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RA Digital - 12/2019

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658 Strafrecht

658 Strafrecht RA 12/2019 LÖSUNG A. Strafbarkeit gem. §§ 211, 25 II StGB Aufgrund fehlenden Tötungsvorsatzes hat A sich nicht wegen mittäterschaftlichen Mordes gem. §§ 211, 25 II StGB strafbar gemacht. B. Strafbarkeit gem. §§ 249 I, 251, 25 II StGB A könnte sich jedoch durch das Planen und das Fahren des Wagens wegen mittäterschaftlichen Raubes mit Todesfolge gem. §§ 249 I, 251, 25 II StGB strafbar gemacht haben. I. Tatbestand 1. Grunddelikt: §§ 249 I, 25 II StGB Gewalt gegen eine Person ist der unmittelbar oder mittelbar auf den Körper des Opfers bezogene, körperlich wirkende Zwang zur Überwindung geleisteten oder erwarteten Widerstands. BGH, Urteil vom 17.04.2019, 5 StR 685/18, NStZ 2019, 514; Beschluss vom 11.06.2017, 2 StR 220/17, NStZ 2018, 144 BGH, Beschluss vom 26.03.2019, 4 StR 381/18, NStZ-RR 2019, 203; Beschluss vom 27.11.2018, 5 StR 604/18, NStZ-RR 2019, 73 a) Qualifiziertes Nötigungsmittel Der Tatbestand des Raubes, § 249 I StGB, setzt zunächst die Anwendung eines qualifizierten Nötigungsmittels, also Gewalt gegen eine Person oder Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben, voraus. A selbst hat weder Personengewalt angewendet noch gedroht. Die Anwendung eines qualifizierten Nötigungsmittels durch V und W könnte A allerdings gem. § 25 II StGB zugerechnet werden. V und W haben G zwar nicht gedroht. Allerdings haben sie durch das Fesseln Gewalt gegen eine Person und somit ein qualifiziertes Nötigungsmittel angewendet. Die Anwendung des qualifizierten Nötigungsmittels durch V und W könnte A gem. § 25 II StGB zuzurechnen sein. Dann müsste A Mittäter von V und W sein. „[4] Bei Beteiligung mehrerer Personen, von denen nicht jede sämtliche Tatbestandsmerkmale verwirklicht, ist Mittäter im Sinne von § 25 Abs. 2 StGB, wer einen eigenen Tatbeitrag leistet und diesen so in die Tat einfügt, dass er als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Handeln als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheint. Mittäterschaft erfordert dabei nicht zwingend eine Mitwirkung am Kerngeschehen selbst und auch keine Anwesenheit am Tatort; ausreichen kann vielmehr auch ein die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag, der sich auf eine Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung beschränkt. Stets muss sich die objektiv aus einem wesentlichen Tatbeitrag bestehende Mitwirkung aber nach der Willensrichtung des sich Beteiligenden als Teil der Tätigkeit aller darstellen. Jura Intensiv [5] Die Frage, ob sich bei mehreren Tatbeteiligten das Handeln eines von ihnen als Mittäterschaft im Sinne von § 25 Abs. 2 StGB darstellt, ist vom Tatgericht aufgrund einer wertenden Gesamtbetrachtung aller festgestellten Umstände des Einzelfalls zu prüfen. Dabei sind die maßgeblichen Kriterien der Grad des eigenen Interesses an der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betroffenen abhängen müssen. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 12/2019 Strafrecht 659 [6] Entgegen einer in jüngerer Zeit in der Literatur geäußerten Auffassung ergibt sich aus der Rechtsprechung des Senats, in der ausgeführt worden ist, unter dem Blickwinkel der Tatherrschaft sei Voraussetzung der (Mit-) Täterschaft, dass der Täter durch seinen Beitrag Einfluss auf die Tatausführung nehmen könne, nichts anderes: Nach den genannten Maßgaben handelt es sich bei der insoweit angesprochenen Tatherrschaft lediglich um eines der Kriterien, welche bei der wertenden Gesamtbetrachtung in den Blick zu nehmen sind. Deshalb scheidet indes nicht immer dann, wenn dieses schwach oder gar nicht ausgeprägt ist, Mittäterschaft aus; vielmehr können Defizite in diesem Bereich - wie es im Wesen einer Gesamtbetrachtung liegt - ausgeglichen werden, wenn andere der in die Prüfung einzustellenden Kriterien stärker ausgeprägt sind. Mit der zitierten Rechtsprechung sollten demnach lediglich die Voraussetzungen der Mittäterschaft für den Fall formuliert werden, dass dem Kriterium der Tatherrschaft im Rahmen der Gesamtwürdigung maßgebliche Bedeutung zukommen sollte. [7] Nach alledem erweist sich die Annahme von Mittäterschaft vorliegend als rechtsfehlerfrei. Der Angeklagte war an der Tatplanung und der Anwerbung und Unterrichtung der Mittäter, die die tatbestandlichen Handlungen ausführen sollten, beteiligt. Die Tatbeute sollte nach Auszahlung der gesondert Verfolgten zwischen ihm und seiner […] Lebensgefährtin hälftig geteilt werden. Schließlich hat der Angeklagte die gesondert Verfolgten zum Tatort gefahren und sich dort absprachegemäß zum Abtransport […] bereitgehalten. Dass er selbst die Wohnung des Getöteten nicht betrat und sich nicht eigenhändig an den vom Tatplan gedeckten Gewalttätigkeiten beteiligte, steht der Annahme einer mittäterschaftlichen Beteiligung nicht entgegen. Vielmehr leistete er nicht nur gewichtige Tatbeiträge, sondern nahm auf das Tatgeschehen selbst - wenn auch im Schwerpunkt im Vorfeld und bei der Planung der Tat - Einfluss.“ A ist also Mittäter von V und W, sodass ihm deren Gewaltanwendung gem. § 25 II StGB zuzurechnen ist. Jura Intensiv b) Fremde bewegliche Sache Bei den erbeuteten Gegenständen, die im Eigentum des G standen, handelte es sich für A um fremde bewegliche Sachen. c) Wegnahme Es müsste auch eine Wegnahme vorliegen. Solange die Antiquitäten in der Wohnung des G waren, hatte dieser Gewahrsam daran. Es bestand also für V und W ursprünglich fremder Gewahrsam. Durch das Mitnehmen der Sachen haben diese neuen Gewahrsam daran begründet. Das Vorliegen des für eine Wegnahme erforderlichen Gewahrsamsbruchs richtet sich nach der Spezialitätstheorie nach dem äußeren Erscheinungsbild; nach der Exklusivitätstheorie ist insofern die innere Willensrichtung des Opfers maßgebend. Das Geschehen sah aus wie ein Nehmen von V und W und da G seine Mitwirkung beim Gewahrsamswechsel nicht für erforderlich hielt, ist auch nach der inneren Willensrichtung des G ein Gewahrsamsbruch gegeben. V und W haben die Antiquitäten somit weggenommen. Auch diese Handlung ist A gem. § 25 II StGB zuzurechnen. Schlösser, NStZ 2018, 651 BGH, Beschluss vom 19.04.2018, 3 StR 638/17, NStZ-RR 2018, 271; Beschluss vom 28.11.2017, 3 StR 266/17, NStZ 2018, 650 BGH, Urteil vom 20.12.2018, 3 StR 236/17, NJW 2019, 1818 Sache ist jeder körperliche Gegenstand. Beweglich ist eine Sache, die fortgeschafft werden kann. Fremd ist eine Sache, die zumindest auch im Eigentum einer anderen Person steht. Wegnahme ist der Bruch fremden und die Begründung neuen, nicht unbedingt tätereigenen, Gewahrsams. Spezialitätstheorie: BGH, Beschluss vom 24.04.2018, 5 StR 606/17, RA 2018, 557 Exklusivitätstheorie: Schönke/ Schröder, StGB, § 253 Rn 3, 8 Vgl. zu diesem Streit Schumacher/ Schweinberger, JURA INTENSIV, Strafrecht BT I, Rn 424 ff. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

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