig. Jura Intensiv IV. Zulässigkeit des Hauptsacheverfahrens Fraglich ist, ob es auch auf die weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen des Hauptsacheverfahrens ankommt. Das ist wegen seines Charakters als Eilverfahren bei § 32 BVerfGG jedoch nur der Fall, wenn der Hauptsacherechtsbehelf von vornherein, also eindeutig unzulässig ist. Der Antragstellerin zu 2. könnte von vornherein die im Organstreitverfahren gem. § 64 I BVerfGG erforderliche Antragsbefugnis fehlen. Sie verlangt eine mögliche Verletzung oder unmittelbare Gefährdung eigener Rechte oder aber der Rechte des Organs, dem die Antragstellerin angehört (Fall der gesetzlichen Prozessstandschaft). Hier kommt nur eine Verletzung des Rechts auf Chancengleichheit der Parteien aus Art. 21 I 1 GG in Betracht. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 12/2018 Öffentliches Recht 651 „[13] […] Als im Organstreit verfolgbare eigene Rechte von Fraktionen kommen aber nur solche im innerparlamentarischen Raum in Betracht. Das Recht auf Chancengleichheit im Wettbewerb der politischen Parteien aus Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG, das die Antragstellerin zu 2. geltend macht, kann sie deshalb im Organstreit weder als eigenes Recht gegenüber dem Antragsgegner verfolgen, noch steht es dem Bundestag in seiner Gesamtheit zu.“ Demnach ist der Hauptsacherechtsbehelf der Antragstellerin zu 2. wegen eindeutigen Fehlens der Antragsbefugnis von vornherein unzulässig, was auch zur Unzulässigkeit ihres Eilantrags nach § 32 I BVerfGG führt. Hinsichtlich des Antrags der Antragstellerin zu 1. könnte von vornherein das Rechtsschutzbedürfnis fehlen. „[11] Die Zulässigkeit eines Organstreits setzt grundsätzlich voraus, dass die gerügte Maßnahme oder Unterlassung (§ 64 Abs. 1 BVerfGG) objektiv vorliegt. Entsprechendes gilt im Verfahren der einstweiligen Anordnung, da es andernfalls an einem „Streitfall“ im Sinne des § 32 Abs. 1 BVerfGG fehlt. Für vorbeugenden Rechtsschutz ist demgemäß im Verfahren des § 32 BVerfGG grundsätzlich kein Raum. Ausnahmen von diesem Grundsatz kommen allenfalls in Betracht, wenn dem Antragsteller ohne eine (vorläufige) vorbeugende Regelung effektiver Rechtsschutz nicht mehr gewährt werden könnte. [15] Soweit das Begehren der Antragstellerin zu 1. darauf gerichtet ist, dem Antragsgegner aufzugeben, sein Interview mit der Deutschen Presse-Agentur vom 14. September 2018 von der Homepage des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat zu entfernen, fehlt das Rechtsschutzbedürfnis für eine einstweilige Anordnung, weil diesem Begehren bereits Rechnung getragen ist. Das Interview des Antragsgegners kann seit dem 1. Oktober 2018 von der Homepage des von ihm geführten Ministeriums nicht mehr abgerufen werden. Eine einstweilige Anordnung, die dem Antragsgegner aufgeben würde, das Interview von der Homepage zu entfernen, könnte nicht vollzogen werden, sondern ginge ins Leere. Jura Intensiv [16] Soweit das Begehren der Antragstellerin zu 1. darauf gerichtet ist, dem Antragsgegner in seiner Funktion als Bundesinnenminister eine Wiederholung der im Interview vom 14. September 2018 getätigten Äußerungen in sonstiger Weise zu verbieten, betrifft der Antrag künftige Handlungen des Antragsgegners und ist damit auf die von Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG, §§ 64 ff. BVerfGG und mithin auch von § 32 BVerfGG grundsätzlich nicht umfasste Gewährung vorbeugenden Rechtsschutzes gerichtet. Dabei ist auf der Grundlage des Vorbringens der Antragstellerinnen auch nicht ersichtlich, dass die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung erfordert. [17] Dem steht bereits entgegen, dass es an konkreten Anhaltspunkten dafür fehlt, dass der Antragsgegner beabsichtigt, die angegriffenen Äußerungen unter Rückgriff auf die Autorität seines Regierungsamtes zu wiederholen. Hiervon kann angesichts der Löschung dieser Äußerungen auf der Homepage des Ministeriums nicht ohne Weiteres Recht aus Art. 21 I 1 GG steht offensichtlich nur Parteien, nicht aber Fraktionen zu. Problem: Rechtsschutzbedürfnis Vorbeugender Rechtsschutz grds. unzulässig, es sei denn, Gebot des effektiven Rechtsschutzes verlangt Ausnahme Interview bereits von Homepage entfernt • Erledigung Verbot der Wiederholung der Äußerungen: grds. unzulässiger vorbeugender Rechtsschutz Ausnahme vom grds. Verbot des vorbeugenden Rechtsschutzes (-) © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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