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RA Digital - 12/2019

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636 Referendarteil:

636 Referendarteil: Zivilrecht RA 12/2019 Ebenfalls als Hilfsmittel zum Zwecke der Auslegung zulässig sind die Ihnen bezüglich Normen bekannten Auslegungskriterien, vgl. Palandt/ Ellenberger, BGB, § 133 Rn 14. Kein Ausschluss des Herstellungsanspruches gemäß § 535 I 2 BGB aufgrund der Kenntnis des K von dem Zustand der Mietsache bei Mietbeginn Vgl. BGH, NJW-RR 2003, 727; BGH, NJW-RR 2007, 1021 BGH, NJW-RR 2007, 1021 Treuwidrigkeitseinrede gegen den Erfüllungsanspruch aufgrund wirksamer Kündigung des B Besonderheit im Aufbau: Die Wirksamkeit der Kündigung wird nicht in den Entscheidungsgründen der Widerklage (Feststellung, dass das MV beendet ist) behandelt, sondern muss hier innerhalb § 242 BGB geprüft werden, da die Kündigung bereits den kl. Hauptantrag betrifft. Die wirksame Kündigung des B führt dazu, dass der entstandene Erfüllungsanspruch des K nicht durchsetzbar ist. Bereits hinsichtlich des Wortlautes sind die Regelungen im Vertragstext eindeutig. So heißt es in § 1 des Vertrages ausdrücklich: „(...) Verpachtet wird ein Gastronomiebetrieb bestehend aus Gastronomieinnenbereich und 2 Außengastronomieflächen.“. Zum gleichen Ergebnis gelangt die systematische Auslegung des Vertragstextes. In diesem sind die Pflichten der Vertragsparteien einschließlich Pacht- beziehungsweise Miethöhe sowie Pacht-/ Mietobjekt in seiner räumlichen Ausdehnung und inhaltlichen Nutzung eingehend beschrieben. Dieses Verständnis entspricht auch der historischen Entwicklung der Aushandlung des Vertragsgeflechtes. B kann gegenüber dem von K geltend gemachten Anspruch nicht einwenden, diese habe die Miet-/Pachtsache in Kenntnis des Mangels angenommen. Kennt der Mieter bei Vertragsschluss den Mangel der Mietsache, so stehen ihm gemäß § 536b BGB die Rechte aus den §§ 536 und 536a BGB zwar nicht zu, jedoch liegen die Voraussetzungen für einen solchen Ausschluss hinsichtlich des Herstellungsanspruches aus § 535 I 2 BGB nicht vor. [47] Durch § 536 b BGB können die Ansprüche aus §§ 536, 536 a BGB sowie auch die Kündigung nach § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB ausgeschlossen sein; vom Ausschluss nicht betroffen sind jedoch der Erfüllungsanspruch und die Einrede aus § 320 BGB ((…) MünchKomm-BGB/Häublein, 7. Aufl., § 536 b Rn. 11; Schmidt-Futterer/Eisenschmid, 13. Aufl., Mietrecht, § 536 b Rn. 5; jeweils m.w.N.). Dem Mieter soll nicht dauerhaft die Leistung, für die er bezahlt, vorenthalten bleiben (MünchKomm-BGB/Häublein, a.a.O.). Erfüllungsansprüche sind nur dann ausgeschlossen, wenn die Mietvertragsparteien einen bestimmten, bei Überlassung vorhandenen (schlechten) Zustand der Mietsache konkret als vertragsgemäß vereinbart haben; dieser Schluss ist dann gerechtfertigt, wenn der Mieter den Mietvertrag in positiver Kenntnis eines bestimmten Mangels abschließt, das heißt die Mietsache so, wie sie ist, akzeptiert (…). So liegt der Streitfall hinsichtlich des geltend gemachten Erfüllungs- beziehungsweise Herstellungsanspruch indes nicht. Die Klägerin hatte vor der Anmietung/-pachtung ausdrücklich darauf hingewiesen, den Vertrag ohne die Nutzung der genannten zusätzlichen Flächen im Innen- und Außenbereich nicht abschließen zu wollen. Jura Intensiv Der Anspruch ist aber gemäß § 242 BGB nicht durchsetzbar. [51] Der genannte Einwand findet seine gesetzliche Grundlage in der bürgerlichrechtlichen Vorschrift des § 242 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 17. Dezember 1958 - V ZR 135/57, BGHZ 29, 117, zitiert juris Rn. 22; vom 24. April 2008 - VII ZR 42/07, BGHZ 176, 198, zitiert juris Rn. 12; vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, BGHZ 211, 123, zitiert juris Rn. 37; Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Aufl., § 242 Rn. 38; jeweils m.w.N.). Rechtsmissbräuchlich kann hiernach die Rechtsausübung sein, wenn (…) andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen (BGH, Urteil vom 22. Mai 1985 - IVa ZR 153/83, BGHZ 94, 344, zitiert juris Rn. 31; vom 5. Juni 1997, a.a.O., jeweils m.w.N.). So liegt auch der Streitfall. Die Beklagte würde zur Herstellung eines Zustandes verpflichtet, zu dessen Herbeiführung sie mit Blick auf die Dauer des Genehmigungsverfahrens mehrere Wochen brauchen würde. Dies hat zur Folge, dass die Klägerin aufgrund der zwischenzeitlich ausgesprochenen Kündigung zum 30. September 2019 hieran keinen praktischen Nutzen mehr hat, weil die Kündigung wirksam ist. