648 Öffentliches Recht RA 12/2019 von Bildnissen regelt, während es für die Anordnung der Maßnahme - also das Anfertigen der Bildnisse - einer eigenständigen rechtlichen Grundlage bedarf. […]“ 3. Ermächtigung zur staatlichen Informationstätigkeit Auch der von der Polizeibehörde reklamierten Befugnis zur staatlichen Informationstätigkeit könnten neben der aufgezeigten Sperrwirkung des VersammlG weitere Erwägungen entgegenstehen. Grundsätzliche Befugnis zur staatlichen Informationstätigkeit Voraussetzungen der o.g. Befugnis: • Kein gezielter Grundrechtseingriff • Gesetzliche Normierung nicht möglich Hier: (-), da unmittelbare Grundrechtseingriffe und zudem gesetzliche Normierung möglich „Können Aufgaben der Regierung oder der Verwaltung mittels öffentlicher Informationen wahrgenommen werden, liegt in der Aufgabenzuweisung grundsätzlich auch eine Ermächtigung zum Informationshandeln. […] Hierbei handelt es sich um eine Aufgabe der Staatsleitung als Bestandteil der Staatsaufgaben, die, ohne dass es dazu einer besonderen gesetzlichen Eingriffsermächtigung bedürfte, hoheitliches Informationshandeln legitimieren kann. […] Die Zulässigkeit staatlichen Informationshandelns ohne besondere gesetzliche Eingriffsermächtigung ist aber nur dann gegeben, wenn es nicht zu gezielten Grundrechtseingriffen bzw. funktionalen Äquivalenten solcher Eingriffe, sondern lediglich zu faktisch-mittelbaren Grundrechtsbeeinträchtigungen führt und der betroffene Bereich einer staatlichen Normierung nicht zugänglich ist. Letzteres ist etwa dann der Fall, wenn die Beeinträchtigung aus einem komplexen Geschehensablauf entsteht, […]. So liegt es etwa bei einer staatlichen Informationstätigkeit, die erst aufgrund der Reaktion der Bürger zu mittelbar-faktischen Grundrechtsbeeinträchtigungen führt. […] Gemessen daran ist eine spezialgesetzliche Ermächtigungsgrundlage für die Veröffentlichung von Fotos von Versammlungen, auf denen einzelne Personen identifizierbar sind, nicht entbehrlich. Dabei handelt es sich nach den obigen Ausführungen schon nicht um bloße mittelbare Grundrechtsbeeinträchtigungen, sondern um unmittelbare Grundrechtseingriffe. Ferner ist die Standardsituation des Fotografierens bei Versammlungen zu Zwecken der polizeilichen Öffentlichkeitsarbeit nicht durch eine komplexe Gemengelage geprägt, sondern ohne Weiteres einer abstrakt-generellen Regelung zugänglich.“ Jura Intensiv B. Ergebnis Für die Anfertigung und Veröffentlichung der Fotos bedurfte es einer Ermächtigungsgrundlage, die jedoch nicht existiert. Folglich waren die polizeilichen Maßnahmen rechtswidrig. FAZIT Die grundsätzliche Bedeutung der Entscheidung zeigt sich bereits daran, dass das OVG die Revision gem. § 132 II Nr. 1 VwGO zugelassen hat. Von zentraler Bedeutung für die Examensvorbereitung sind die Überlegungen des Gerichts zum Eingriff in Art. 8 I GG, zur Sperrwirkung des VersammlG sowie zur Anwendbarkeit des KunstUrhG und der ungeschriebenen Befugnis zur staatlichen Informationstätigkeit. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG
RA 12/2019 Referendarteil: Öffentliches Recht 649 Speziell für Referendare Problem: Illegale Anlegung eines Stellplatzes im Vorgarten Einordnung: Baurecht VG Neustadt a.d.W., Urteil vom 30.07.2019 5 K 1585/18.NW EINLEITUNG Das Verwaltungsgericht Neustadt a.d.W. hatte über die Rechtmäßigkeit einer bauordnungsrechtlichen Nutzungsuntersagung und Beseitigungsverfügung zu entscheiden, die einen im Vorgarten errichteten Stellplatz zum Gegenstand hatten. Im Rahmen der Prüfung der materiellen Illegalität hat sich das Gericht mit der Frage nach der Rechtmäßigkeit einer örtlichen Gestaltungssatzung, insbesondere der Abgrenzung der Kompetenzen