618 Zivilrecht RA 12/2019 § 5 Ziffer 1 des Kaufvertrages vom 06.10.2015 enthält für die Verkäufer offensichtlich keine günstige Regelung für den Fall, dass der Kaufpreis verspätet gezahlt wird. Der Wunsch der Klägerinnen, in dieser sowohl eindeutigen als auch leicht auszulegenden Vereinbarung einen tauglichen Erstattungsanspruch für die Zeit vor der vollständigen Kaufpreiszahlung erkennen zu wollen, muss jeden Leser in den Zustand ungläubigen Staunens versetzen. Noch verwunderlicher erscheint allein die unbekümmerte Hartnäckigkeit, diesen aussichtslosen Kampf in einer teuren Berufung weiterzuführen. Das Gericht nutzt die Gelegenheit, in einem obiter dictum zu klären, dass Haftpflichtversicherungen nicht unter den Begriff der „Lasten“ im Sinne der §§ 103, 446 S. 1 BGB fallen. Dies macht das Urteil wertvoll. Die Gebäudeversicherung dient der Versicherung der Substanz, des Zubehörs und der Bestandteile. Sie steht damit in Zusammenhang mit der Nutzung der Liegenschaft. Also fällt sie unter den Begriff der Last. Das trifft auf die Haftpflichtversicherung gerade nicht zu. Bei ihr fehlt die Beziehung zu einem Bestandteil des Aktivvermögens. Versicherungszweck der Grundbesitzerhaftpflichtversicherung [6] Er käme allenfalls für die Zeit nach Bezahlung des vollständigen Kaufpreises, also ab dem 18.11.2016 in Betracht, während streitgegenständlich der Zeitraum vom 01.05.2016 (vorgesehener Tag der Kaufpreiszahlung und des Gefahrüberganges) bis zum 17.11.2016 (tatsächlicher Tag) ist. Denn nach dem nicht bestrittenen Vortrag der Beklagten in erster Instanz erfolgte die letzte Teilzahlung unstreitig am 17.11.2016. Soweit die Klägerinnen in ihrer Berufungsbegründung behaupten, der Kaufpreis sei erst am 26.01.2017 eingegangen, ist das prozessual gemäß § 531 Absatz II ZPO unbeachtlich (…). [7] § 5 Nummer 1 KV erfasst Haftpflichtversicherungen ohnehin nicht. Haftpflichtversicherungen sind keine „Lasten“. Die genannte vertragliche Bestimmung lehnt sich an § 446 S. 1 BGB an. Mit Lasten werden in Grundstückskaufverträgen üblicherweise, anderes ist hier nicht dargelegt, solche im Sinne von § 103 BGB gemeint. „Regelmäßig wiederkehrende Lasten“ sind solche, die von vornherein und ihrer Natur nach nicht einmal, sondern in regelmäßiger zeitlicher Wiederkehr zu erbringen sind. Sachversicherungen wie Gebäudeversicherungen fallen nach h.M. darunter, weil sie zur Substanz des Grundstücks, seiner Bestandteile oder seines Zubehörs zugeordnet werden können. Dient eine Verbindlichkeit nämlich dieser Substanz und damit auch der Nutzung der Sache - also dem Korrelat zur Lastentragung -, so geht sie mit den Gebrauchsvorteilen auf den Käufer gemäß § 446 Absatz 1 Satz 2 BGB dann über, wenn er den Sachbesitz erhält. Das trifft für Haftpflichtversicherungen dagegen nicht zu. Dabei ist nicht entscheidend, dass eine solche Hausund Grundbesitzerhaftpflichtversicherung entgegen der Ansicht des Amtsgerichts und der Beklagten im Falle der Veräußerung nicht erlischt, sondern auf den Erwerber übergeht. Denn der Vertragsübergang nach § 95 VVG erfasst alle grundstücksbezogenen Versicherungen und damit auch grundstücksbezogene Pflicht- und sonstige Haftpflichtversicherungen, z. B. Grundbesitzerhaftpflichtversicherungen. Maßgeblich ist, dass eine Haftpflichtversicherung nicht der Substanz dient. Bei einer Haftpflichtversicherung fehlt es an einer besonderen Beziehung zu einem Bestandteil des Aktivvermögens. Versichert ist das Interesse des Versicherungsnehmers, nicht mit Haftpflichtverbindlichkeiten und den Aufwendungen, die zur Anspruchsabwehr geboten sind, belastet zu werden. Soweit § 5 Nummer 1 KV bestimmt, dass der Erwerber bestimmte Versicherungsbeiträge zu erstatten hat, gibt es keinen hinreichenden Anhaltspunkt, dass hier andere Versicherungen als in S. 2 gemeint sein sollten. [8] Aus der Vereinbarung vom 02.06.2016 ergibt sich für die Klägerinnen nichts Günstigeres. Dass mit „laufenden Kosten, die dem Eigentümer des Grundstücks entstehen“, etwas anderes gemeint sein sollte, als in § 5 Nummer 1 KV geregelt, ist nicht ersichtlich. Jura Intensiv B. Anspruch auf Erstattung der aufgewendeten Versicherungskosten aus §§ 280 I, II, 286, 288 IV BGB als Verzögerungsschaden Fraglich ist, ob K gegen B einen Anspruch auf Erstattung der für die Versicherungsprämien aufgewendeten Kosten aus §§ 280 I, II, 286, 288 IV BGB hat. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG
RA 12/2019 Zivilrecht 619 I. Schuldverhältnis und Verzug gem. § 286 BGB Der Kaufvertrag vom 06.10.2015 ist das erforderliche Schuldverhältnis. B schuldete den fälligen und durchsetzbaren Anspruch auf Kaufpreiszahlung. Dieser war vertraglich terminiert worden, sodass eine Mahnung im Falle der nicht pünktlichen Leistung gem. § 286 II Nr. 1 BGB unterbleiben konnte. Gem. § 286 IV BGB oblag es B, die verspätete Leistung zu entschuldigen. Dies unterblieb. Folglich geriet B in Schuldnerverzug mit der Zahlung des Kaufpreises. II. Kausaler, ersatzfähiger Verzögerungsschaden Unter einem Verzögerungsschaden versteht man unfreiwillige Vermögenseinbußen im Sinne der §§ 249 ff. BGB, die adäquat-kausal auf dem Schuldnerverzug beruhen und auch bei späterer Erfüllung bestehen bleiben. Problematisch ist, dass Aufwendungen freiwillige Vermögensopfer, Schäden aber unfreiwillige Vermögenseinbußen sind und die Versicherungsprämien freiwillig aufgewendet wurden. Anerkannt ist die Gleichsetzung von Aufwendungen mit Schäden in Herausforderungslagen, z.B. bei Rechtsverfolgungskosten. Fraglich ist, ob dies für den Abschluss einer Versicherung gilt. Hier könnte § 288 IV BGB einschlägig sein, wenn es sich um einen ersatzfähigen Verzugsfolgeschaden handelt. [9] Auch ein Verzugsschadenersatzanspruch aus § 280 Absatz I und § 280 Absatz II, § 286 BGB § 286 Absatz 2 Nummer 1 BGB, 3 KV verhilft der Klage nicht wenigstens teilweise zum Erfolg. Denn nach dem eigenen Vortrag der Klägerin ist sie hinsichtlich der aufgelaufenen Verzugszinsen in Höhe von 26.385,24 € befriedigt worden. Zwar regeln § 288 Absatz IV BGB, 3 KV, dass weitergehende Verzugsschäden nicht ausgeschlossen sind. Doch ist nicht dargelegt, dass Verzugsschäden entstanden sind, die den in § 288 Absatz II BGB, 3 KV geregelten Mindestschaden überstiegen haben. Der tatsächliche Verzögerungsschaden kann neben den gesetzlichen Zinsen nur geltend gemacht werden, soweit der Schaden die Zinsen übersteigt. Der gesetzliche Verzugszins als Mindestschaden deckt bis zum Erreichen seiner Höhe alle Verzugsschäden ab, mögen sie auf für den Gläubiger anfallenden Kosten (etwa seinerseits zu zahlenden Kreditzinsen) beruhen oder auch auf entgangenem Gewinn (etwa aus einer sonst erfolgten Anlage des vorenthaltenen Geldes). Soweit dagegen die Kosten der Rechtsverfolgung in der Rechtsprechung regelmäßig neben den gesetzlichen Zinsen zugesprochen werden, handelt es sich um eine nicht verallgemeinerungsfähige und im Übrigen kritisch zu beurteilende Ausnahme, die im Zusammenhang mit der erst im Laufe der Zeit erfolgten Anerkennung von Aufwendungen als Schaden zu sehen ist. Jura Intensiv Folglich besteht kein ersatzfähiger Verzögerungsschaden über die gezahlten Verzugszinsen hinaus, auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines Verzugsfolgeschadens. Die Voraussetzungen des Schuldnerverzuges liegen hier unproblematisch vor, sodass es klug ist, sie nur kurz darzustellen. Entscheidend ist es hier, Antworten auf die in der Rechtsfolge aufgeworfenen Fragen zu finden. Problem: Die freiwillig aufgewendeten Versicherungsprämien sind Aufwendungen, kein Schaden. Gleichsetzung bei Herausforderungslagen Der Begriff Verzugsschaden ist in der Praxis noch gebräuchlich, obwohl er durch den aus § 280 II BGB abgeleiteten Begriff Verzögerungsschaden ersetzt wurde. Verhältnis zwischen Zinsen und Verzögerungsschaden Das LG Wuppertal sieht die Erstattung von Aufwendungen als Schaden unter der Voraussetzung einer Herausforderungslage kritisch und empfiehlt einen restriktiven Umgang. Verzugsfolgeschäden gem. § 288 IV BGB werden anerkannt, wenn ein Gläubiger gezwungen ist, einen teuren, kurzfristigen Kredit, z.B. einen Dispokredit in Anspruch zu nehmen. C. Ergebnis Die K haben gegen B keinen Anspruch auf Erstattung der aufgewendeten Versicherungsprämien. FAZIT Die Grundbesitzerhaftpflichtversicherung hat keinen Bezug zur Nutzung der Sachsubstanz und ist keine Last i.S.d. §§ 446 S. 1, 103 BGB. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG
RA 12/2019 Referendarteil: Strafrec
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