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 12/2019 Referendarteil: Zivilrecht 637 [52] So hat die Beklagte das bis zum 31. Januar 2020 (§ 4 Abs. 1 des Pachtvertrages) befristete Pacht- beziehungsweise Mietverhältnis durch die Kündigung vom 10. Februar 2019 (Anlage BB 3, Blatt 541 f der Akte) wirksam ordentlich zum Ablauf des 30. September 2019 gekündigt, weil der befristete Mietvertrag die nach § 550 Satz 1 BGB erforderliche Schriftform nicht erfüllt. Wird ein Mietvertrag für längere Zeit als ein Jahr nicht in schriftlicher Form geschlossen, so gilt er nach der genannten Bestimmung für unbestimmte Zeit und ist deshalb gemäß § 580 a Abs. 2 BGB bei einem Vertrag über Geschäftsräume spätestens am dritten Werktag eines Kalendervierteljahres zum Ablauf des nächsten Kalendervierteljahres ordentlich kündbar. So liegt auch der Streitfall. Die für nach Vorstehendem hinsichtlich der in § 4 Abs. 1 des Pachtvertrages vereinbarte Befristung des Vertrages bis zum 31. Januar 2020 erforderliche Schriftform ist nicht eingehalten. [54] Gemessen hieran genügt die von der Beklagten mit der Berufung vorgelegte „Pachtvertrag - Ergänzung/19.12.2014“ (…) nicht dem Schriftformerfordernis. Diese nimmt zwar, auch wenn sie nicht Bestandteil der Vertragsurkunde (…) ist, ausdrücklich Bezug auf den Ursprungsvertrag, jedoch ist sie nicht unterzeichnet. Die maßgeblichen Unterschriften der Vertragsparteien befinden sich über und nicht unter den getroffenen ergänzenden Vereinbarungen. B ist gemäß §§ 581 II i.V.m. § 536a I BGB verpflichtet, dem K den Schaden zu ersetzen, der ihm seit dem 25.10.2015 durch die fehlende baurechtliche Genehmigung entstanden ist. Die Bemessung des Schadens in Höhe eines Abzuges von 30 % der Netto-Kaltmiete ist unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung gemäß § 287 I ZPO angemessen. Die Zwischenfeststellungswiderklage gemäß § 256 II ZPO ist zulässig und begründet. [71] Nach vorstehenden Ausführungen zur Wirksamkeit der von der Beklagten unter Hinweis auf die Verletzung des Schriftformerfordernisses ausgesprochenen ordentlichen Kündigung (…) kann die Beklagte überdies die Feststellung verlangen, dass das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis für das Objekt mit der postalischen Bezeichnung (…) mit Ablauf des (…) endet. Jura Intensiv Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 I 1, 709 S. 1 ZPO. Der Streitwert wird gemäß § 45 I S. 1, S 2 GKG auf (…) festgesetzt. FAZIT Relevant sind zum einen der Hilfsantrag und die Zwischenfeststellungsklage sowie zum anderen insbesondere die Reichweite des Schriftformerfordernisses gemäß § 550 BGB. Beim Letztgenannten gilt, dass schriftformbedürftige Erklärungen die Unterschrift unterhalb der Erklärung erfordern. Prüfung der Wirksamkeit der Kündigung. Problem: Befristeter Mietvertrag Entscheidend ist hier, dass zwar der Ursprungsvertrag unterschrieben war, nicht aber die Abrede bezüglich der Befristung als eigenständiges Dokument (Anlage zum MV). Damit war die Befristung unwirksam, das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit eingegangen und die ordentliche Kündigung des B wirksam. Das sind Erwägungen aus dem Schutzzweck der Norm bzgl. § 126 BGB. Ist die Unterschrift unterhalb der Erklärung, wird hiermit ausgedrückt, dass nach vorheriger Kenntnisnahme des Inhaltes die Unterschrift geleistet wurde. In der Klausur sollten Sie einen Obersatz bilden: „Da der Hauptantrag unbegründet ist, ist die innerprozessuale Bedingung zur Entscheidung über den Hilfsantrag eingetreten. Dieser ist zulässig, da die Voraussetzungen der §§ 263, 260 ZPO vorliegen.“ Nach der Klage ist über die Widerklage zu entscheiden. In der Klausur beginnen Sie mit Prüfung des § 33 I ZPO. Sodann prüfen Sie § 256 II ZPO. Folgend kann hier ein Verweis auf die bereits erfolgten Ausführungen zur Wirksamkeit der Kündigung erfolgen. § 92 I 1 ZPO, denn K obsiegt mit dem HA und B mit Widerklage; § 709 S 1 ZPO, da Summen gem. § 708 Nr. 10 ZPO überschritten und der Antrag keine Geldforderung betrifft § 45 I GKG doppelt relevant, da Widerklage und Hilfsanträge vorliegen (Lesen Sie die Norm!) © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

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