von Bundes- und Landesgesetzgeber, sowie nach der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit am Maßstab des § 34 BauGB auseinandergesetzt. Bei der Prüfung der ordnungsgemäßen Ermessensausübungen war auf Einwände einzugehen, die typischerweise von den Betroffenen gegen bauaufsichtliche Verfügungen erhoben werden. TATBESTAND „Die Kläger wenden sich gegen eine bauordnungsrechtliche Verfügung der Beklagten. Die Kläger sind Mieter des im unbeplanten Innenbereich von Landau in der Pfalz gelegenen Hausanwesens A-Straße 4, Flurstück-Nr. .... [...] Westlich der Straße stehen u.a. 12 Reihenhäuser (Hausnummern A-Straße 4 bis 26), die zur Straße hin alle über einen Vorgarten verfügen. [...] An das Grundstück grenzt im Norden ein Fußweg und das ebenfalls mit einem Wohnhaus bebaute Grundstück Flurstück-Nr. ... an, auf dem sich zur A-Straße hin ein im Jahre 1998 genehmigter überdachter Carport befindet. [...] Zur Verdeutlichung dient der folgende Lageplan [...]. Sämtliche Grundstücke in der A-Straße liegen im Geltungsbereich der „Satzung über die äußere Gestaltung baulicher Anlagen zum Schutze der Landauer Stadterweiterung der Gründerzeit (Innenstadt) (Innenstadtsatzung) vom 21. November 2013. Diese trifft u.a. in § 9 Absatz 1 und 2 folgende Regelungen: Absatz 1: Zum Straßenraum orientierte Vorgartenflächen sind als solche zu erhalten und entsprechend zu begrünen. Absatz 2: Unmittelbar zum Straßenraum orientierte Frei- bzw. Gartenflächen sind von Gebäuden (z.B. Gartenhäuschen) und Parkplätzen freizuhalten, sofern diese nicht historisch belegbar sind. Jura Intensiv Im Jahre 2016 errichteten die Kläger einen Parkplatz im Bereich des Vorgartens zur A-Straße hin. Aufgrund des Hinweises eines städtischen Mitarbeiters der Abteilung Mobilität und Verkehrsinfrastruktur pflasterten die Kläger den angelegten Parkplatz und bauten eine Regenrinne ein. Nachdem die städtische Bauaufsicht der Beklagten im Jahre 2017 Kenntnis von dem gepflasterten Stellplatz der Kläger erhalten hatte, untersagte sie den Klägern nach zuvor erfolgter Anhörung mit Bescheid vom 24. Mai 2018, die unmittelbar zum Straßenraum orientierte Frei- bzw. Gartenfläche zu Parkzwecken zu nutzen sowie Dritten die Nutzung als Stellplätze zu LEITSÄTZE (DER REDAKTION) 1. Die Gestaltung des Ortsbildes ist je nach Regelungsgegenstand dem bundesrechtlichen Bauplanungsrecht oder dem landesrechtlichen Bauordnungsrecht zuzuordnen. 2. Mit dem Merkmal des § 34 I BauGB „Grundstücksfläche, die überbaut werden soll“ ist die konkrete Größe der baulichen Anlage und ihre räumliche Lage innerhalb der vorhandenen Bebauung gemeint; es geht um den Standort des Vorhabens im Sinne von § 23 BauNVO. 3. Stellplätze können auch außerhalb der überbaubaren Grundstücksfläche zugelassen werden. 4. Die materiellen Maßstäbe des § 23 V BauNVO sind auch bei der Entscheidung nach § 34 I BauGB von Bedeutung. Ein Einleitungssatz ist zwar in der Praxis üblich, jedoch nicht erforderlich, wenn im Rubrum unter „wegen“ der Streitgegenstand schlagwortartig wiedergegeben wird. Zustände und Beschreibungen, die die Gegenwart betreffen, werden im Indikativ Präsens dargestellt (in baurechtlichen Verfahren regelmäßig die Umgebungsbeschreibung). Übrige Geschichtserzählung, insbesondere Darstellung des Verwaltungsverfahrens: Indikativ Imperfekt Obwohl es sich bei dem Begriff „Anhörung“ um einen Rechtsbegriff handelt, der im Tatbestand grundsätzlich vermieden werden soll, findet sich diese Formulierung in der Praxis häufig. Andere Formulierungsmöglichkeit: „nach zuvor eingeräumter Möglichkeit zur Stellungnahme“. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG
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